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Weihnachten bei Familie Luther

Christoph Werner

Luthers jüngster Sohn erzählt vom Christfest

Paul Luther, der jüngste Spross der Lutherfamilie, gewährt dem Leser Einblick in sein Leben und das seiner Familie.
Er berichtet von seiner Kindheit in Wittenberg und der Krankheit seines Vaters, von seiner Verwicklung, die ihm als Leibarzt widerfuhren, und von den Intrigen am Gothaer Hof. Reichlich illustriert öffnen sie dem Leser die Tür zur Weihnachtsstube der Familie Luther.

Frankfurter Quetschemännche

Frankfurter Quetschemännche

Sabine Gruber

Was heute auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt angeboten wird, ist sicher nicht mehr dasselbe, was man im 19. Jahrhundert oder in den vielen Jahrhunderten zuvor dort kaufen konnte. Im Laufe der Geschichte dieses sehr alten Marktes – er ist seit 1393 urkundlich belegt und damit einer der ältesten in Deutschland – passten sich die Marktbeschickerinnen und -beschicker den Wünschen ihres Publikums an: Wurden dort im 19. Jahrhundert vor allem Süßigkeiten und Spielsachen angeboten – es war lange üblich, Spielzeug wie Puppen und Schaukelpferde ausschließlich auf dem Weihnachtsmarkt zu kaufen – wird dort heute auch deftigere Nahrung und Kunsthandwerk angeboten. Und während im frühen 19. Jahrhundert nur Frankfurter Händler zum Weihnachtsmarkt zugelassen wurden, gibt es heute auch zahlreiche Angebote, die nicht aus der Messestadt stammen. Einige der Süßigkeiten und Geschenke, die heute auf dem Weihnachtsmarkt angeboten werden, haben jedoch eine lange Tradition und haben offensichtlich den wechselnden Geschmack der Kundinnen und Kunden überlebt. Dazu gehören Süßigkeiten wie Bethmännchen und Brenten, die Goethe sich einst von seiner Mutter nach Weimar schicken ließ, aber auch Quetschemännche, die eher ein Geschenk als eine Süßigkeit sind, auch wenn sie früher oft von damit beschenkten Kindern verspeist wurden.

Quetschemännche (aus Frankfurterisch für Zwetschge) sind kleine Figuren aus gedörrten oder gebackenen Pflaumen mit einer Walnuss als Kopf, die ursprünglich meist Schornsteinfeger oder Ritter darstellten, inzwischen aber in vielen – natürlich auch weiblichen – Varianten zu haben sind. Die kleinen Männer und Frauen gibt es auch als Musikanten, als Pilzsammler, als Schäfer, gelegentlich sogar als Brautpaar, und noch in vielen anderen Varianten. Bei dieser Vielfalt könnte man fast auf die Idee kommen, eine Sammlung von ihnen anzulegen. Ob eine solche bereits existiert, ist unbekannt. Ähnliche Figuren aus Zwetschgen und anderem Dörrobst sind auch aus anderen Regionen im Süden und Osten Deutschlands und aus Österreich bekannt. Auf dem Dresdner Striezelmarkt gibt es beispielsweise den „Pflaumentoffel“, eine Figur ausschließlich aus gebackenen oder getrockneten Pflaumen, der anders als die Quetschemännche noch in erster Linie eine Süßigkeit, aber auch ein Glücksbringer ist. Der Pflaumentoffel kommt ausschließlich als Schornsteinfeger daher und ist anders als die Quetschemännche bis auf eine Kopfbedeckung und eine Halskrause auch nicht bekleidet. Sein Kopf ist keine Nuss, sondern aus Pappmaché. Um seinen Körper und die Arme und Beine zu bilden, werden die Pflaumen auf kleine Holzspieße gespießt.

Pflaumentoffel wurden im Jahr 1801 erstmals urkundlich erwähnt. Die Tradition könnte aber noch älter sein, denn Karl Schöppe berichtet in „Das alte Naumburg“ 1895 von alten Weihnachtstraditionen und unter anderem auch, dass der Pflaumentoffel inzwischen schon „Ganz und gar verschwunden“ sei. Insbesondere in Kinder- und Jugendbüchern des 19. Jahrhunderts finden sich jedenfalls zahlreiche Pflaumenmänner als Weihnachtsgeschenk, oft aber auch als Figuren von Geschichten wie in „In der Mondnacht“ von Hans Wachenhusen (1823-1898), wo der Pflaumenmann unter dem Weihnachtsbaum plötzlich lebendig wird und sich mit der jungen Protagonistin unterhält: „Amanda richtete sich auf, setzte sich auf den Bettrand und guckte den Schornsteinfeger mit großen Augen an. – Weißt Du, was ich mir erdacht habe? fragte sie. – Wird wohl nichts Gescheidtes sein! antwortete er verdrießlich. – Doch, Du närrischer Schornsteinfeger! Ich will es Dir sagen: wir wollen alle zusammen Linchens Geburtstag feiern. – Hm, sagte der Pflaumenmann, das ließe sich hören! Aber wie wollen wir es anfangen? – Ich will’s Dir sagen: wir wecken alle unsere Bekannte, die da über uns im Tannenbaum hangen, und machen eine Wasserpartie.“

Den Frankfurter Quetschemännche sehr ähnlich sind die Zwetschgenmännla aus Franken, die vor allem auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt verkauft werden. Anders als der Pflaumentoffel und die Quetschemännche bestehen sie aber nicht nur aus Pflaumen, sondern nur ihre Arme sind aus Zwetschgen und ihre Körper aus Feigen. Die Quetschemännche bestehen dagegen ausschließlich aus Pflaumen. Mit den Zwetschgenmännla haben sie allerdings gemeinsam, dass das Dörrobst der besseren Stabilität halber auf Drähten aufgezogen ist, dass die Köpfe der Figürchen aus Walnüssen bestehen und dass sie häufig liebevoll bekleidet und mit Strickmützchen, Schals und allerlei Accessoires ausgestattet sind. Ein Alleinstellungsmerkmal der Frankfurter Quetschemännche scheint jedoch zu sein, dass sie nicht nur ein Spielzeug für Kinder waren, sondern auch eine Hilfe für schüchterne junge Männer, die sie als Liebeserklärung nutzten. Schenkten sie der von ihren Verehrten ein Quetschemännche und sie nahm es an, dann konnten sie ihrer Sympathie sicher sein und die Hochzeit ließ vielleicht nicht mehr lange auf sich warten. Vielleicht werden die niedlichen kleinen Figuren, die viel zu schade zum Essen sind (und sich auch sehr lange halten) auch in Frankfurt heute nicht mehr als Liebeserklärung verschenkt. Als Glücksbringer sind sie aber immer noch ein beliebtes Geschenk.

 

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Textquellen

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan, Kramer, Waldemar (Hrsg.), sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Glorious Book for Christmas: Das einzig wahre Weihnachtsbuch für die ganze Familie: Kipker, Kerstin (Hrsg.), München, 2013.

Hiss, Corinna: Kleine Glücksbringer aus Pflaumen in: Op-online. 7.11.2013  abgerufen von >https://www.op-online.de/region/babenhausen/quetschemaennchen-langstadt-sind-kleine-gluecksbringer-pflaumen-3205907.html< am 02.07.2023.

Schöppe, Karl: Das alte Naumburg: Kulturgeschichtliche Bilder aus den letzten 70 Jahren, Naumburg, 1895.

Wachenhusen, Hans: In der Mondnacht, Leipzig, 1854.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Pflaumentoffel< abgerufen am 02.07.2023.

>https://www.regionales.sachsen.de/spezialitaeten/details/dresdner-pflaumentoffel< abgerufen am 02.07.2023.

>https://www.frankfurt-tipp.de/specials/frankfurter-weihnachts-rezepte.html< abgerufen am 02.07.2023.

>https://www.frankfurt-tourismus.de/Entdecken-und-Erleben/Feste-Veranstaltungen/frankfurter-weihnachtsmarkt/Die-Geschichte-des-Frankfurter-Weihnachtsmarktes< abgerufen am 02.07.2023.

>https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Panorama-2/Frankfurter-Weihnachtsspezialitaeten-Teil-1-1995.html< abgerufen am 02.07.2023.

>https://www.christkindlesmarkt.de/die-welt-der-zwetschgenmannle-1.1686043< abgerufen am 02.07.2023.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Christkindlesmarkt 2018 Nürnberg, Urheber: DALIBRI via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

PfToffel, 2006, Urheber: acf - DC via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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