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Berndt Seite

Augentrost

In den vielen Werkstätten des Anthropozän zieht Berndt Seite an den Fäden des Moments und befragt mit ihnen den längst abhanden geratenen Sinn des Lebens.

Das Ökohaus

Das Ökohaus

Sabine Gruber

Dicht an den Gleisanlagen des Westbahnhofs trifft man an einem modernen Gebäude auf überraschend viel Grün: Bäume sprießen auf Dachterrassen und Balkons. Vor dem Restaurant im Erdgeschoss blühen mannshohe Sonnenblumen und an der Fassade rankt Wein. Bäume vor dem Haus spenden großzügigen Schatten. Am Eingang führt eine Brücke über einen kleinen Weiher. Rechts neben der Brücke kann man die vielfältige Vegetation des Weihers von einer kleinen Plattform aus betrachten, gemeinsam mit den Vögeln, die hier rasten. Bäume sprießen auch im Inneren des Gebäudes, und die Terrasse des persischen Restaurants Arche Nova, vor dem die Sonnenblumen blühen, ist überhaupt ganz in Grün eingebettet. Passend zum Grün am Haus findet sich auf der Speisekarte des Restaurants neben persischen Spezialitäten und Internationalem wie Flammkuchen auch eine größere Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten. Für Verkehrsteilnehmer/innen, die ökologisch unterwegs sind, stehen am Eingang zahlreiche Fahrradständer zur Verfügung.

Doch was ist das für ein ungewöhnliches Gebäude? Es handelt sich um das Ökohaus Arche. Man erreicht es auf der einen Seite vom Bockenheimer Von-Bernus-Park aus, auf der anderen Seite vom Westbahnhof aus. Es ist eine grüne Oase neben S-Bahn-Gleisen, deren großzügiges Grün in der hohen Eingangshalle mit dem Treppenhaus – auch hier sprießt der eine und andere Baum – man am besten von der S-Bahn aus auf den höher gelegenen Gleisen betrachten kann. Im Ökohaus Arche sind mehrere Arztpraxen ansässig, aber auch Vereine, Agenturen und Firmen haben hier ihren Sitz. Daneben gibt es Veranstaltungsräume. Auf der einen Seite des Ökohauses erweitert sich das Grün in den Von-Bernus-Park hinein. Hinter dem Ökohaus beginnt ein Wohnviertel.

Das Gebäude, das so einen grünen Kontrapunkt zum Frankfurter Westbahnhof setzt, wurde 1992 von den damals gemeinsam tätigen Tübinger Architekten Eble und Sambeth errichtet. Erste Planungen dafür gab es bereits in den 80er Jahren. Der kostenintensive Bau war möglich geworden, weil der damalige Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW), eine maoistische Splitterpartei, die heute vergessen ist, in den 70er Jahren zeitweise aber eine gewisse Anziehungskraft auf radikale Linke ausgeübt hatte, Mitte der 80er Jahre seinen Sitz an der Mainzer Landstraße der Commerzbank verkauft hatte – 1985 löste sich der KBW auf. Der Verkaufserlös ermöglichte den Bau des Ökohauses Arche in Bockenheim auf dem Gelände, das ursprünglich der Commerzbank gehörte.

In die Konzeption des Hauses wurden die Ideen und Interessen der ersten Mieter, darunter auch die Grünen und die Druckerei der TAZ, bereits mit einbezogen. Bei der Planung ging es unter anderem darum, einen möglichst energiesparenden Betrieb des Hauses zu ermöglichen. So sorgen Wintergärten auf der Westseite dafür, dass viel Sonnenlicht in das Haus fällt, die zur Erwärmung des Hauses beiträgt, was im Sommer allerdings zu recht hohen Temperaturen in den Räumlichkeiten führen kann. Darüber hinaus wurde bis vor einigen Jahren die Abwärme der Druckerei zur Wärmerückgewinnung genutzt. Die Baumaterialien wurden so ausgewählt, dass sie sich besonders gut zur Wärmespeicherung eigneten, wie etwa sehr massive Materialien für die Böden. Auch die 50 cm starken Mauern dienen der Wärmespeicherung. Darüber hinaus wurde bei allen Materialien auf Umweltverträglichkeit geachtet. So dienen Mooswände dazu, die Luftqualität zu regulieren. Unter den Pflanzen auf den Terrassen sind neben Zier- auch Nutzpflanzen wie Tomaten oder Melonen. Was für heutige Bauplanungen selbstverständlich geworden ist, dass die Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigt werden, war als das Haus gebaut wurde noch innovativ. Neben ökologischen wurden bei den Planungen und bei der Verwaltung des Hauses auch soziale Belange berücksichtigt.

Auch die Formensprache, die auch, aber nicht nur von der architektonischen Postmoderne inspiriert ist, war innovativ und unterscheidet sich auch angenehm von der heute vielfach üblichen Kastenbauweise. Das Ökohaus weist im Gegensatz zu dieser neben geraden Linien Schrägen und Rundungen auf und wird bedeckt von einem, teilweise begrünten, mit Aluminiumblech bedeckten Tonnendach. Es ist nicht nur von den S-Bahn-Gleisen aus – wenn man mit der S3, S4 oder S 5 in Richtung Rödelheim fährt und auf der in Fahrtrichtung rechten Seite aus dem Fenster schaut, kann man es nicht übersehen – ein echter „Hingucker“.

Adresse

Ökohaus

Kasseler Straße 1

60486 Frankfurt a. M.



*****


Textquellen

Henss, Rita: Baedeker Reiseführer Frankfurt am Main, Ostfildern, 2015.

Setzepfand, Wolf-Christian: Architekturführer Frankfurt am Main, 3.Aufl., Berlin, 2002.

> https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3865&_ffmpar[_id_inhalt]=2461092< abgerufen am 02.09.2018.

> https://www.moderne-regional.de/25-jahre-oekohaus-frankfurt/ < abgerufen am 02.09.2018.

> http://www.fr.de/frankfurt/oekohaus-in-frankfurt-25-jahre-oekohaus-a-1347798 abgerufen am 02.09.2018.


Bildquellen:

Vorschaubild: Frankfurt Bockenheim Ökohaus, Kasseler Straße, 2013, Urheber: 25asd via Wikimedia Commons CC0.

Ökohaus in Frankfurt-Bockenheim am Westbahnhof, Innenaufnahme, 2006, Urheber: -Peng via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Blick vom Balkon des Ökohauses in westlicher Richtung, 2017, Urheber: L.Willms via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.



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