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Horst Nalewski

Goethe hat ihn bewundert

Goethes Begegnungen mit Felix Mendelssohn Bartholdy

Der Musikkenner und international geachtete Literaturwissenschaftler Horst Nalewski erzählt anhand fünf ausgewählter Beispiele von dem außergewöhnlichen Aufeinandertreffen und Zusammenwirken zweier Künstler. Hörbeispiele sind über QR-Codes abrufbar.

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Ralph Zade

Die Anfänge

Zur für den 18.10.1914 geplanten Gründungszeremonie der Frankfurter Universität kam Wilhelm II. nicht. Das hatte den Grund, dass der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, der den deutschen Kaiser und preußischen König anderweitig in Anspruch nahm. In gewisser Weise war es aber auch symptomatisch, denn die Universität, die zunächst den Namen „Königliche Universität zu Frankfurt am Main“ trug, war eine Stiftungsuniversität, die ihre Existenz gerade nicht dem preußischen Staat, sondern wie so vieles, was Frankfurt lebenswert macht, der Spendenbereitschaft Frankfurter Bürger verdankte. Die SPD-Fraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, die sich gegen „eine weitere preußische Doktorenfabrik“ wandte, hatte also insofern unrecht, als es hier nicht um eine preußische Gründung ging. Ihre anfängliche Abneigung mag letztlich auch eher damit zu tun gehabt haben, dass die Stifter einer wohlhabenden Gesellschaftsschicht angehörten, die den – damals noch wirklich links orientierten – Sozialdemokraten fern stand. Allerdings entwickelte sich die Universität dann in eine Richtung, die durchaus als links zu kennzeichnen ist, und der SPD insofern recht sein konnte. Widerstand gab es auch von anderer Seite, u. a. weil man meinte, die bestehenden Universitäten in Marburg und Gießen würden durch eine Neugründung beeinträchtigt. Auch dies erwies sich als falsch. Franz Adickes, Oberbürgermeister bis 1912, und der Industrielle Wilhelm Merton, die beiden prominentesten Persönlichkeiten, die sich für die Gründung einsetzten, behielten Recht. Heute ist die Frankfurter Universität die viertgrößte Deutschlands und die damals in Gefahr gesehenen Universitätsstandorte prosperieren nach wie vor. Dass es in Frankfurt einmal Zehntausende von Studierenden geben würde, hätte sich in der Gründungsphase, in der neu Immatrikulierte noch mit Handschlag begrüßt wurden – mehr als etwa 600 Studierende gab es nicht – niemand träumen lassen.

Jügelhaus im Jahre 1908
Jügelhaus im Jahre 1908

1920-30er: Eta­b­lie­rung und Umbenennung

Ihren räumlichen Ursprung nahm die Universität in Bockenheim und im Westend. Als Hauptgebäude fungierte das 1906 errichtete neobarocke Jügelhaus (benannt nach Carl Christian Jügel, der das ursprünglich für die Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften erbaute Haus gestiftet hatte). In dessen Umgebung entstand in den Folgejahrzehnten der Campus Bockenheim – der Name ist etwas irreführend, da sich dieser Campus zum größten Teil im Westend befindet. Zwar geriet die Universität nach dem verlorenen ersten Weltkrieg in wirtschaftliche Schwierigkeiten und verlor ihren Status als Stiftungsuniversität, wissenschaftlich gesehen waren die Jahre der Weimarer Republik aber eine Erfolgsgeschichte. Unter anderen lehrten hier die Physiker Max von Laue und Max Born, der Mediziner Paul Ehrlich, der Soziologe Karl Mannheim, der Theologe Paul Tillich und der Religionsphilosoph Martin Buber. Die Umbenennung der Universität in Johann Wolfgang Goethe-Universität 1932 – zum 100. Todestag des wohl bedeutendsten Frankfurters – war noch einmal ein Höhepunkt. Mit der Machtergreifung der Nazis 1933 begannen dann schwierige Zeiten. Diesen war die Universität in doppelter Hinsicht ein Dorn im Auge. Einerseits waren die Mäzene, die die Gründung ermöglicht hatten, zum nicht unerheblichen Teil Juden gewesen, andererseits stand die linksliberale Ausrichtung der hier betriebenen Sozialwissenschaften in scharfem Kontrast zu den Vorstellungen der Nazis. Ein nicht unerheblicher Teil des Lehrpersonals verlor, da jüdischer Herkunft, seine Stelle, weitere Dozenten wurden wegen politischer Missliebigkeit aus dem Dienst entfernt. Zu diesen ideellen Zerstörungen kamen materielle im durch die Nazis verschuldeten Bombenkrieg.

Nach 1945

Der Aufbau nach Kriegsende gelang. Zwar waren viele Gebäude, die im Schwerpunkt auf dem Campus Bockenheim entstanden, nicht unbedingt schön, aber die wissenschaftliche Qualität der hier geleisteten Arbeit konnte überzeugen. Das dokumentiert sich in einer Reihe von Nobelpreisen für Wissenschaftler, die an dieser Universität studiert haben. Die Jahre 1968/69 waren in Frankfurt besonders turbulent, da die Studentenbewegung hier eines ihrer Zentren hatte – u. a. wurde die Amtskette des Rektors gestohlen, die Störung von Vorlesungen war an der Tagesordnung; besonders das „Busen-Attentat“ auf Theodor W. Adorno 1969 ist vielen in Erinnerung.

In den Folgejahrzehnten nahm die Anzahl der Studierenden ständig zu. Der Campus Bockenheim reichte nicht mehr aus. Weiteres Wachstum wurde vor allem durch den Erwerb des ehemaligen I. G. Farben-Gebäudes ermöglicht, das das Zentrum des Campus Westend bildet, auf den seit Beginn des Jahrtausends sukzessive Einrichtungen verlagert wurden, so auch das Rektorat, und der den Campus Bockenheim als Hauptsitz abgelöst hat. Hier befinden sich heute die Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Naturwissenschaften dagegen sind auf dem Campus Riedberg im Westen von Frankfurt angesiedelt. Dazu kommt das Universitätsklinikum in Niederrad. Der Niedergang des Campus Bockenheim, dessen Abwicklung beschlossen wurde, wurde am 2.2.2014 sichtbar, als mit 950 kg Sprengstoff der sogenannte AfE-Turm (die Abkürzung steht für „Abteilung für Erziehungswissenschaft“) zum Einsturz gebracht wurde, der zeitweise das höchste Hochhaus Frankfurts war. Vom Campus Bockenheim bleibt dauerhaft nur die Universitätsbibliothek.

Ist etwas von der linksaufklärerischen Tradition, von den kritischen Sozialwissenschaften, vom gesellschaftsverändernden Anspruch, von der Frankfurter Schule geblieben? Teilweise ja – z. B. im Institut für Sozialforschung, bei seiner Gründung noch unabhängig, heute Teil der Universität. Dennoch gibt es auch Wirtschaftsnähe, einen Studienschwerpunkt International Management und eine Ausrichtung am Konzept der unternehmerischen Universität, was verschiedentlich kritisiert wird. Seit 2008 ist die Universität wieder eine Stiftung und insofern zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Insofern gibt es Anknüpfungspunkte zur Geschichte, aber auch Neues. Wie es nicht anders sein könnte, in einer Einrichtung, die von 600 auf heute 48.000 Studierende gewachsen ist.


***

Literatur (Webseiten zuletzt abgerufen am 27.1.2018):

Webauftritt der Universität: http://www.uni-frankfurt.de/de?locale=de

Seite der Universität zu ihrer Geschichte: https://www.uni-frankfurt.de/38072330/geschichte

Bildquellen:

I.G.-Farben-Haus, Uni-Campus West der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Von Eva K. - Eva K., GFDL 1.2, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=74...

Ludwig Neher, Jügelhaus, 1908, Ansicht des Mittelbaues an der Jordanstraße. gemeinfrei

Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main - http://www2.uni-frankfurt.de/34792965/Logo, Logo of Goethe University Frankfurt am Main by Adrian Frutiger, gemeinfrei via Wikimedia Commons


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