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Jürgen Klose
Kennst du Friedrich Schiller?

Ein kreativer Querkopf mit allerlei Flausen scheint Schiller wohl gewesen zu sein, wenn man ihn mal ganz ohne Pathos betrachtet.

Palais Thurn und Taxis

Palais Thurn und Taxis

Sabine Gruber

„[...] ich stehe neben ihr im Taxischen Hof auf der Treppe, da Napoleon und die andern Fürsten auf und ablaufen [...] vor den Augen aller Frankfurter ihr Betragen ist so toll zärtlich und Aufsehen erregend daß alles auf uns sieht, ich stehe wie am Pranger, mit unaussprechlicher Angst und trauriger Empfindung, war mir es nur eine dunkle Empfindung, das die Arme die mich öffentlich umschlangen mir wirklich ein Halseisen werden könnten.“ Clemens Brentano schilderte diese peinliche Szene mit der jungen Frankfurterin Auguste Bußmann, die bald darauf dennoch seine zweite Frau werden sollte, in einem Brief an seinen Freund Achim von Arnim.

Porträt des Anselm Franz von Thurn und Taxis (1681-1739)
Porträt des Anselm Franz von Thurn und Taxis (1681-1739)

Tatsächlich hätte die junge Frau für ihren spektakulären Auftritt im Sommer 1807 kaum ein repräsentativeres Frankfurter Gebäude als Kulisse wählen können. Das alte Palais Thurn und Taxis, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, war ein Werk des berühmten französischen Architekten Robert de Cotte (1656-1735), der zeitweise als Erster Architekt am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV arbeitete. Ausgeführt wurde das Gebäude von dessen Schüler Guillaume d’Hauberat. Bauherr war Anselm Franz von Thurn und Taxis (1681-1739), kaiserlicher General-Erb-Postmeister, der 1724 auf Wunsch Kaiser Karls VI. seinen Sitz von Brüssel nach Frankfurt verlegt hatte und 1737 in das noch nicht fertiggestellte Palais einzog, es jedoch 1739 – kurz vor seinem Tod – wieder verließ und nach Brüssel zurückkehrte. Bereits vor seiner Fertigstellung war das Palais deshalb Schauplatz zahlreicher Gesellschaften und Feste. Das Äußere des großzügig angelegten Palais, das dem Typus der Pariser Palais’ des frühen 18. Jahrhunderts entsprach, war eher schlicht gehalten, während sich im Inneren dessen ganze Pracht entfaltete.

Deckengemälde in der Rotunde des Palais Thurn und Taxis. Luca Antonio Colomba, 1734/1735. Zerstört 1944
Deckengemälde in der Rotunde des Palais Thurn und Taxis. Luca Antonio Colomba, 1734/1735. Zerstört 1944

Bei der Gestaltung des Innenbereichs hatte man keinen Aufwand gescheut: die Türen waren mit zahlreichen Schnitzereien verziert, die Decken mit Fresken französischer und italienischer Meister geschmückt und die Räume mit zahlreichen Skulpturen ausgestattet. Ein Teil der Möbel und der Innenausstattung des Palais hat sich trotz der Zerstörung bis heute in Schloss Emmeran in Regensburg erhalten, weil Fürst Albert I. von Thurn und Taxis das Palais nach dem Ende der Thurn und Taxisschen Post 1895 an die Reichspost verkauft und die Innenausstattung nach Regensburg bringen lassen hatte. Die Nutzer und Bewohner des Gebäudes wechselten im Laufe der folgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte. Seit 1748 hatte die Hauptverwaltung der Thurn und Taxisschen Kaiserlichen Reichspost ihren Sitz im Palais. Von 1805 bis 1813 residierte dort wieder ein Fürst: der mächtige Großherzog von Frankfurt und Fürstprimas des Rheinbundes Karl Theodor von Dalberg, der stark von der Aufklärung beeinflusst war und für eine städtebauliche Umgestaltung und Modernisierung Frankfurts gesorgt hatte. Im Jahr 1813, nach der Schlacht von Leipzig, wohnte für kurze Zeit sogar Kaiser Franz von Österreich im Palais Thurn und Taxis.

Palais Thurn und Taxis, Portalbauten an der Großen Eschenheimer Gasse
Palais Thurn und Taxis, Portalbauten an der Großen Eschenheimer Gasse

Nach dem Ende der Herrschaft Dalbergs und der Wiederherstellung der Freien Stadt Frankfurt tagte hier von 1816 bis 1866 der Bundestag des Deutschen Bundes, weshalb das Palais seitdem auch als „Bundespalais“ bezeichnet wurde. Von 1851 bis 1859 arbeitete Otto von Bismarck als preußischer Gesandter beim Deutschen Bund im „Bundespalais“. Eine Unterbrechung gab es als die Bundesversammlung nach der Märzrevolution von 1848 ihre Arbeit vorübergehend einstellte und stattdessen für kurze Zeit die provisorische Reichsregierung in das Palais Thurn und Taxis einzog. 1895 wurde das Palais für die damals sehr hohe Summe von 1,5 Millionen Mark an die Reichspost verkauft. Dadurch wurden umfangreiche Veränderungen im bereits weitgehend entleerten Inneren des Palais notwendig, was zu heftigen Protesten Frankfurter Bürger führte, die sich gegen eine „Verschandelung“ des Baudenkmals wandten – eine frühe Bürgerinitiative. Die Stadt versuchte deshalb den gesamten Gebäudekomplex zu übernehmen, was ihr 1905 auch gelang. Schon kurze Zeit später, 1908, konnte die Stadt Frankfurt hier das Völkerkundemuseum einrichten, in dem die Sammlungen von Bernhard Hagen und Leo Frobenius ausgestellt wurden. 1943 wurde – wohl in der Befürchtung der bevorstehenden Zerstörung – eine Dokumentation der erhaltenen Innenausstattung des Palais, vor allem der Deckengemälde, angefertigt. In den Jahren 1943 und 1944 wurde das Palais tatsächlich sehr stark beschädigt. Es blieb aber ein Teil der Substanz erhalten. Die Idee eines Wiederaufbaus wurde nach dem Krieg jedoch verworfen und die Reste des Baues wurden 1951 abgerissen. Nur die Portalbauten wurden in reduzierter Form wieder aufgebaut. Erst von 2007 bis 2009 wurde die Idee eines Wiederaufbaus des Palais verwirklicht. Dabei wurden die originalen Baupläne verwendet, jedoch die Raumaufteilung modernen Anforderungen angepasst. Seit 2009 glänzt das prächtige Barockgebäude wieder an seinem alten Standort und zieht durch seine Schönheit die Blicke von Einheimischen und Touristen auf sich.

Textquellen:

http://www.palais-frankfurt.com/location/historie/ aufgerufen am 28.04.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Palais_Thurn_und_Taxis aufgerufen am 28.04.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_de_Cotte aufgerufen am 28.04.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Anselm_Franz_von_Thurn_und_Taxis aufgerufen am 28.04.2016


Frankfurt am Main und seine Bauten. Hg. v. Frankfurter Architekten- und Ingenieursverein. Bremen: DOGMA in Europäischer Hochschulverlag GmbH & Co KG 2012.

Korrespondenzblatt der Westdeutschen Zeitschrift für Geschichte und Kunst. Jg. XVII. Nr. 12. 1898.

Clemens Brentano. Sämtliche Werke und Briefe. Bd. 31. Briefe III (1803-1807). Hg. v. Lieselotte Kinskofer. Stuttgart u. a. Kohlhammer 1991.

Bildquellen:

Palais Thurn und Taxis, Gartenfront. Photographie von C.F. Mylius, ca. 1880, gemeinfrei

Deckengemälde in der Rotunde des Palais Thurn und Taxis. Luca Antonio Colomba, 1734/1735. Zerstört 1944, gemeinfrei

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