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Heft 2

B-Z! Das ist nett! (Teil 1)

In diesem Arbeitsheft werden alle Konsonanten eingeführt, die sich beim Sprechen gut dehnen lassen. Dazu kommen noch einige Vokale (Zwie- und Umlaute).

Das Leinwandhaus

Das Leinwandhaus

Sabine Gruber

Im Gegensatz zu zahlreichen Häusern, die in den letzten Jahren im Rahmen des Projekts „Neue Altstadt“ wieder aufgebaut wurden, ist das am Weckmarkt an der Südseite des Doms, dort wo sich im Mittelalter das jüdische Viertel befand, gelegene Leinwandhaus im Kern sehr alt. Allerdings sind auch größere Teile dieses eindrucksvollen zinnengekrönten spätmittelalterlichen Hauses, das heute das „Caricatura Museum - Museum für Komische Kunst“ beherbergt, erst in den frühen 80er Jahren rekonstruiert worden.

Die Pläne für das Ende des vierzehnten Jahrhunderts errichtete Leinwandhaus stammten wohl von dem berühmten Madern Gerthener, der seit 1395 das Amt des Frankfurter Stadtbaumeisters innehatte und an vielen Frankfurter Gebäuden, vor allem auch am Dom, tätig war. Sein Name wird in den erhaltenen Unterlagen, die die Bautätigkeiten überliefern, jedoch nicht genannt. Namentlich erscheint darin lediglich der Zimmermann Jeckel Mengoz. Der aufwändige Bau des Hauses zog sich offensichtlich über mehrere Jahre hin. Mit den Bautätigkeiten wurde wohl um 1396 begonnen, aber erst 1398 wurde eine Treppe für das Gebäude errichtet, und erst im Jahre 1400 wurden die Fenster eingesetzt, wie in diesem Fall aus einem Rechnungsbuch hervorgeht. Eine erste Notiz über das neue Gebäude hielt im Jahr 1397 fest, dass Holz in das damals noch als „Waagenhaus“ bezeichnete Haus transportiert worden sei.

Die ursprüngliche Grundfläche des Leinwandhauses betrug 20,70 x 15,80 m. Weil das zweigeschossige Gebäude 1791 mit einem neuen Treppenaufgang versehen worden ist, ist die Lage der ursprünglichen, 1798 errichteten Treppe nicht mehr feststellbar. Die Außenmauern sind oben mit einem Kranz von Zinnen versehen, die an den Ecken des Gebäudes in sechseckigen Türmchen enden. Hinter den Zinnen befindet sich ein Wehrgang. Das Dach ist ein sehr steiles Walmdach, hinter dem sich drei Dachgeschosse verbergen.

Das Haus diente vor allem dem Handel mit Leinwand, war also eine Art mittelalterliches Kaufhaus für Stoff. Der Handel mit Leinwand war im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Frankfurt ein wichtiger Handelszweig. Die Händler mussten Leinwand, aber auch Garn und Flachs grundsätzlich in das Leinwandhaus bringen und festgelegte Summen dafür zahlen, dass die Dinge dort angeboten wurden. Daneben dienten andere Räume des Gebäudes im Laufe der Jahrhunderte auch allerlei anderen Zwecken – unter anderem als Speicher für Vorräte aller Art, als Gefängnis oder auch als Raum für Turniere. Ende des 17. Jahrhunderts diente das Haus für eine kurze Zeitspanne sogar als Kirche der deutsch-reformierten Gemeinde. Auch die Frankfurter Stadtschreiberei hatte eine Zeit lang ihren Sitz in dem repräsentativen Leinwandhaus. Mit der Nutzung des Gebäudes für den Leinwandhandel hängt die Tatsache zusammen, dass an der Fassade zwei eiserne „Normalellen“ als Maßeinheit angebracht waren, nach denen sich die Tuchhändler beim Berechnen der Preise richten konnten.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Leinwandhaus umfassend renoviert. Im späten 18. Jahrhundert wurden im Erdgeschoss zusätzlich Messläden für unterschiedliche Artikel eingerichtet. Im folgenden Jahrhundert, nachdem der Leinwandhandel stark rückläufig war, und das Gebäude in seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr benötigt wurde, wurde das gesamte Leinwandhaus in den Jahren 1890 und 1892 umgebaut, um künftig das Historische Museum der Stadt beherbergen zu können. Dabei wurde der mittelalterliche Bau nach dem Geschmack der Zeit historistisch überformt. Verantwortlich für den Umbau war der damalige Stadtbauinspektor Koch.

1943/44 wurde das Leinwandhaus bei Bombenangriffen so stark beschädigt, dass nur noch ein Teil der Außenmauern intakt blieb. Es wurde im Gegensatz zu vielen stark zerstörten Häusern in der Frankfurter Altstadt nicht abgerissen, sondern blieb als stattliche Ruine bis zum Ende der 70er Jahre stehen bis es von 1980 bis 1984 rekonstruiert wurde. Nachdem das Gebäude zunächst die Ausstellungshalle Portikus der Frankfurter Städelschule beherbergt hatte, hat seit 2006 wieder ein Museum im Leinwandhaus eine repräsentative Unterkunft gefunden. Dieses Mal kein vorwiegend ernstes Museum wie das Historische Museum, sondern eines, dessen Exponate mit einem Augenzwinkern betrachtet werden wollen und zum Lachen auffordern, nämlich das „Caricatura Museum - Museum für Komische Kunst“. Hier werden 7000 Zeichnungen von den Mitgliedern der Neuen Frankfurter Schule F. W. Bernstein, Robert Gernhardt, Chlodwig Poth und Hans Traxler gezeigt, die die Stadt Frankfurt im Jahr 2006 zu diesem Zweck gekauft hatte.

Adresse

Leinwandhaus
Weckmarkt 17
60311 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten des Caricatura Museums

Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr, Mittwoch 11-21 Uhr (Stand: Dezember 2018)


*****

Textquellen:

Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main. Herausgegeben von dem Architekten- und Ingenieur-Verein und dem Verein für Geschichte und Alterthumskunde. Bearbeitet von Carl Wolff und Rudolf Jung. 2. Band. Weltliche Bauten. Frankfurt a. M. 1808.

Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd. 2, Sonderausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, Hessen: Bearbeitet von Magnus Backes: Darmstadt, 1966.

Nagel, Gerhard: das mittelalterliche Kaufhaus und seine Stellung in der Stadt -- Eine baugeschichtliche Untersuchung an südwestdeutschen Beispielen: Berlin, 1971.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Leinwandhaus_(Frankfurt_am_Main) < abgerufen am 7.12.2018

> https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3864&_ffmpar[_id_inhalt]=61927 < abgerufen am 7.12.2018

> http://caricatura-museum.de/museum-titelseite.html < abgerufen am 7.12.2018

> http://denkxweb.denkmalpflege-hessen.de/518887/ < abgerufen am 7.12.2018


Bildquellen:

Vorschaubild: Leinwandhaus & Stadtarchiv, 1880, bereitgestellt von: Mylius via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

The Leinwandhaus mansion near the Main in Frankfurt am Main, Germany. Looking south, Urheber: Ingolfson via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Leinwandhaus auf einem Holzschnitt von 1552: Ausschnitt aus dem Belagerungsplan von K. Faber (1522), bereitgestellt von: Mylius via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Schnitt durch den südlichen Anbau, 1898: Scan einer Lithografie, bereitgestellt von: Mylius via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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