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Hans-Jürgen Malles
Kennst du Friedrich Hölderlin?

Seine Werke gehört neben denen Goethes und Schillers zu den bedeutendsten der deutschen Klassik, auch wenn sein Leben im Wahnsinn endete. Eine Hinführung zum Verständnis von Hölderlins Persönlichkeit und Werk bietet Deutschlehrer Malles hier. Der Leser erhält Einblicke in ein facettenreiches Leben voller Höhen und Tiefen und darf teilhaben an Hölderlins Begeisterung für die Französische Revolution und die griechische Antike. Auch die Liebe zu Susette Gontard soll nicht unerwähnt bleiben.

Franz Adickes

Franz Adickes

Ralph Zade

Franz Adickes hat in Frankfurt Spuren hinterlassen. Noch heute heißt ein Turm des während seiner Amtszeit errichteten Neuen Rathauses im Volksmund „Langer Franz“, und es gibt eine „Adickesallee“. Die Universität trägt zwar nicht seinen Namen, sondern den Goethes, ist ihm aber wesentlich mit zu verdanken. Und die Stadtentwicklung Frankfurts im deutschen Kaiserreich wäre ohne ihn anders und wesentlich weniger positiv verlaufen, was noch heute im Stadtbild zu sehen ist.

Franz Adickes, der Frankfurter Oberbürgermeister mit der längsten Amtszeit (sie dauerte von 1890 bis 1912), war kein gebürtiger Frankfurter, sondern kam als Karrierejurist nach Frankfurt. Der am 19. Februar 1846 in Harsefeld bei Stade (damals in der preußischen Provinz Hannover, heute in Niedersachsen gelegen) geborene Adickes verbrachte einen Teil seiner Jugend in Lesum (heute Bremen-Nord), wo sein Vater Wilhelm Adickes (1817-1896) Amtsrichter war. (Die Verbindung zu Bremen hat Adickes mit seiner Amtsnachfolgerin Petra Roth, einer gebürtigen Bremerin, gemeinsam.) Ab 1860 besuchte er in Hannover das Gymnasium. In der Studienwahl folgte er seinem Vater und studierte in Heidelberg, München und Göttingen Rechtswissenschaften, mit Erfolg, denn nach dem Examen (1867) telegrafierte er nach Hause: „Vermöge fabelhaften Schweins hab’ ich bekommen Nummer eins“. Da schon damals juristische Noten strenger ausfielen als die in anderen Fächern, war das eine gute Karrieregrundlage. Vor dieser Karriere stand allerdings noch die Absolvierung eines Referendariats – in Hannover und Neustadt – und die Teilnahme am deutsch-französischen Krieg. Zwar zeigte sich Adickes – dem Zug der Zeit folgend – als großer Patriot, hatte aber genug Respekt vor dem kulturellen Erbe des Kriegsgegners, um in Leerlaufphasen während des Feldzugs Rousseaus „Nouvelle Héloïse“ im Original zu lesen. Überhaupt war Adickes literarisch interessiert und in gewissem Rahmen auch talentiert – schon während seiner Gymnasialzeit hatte er Gedichte verfasst, teils Liebesgedichte, teils patriotischen Inhalts, die den Einfluss Heinrich Heines verrieten.

Nach dem 1873 abgelegten Referendarexamen stand Adickes‘ Karriere nichts mehr im Wege. Diese begann als zweiter Bürgermeister von Dortmund. Dort hatte er sich – eher zufällig – auf die Empfehlung eines Ausbilders hin beworben und so die Grundlage für eine Laufbahn in der Kommunalpolitik gelegt. Dieselbe Funktion nahm er ab 1876 in Altona wahr. Altona – heute ein Stadtteil von Hamburg – war damals preußisch. 1883 stieg Adickes dann zum Altonaer Oberbürgermeister auf und leistete in dieser Funktion Beachtliches, was sich über Norddeutschland hinaus herumsprach.

Als Frankfurt 1890 einen neuen Oberbürgermeister suchte, weil der Amtsinhaber Johannes Miquel preußischer Finanzminister wurde, bot sich deshalb eine Gelegenheit für Adickes. Damals wurde der Frankfurter Oberbürgermeister  anders als heute – nicht durch die Bürger der Stadt gewählt, sondern durch die Stadtverordnetenversammlung. Hier half ihm unter anderem eine Empfehlung seines bisherigen Vorgesetzten, des Oberpräsidenten der preußischen Provinz Schleswig-Holstein. Adickes war – heute für einen Frankfurter Oberbürgermeister undenkbar – parteilos und präsentierte sich als Verwaltungsfachmann. Er hatte Erfolg und wurde am 14. Oktober 1890 gewählt. Politisch unabhängig war Adickes dennoch nicht – er war nationalkonservativ gesinnt und ein Anhänger Bismarcks, den er auch persönlich kannte. So berichtet er in seinen 1915 posthum erschienenen „Persönlichen Erinnerungen zur Vorgeschichte der Universität Frankfurt a. M.“ darüber, dass er vor seinem Weggang nach Frankfurt bei einem Besuch auf dessen Gut Friedrichsruh mit diesem u. a. über die Friedensverhandlungen gesprochen habe, die 1866 zum Anschluss Frankfurts an Preußen führten.

Mit diesem Anschluss waren ein gewisser Bedeutungsverlust Frankfurts und eine Herabstufung zur Provinzstadt einhergegangen. Darin, dass es Adickes gelang, die Stadt wieder zu einer Metropole mit Gewicht zu machen, liegt eine der Ursachen seiner späteren Popularität. Seine Nähe zu Bismarck – der in Frankfurt nicht gerade beliebt war, wie man z. B. in den Werken des zeitgenössischen Dialektdichters Friedrich Stoltze nachlesen kann – scheint ihm dabei nicht allzu sehr geschadet zu haben.

Eine der größten Leistungen Adickes‘ ist es, die Gründung der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, der ersten deutschen Stiftungsuniversität, die 1914 kurz vor seinem Tod eröffnet wurde, maßgeblich mit vorangetrieben zu haben. Seine Mitstreiter hierbei waren Wilhelm Merton, der Gründer der Metallgesellschaft, und der Physiker Richard Wachsmuth, der Gründungsrektor wurde. Über die Gründung und seine Rolle dabei berichtet Adickes in den bereits zitierten „Erinnerungen“. Er hätte wohl selbst eine universitäre Karriere machen können (in den „Erinnerungen“ [S. 7] berichtet er, dass der Geheimrat Friedrich Althoff, der als heimlicher Kultusminister Preußens galt, ihm aufgrund der Lektüre einer von ihm verfassten juristischen Abhandlung über die Rechtsquellen angeboten habe, bei Interesse eine juristische Professur zu übernehmen), zog aber zeitlebens die praktische Arbeit in der Verwaltung vor. Adickes hatte eine für die damalige Zeit moderne Auffassung von Bildung, was sich u. a. daran zeigte, dass er die Stärkung des modernen Fremdsprachenunterrichts zulasten der alten Sprachen befürwortete.

Für die Stadtentwicklung in Frankfurt vielleicht noch wichtiger war die gegen viel Widerstand durchgesetzte „Lex Adickes“, ein preußisches Gesetz zur Umlegung von Grundstücken und zur Flurbereinigung in Frankfurt, das auf Betreiben von Adickes 1902 verabschiedet wurde, nachdem es in Bezug auf im ursprünglichen Entwurf enthaltene Enteignungsmöglichkeiten entschärft worden war. Hierdurch wurden die Voraussetzungen für eine planvolle Stadtentwicklung und -erweiterung deutlich verbessert; die Wohnungsnot konnte gemindert und Bodenspekulation verhindert werden. Es entstanden neue Wohngebiete im West-, Nord- und Ostend. Adickes ist überdies die Schaffung des Osthafens zu verdanken. Auch die Gründung des Skulpturenmuseums im Liebieghaus und des Völkerkundemuseums fielen in seine Amtszeit, in der sich Frankfurt nicht zuletzt durch die Eingemeindung von 15 Vororten stark vergrößerte.

Franz Adickes, der 1912 anlässlich seines Ausscheidens aus dem Amt Ehrenbürger Frankfurts wurde, starb dort am 4. Februar 1915.


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Textquellen:

Gall, Lothar: Franz Adickes: Oberbürgermeister und Universitätsgründer. Societäts-Verlag, Frankfurt am Main, 2013.

Adickes, Franz: Persönliche Erinnerungen zur Vorgeschichte der Universität Frankfurt a. M., Frankfurt, 1915.

Franz Adickes in der Neuen Deutschen Biographie: abgerufen von > https://www.deutsche-biographie.de/gnd118647008.html#ndbcontent < am 29.12.2018.

Franz Adickes im Frankfurter Personenlexikon: abgerufen von > http://frankfurter-personenlexikon.de/node/362 < am 29.12.2018.


Bildquellen:

Kategoriebild: Franz Adickes, 1910, Urheber: Max Liebermann aus: Pauli, Gustav: Max Liebermann: Des Meisters Gemälde, in 304 Abbildungen, Deutsche Verlagsanstalt, 1911, S. 237; Quelle: Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main; bereitgestellt von: EvaK via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Vorschaubild: Franz Adickes, 1846-1915, mayor of Frankfurt am Main, 1891, Urheber: unbekannt; Quelle: Historisches Museum Frankfurt; bereitgestellt von: User:Melkom via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Rathausturm „Langer Franz“, 1906, Urheber: unbekannt; Quelle: ZENO.org; bereitgestellt von: Horst-schlaemma via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Museum am Schaumainkai 71, im Mai 2005, Urheber: Popie~commonswik via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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