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Magisches Lesevergnügen bietet Ingrid Annels Jugendroman, der den Leser auf eine Zeitreise ins Mittelalter führt.

 

Die Berger Warte

Die Berger Warte

Sabine Gruber

Heute ist der auffällige weiße und wie aus einem Märchenbuch wirkende Turm auf dem Berger Rücken ein beliebtes Ziel von Wanderungen, nicht zuletzt wegen der herrlichen Natur in der Umgebung, die unter anderem seltene wilde Orchideen und Eidechsen zu bieten hat. Die Landschaft ist hier als Naturdenkmal besonders geschützt. Bereits im 19. Jahrhundert war die Berger Warte ein beliebtes Ausflugsziel der Frankfurter, was ihre Erwähnung in einem Werk über „Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Cassel“ von 1870 zeigt: „Am Türsturz die Jahreszahl 1557. Runder Thurm von Kalksteinen mit steinernem Helm. […] Von dieser Warte aus, welche auf dem besten Aussichtspunkt der Gegend steht, leitete 1759 der Herzog von Broglie die Schlacht bei Bergen gegen die preußischen Verbündeten unter dem Herzog von Braunschweig.“ Tatsächlich befindet sich die Berger Warte trotz ihrer gerade einmal 212,6 Meter Meereshöhe auf dem höchsten Punkt Frankfurts, und auch heute hat man von dort aus noch einen guten Ausblick.

Wie bereits die Erwähnung der Schlacht von Bergen in dem oben erwähnten denkmaltopographischen Werk zeigt, war der Ort um den Turm nicht immer gekennzeichnet von Naturidyll und Wanderfreude. Auch seine herausgehobene Position diente weniger der Freude an der Landschaft und der Idylle beim Blick ins Tal als der Sicherheit und strategischen Zielen. In die Frankfurter Landwehr einbezogen war die Berger Warte jedoch nicht. Bis ins vierte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts stand neben dem Turm sogar der Galgen des Hochgerichts der Grafschaft Bornheimer Berg – was vorbeikommende Wanderer, die sich an der Natur erfreuen wollten, wohl eher zu einem Umweg veranlasste. Nach dem Abbruch des Galgens wurde aus den Steinen der Galgenanlage die Treppe, die zum Eingang des Turms im Ersten Stock führt, errichtet. Neben dieser Treppe erinnert heute noch der Flurname „Am Galgen“ an diesen wenig idyllischen Ort, der sich einst neben der Berger Warte befand.

Erstmals erwähnt wurde der durch seine Lage herausgehobene Turm in der Gemarkung Seckbach im Jahr 1340. Damals wurde er noch als „Geierswarte“ bezeichnet, während er heute nach dem nahegelegenen Bergen(-Enkheim) im Südosten benannt ist. Ursprünglich diente er der Überwachung der „Hohen Straße“, die eine wichtige Fernverbindung Frankfurts darstellte. Er war zusätzlich durch einen Wall gesichert. Obwohl der ursprüngliche Turm bereits aus dem 14. Jahrhundert stammte, findet sich am „Türsturz die Jahreszahl 1557“. Der Grund hierfür ist, dass die Berger Warte im Jahr 1552 von plündernden Truppen des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg zerstört wurde, die zuvor den Ort Bergen gestürmt hatten. Die Warte wurde damals so stark beschädigt, dass sie neu gebaut werden musste. Die im Werk über die „Baudenkmäler im Regierungsbezirk Cassel“ erwähnte Schlacht bei Bergen fand während des Siebenjährigen Kriegs am 13. April 1759 statt. Durch den Erfolg des Herzogs von Broglie in der Schlacht wurden die Preußen daran gehindert in Frankfurt einzumarschieren.

Die Leopoldsäule in der Nähe der Berger Warte erinnert noch heute an ein weniger kriegerisches, mit der Kaiserkrönung Leopolds II. am 30. September 1790 in Frankfurt zusammenhängendes Ereignis, durch das der Turm zusätzlich an historischer Bedeutung gewann: Wegen der infolge der Französischen Revolution ausgebrochenen Unruhen hatte Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel auf der Berger Höhe zum Schutz der Kaiserwahl und -krönung ein Feldlager aufgeschlagen. Zwei Tage nach der Kaiserwahl gab es einen großen Empfang des Kaiserpaares und der Kurfürsten beim Landgrafen. Der stolze Wilhelm IX. ließ dieses Ereignis mit seinen illustren Gästen auf der Säule festhalten. Die Krönung Kaiser Leopolds erlebte neben vielen anderen auch der junge Fürst Clemens von Metternich mit und berichtete darüber: „Alles bis zu den geringsten Einzelheiten sprach zum Geiste und zum Herzen, ebenso durch die Macht der Überlieferung, wie durch die Vereinigung von so viel Herrlichkeit.“ Auch der feierliche Empfang an der Berger Warte wird diesem Eindruck entsprochen haben.


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Bildquellen:

Vorschaubild: Berger Warte am höchsten Punkt Frankfurts auf dem Berger Rücken, 2005, Urheber: Peng via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Berger Warte um 1820. Urheber: Friedrich Philipp Usener; bereitgestellt von: Virus11 via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Berger Warte, Frankfurt-Seckbach; Juni 2006, Urheber: Matthias Nonnenmacher via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Textquellen:

Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Cassel mit Benutzung amtlicher Aufzeichnungen beschrieben und in topographisch-alphabetischer Reihenfolge zusammengestellt von Heinrich von Dehn-Rotfelser und Dr. Wilhelm Lotz. Im Auftrage des Königlichen Ministeriums für geistliche, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten, herausgegeben durch den Verein für hessische Geschichte und Landeskunde, Kassel, 1870.

Köstering, Bernd; Thee, Ralf: Von Bänken und Banken in Frankfurt am Main: Eine ungewöhnliche Entdeckungstour, 2. Aufl., Meßkirch, 2015.

Lohne,Hans: Mit offenen Augen durch Frankfurt: Ein Handbuch der Brunnen, Denkmäler, Gedenkstätten und der Kunst am Bau, Frankfurt a. M.,1969.

Verborgene Kostbarkeiten in Frankfurter Stadtteilen und Vororten, Hrsg. vom Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt a. M., Frankfurt a. M., 1991.

>https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2834&_ffmpar[_id_inhalt]=31966< abgerufen am 02.05.2019.

>https://www.regionalpark-rheinmain.de/portfolio-item/berger-warte/< abgerufen am 02.05.2019.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Berger_Warte< abgerufen am 02.05.2019.

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