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Zu Gast in Weimar

George Eliot; deutsche Übersetzung: Nadine Erler

Zu den vielen Künstlern, die es nach Weimar zog, gehörte auch die englische Schriftstellerin George Eliot. Im Sommer 1854 verbrachte sie drei Monate im kleinen, doch weltberühmten Städtchen an der Ilm. George Eliots schriftlich festgehaltenen Eindrücke sind äußerst amüsant. Dieser Blick einer Fremden lässt Weimar in anderem Licht erschienen.

Broschüre, 40 Seiten, 2019


Philipp Reis

Philipp Reis

Sabine Gruber

Am 26. Oktober 1861 führte der Lehrer Philipp Reis im Frankfurter Physikalischen Verein am Eschenheimer Tor, in dem er selbst Mitglied war, im Rahmen eines Vortrags einen merkwürdigen Apparat vor. Er diente der Übertragung von Tönen mit Hilfe des galvanischen Stroms und Reis nannte ihn „Telephon“. Bei der Vorführung sollen über die Distanz keine tieferen Weisheiten übermittelt worden sein sondern – so heißt es – nur der einfache, ein wenig an einen Zungenbrecher erinnernde Satz „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“. Reis‘ Erfindung erregte Aufsehen, wurde aber nicht besonders ernst genommen und als nette physikalische Spielerei betrachtet. Wie nützlich Gespräche über Distanzen sein könnten, war den Zuhörern offenbar nicht klar. Heute ist vielleicht das alte Telefon, aber sicher nicht mehr die Weiterentwicklung, das Smartphone, aus dem täglichen Leben wegzudenken.

Während der Vortrag in der physikalischen Gesellschaft für das Fachpublikum gedacht war, hielt Reis ein Jahr nach der Vorstellung seiner Erfindung einen weiteren Vortrag bei einer Sitzung des Frankfurter „Freien Deutschen Hochstift“ einer Institution, die sich eigentlich dem Andenken Schillers und Goethes widmete (und widmet), in dem er seine Erfindung allgemeinverständlich erklärte. Die „Frankfurter Nachrichten“ berichteten über den Vortrag, der hinsichtlich des „Telephons“ allerdings unter dem berüchtigten „Vorführeffekt“ zu leiden hatte:

„In der jüngsten Sitzung des ‘freien deutschen Hochstifts‘ hielt Herr Lehrer Philipp Reis aus Friedrichsdorf einen Vortrag über die von ihm entdeckte Art und Weise, die Fortleitung der Töne durch den galvanischen Strom‘ zu bewirken. In klarer und Allen verständlicher Weise erklärte derselbe die Wirkung der Töne auf das menschliche Ohr, indem er, die Natur beobachtend, sich zunächst die Frage zu beantworten suchte: wie nimmt unser Ohr, die Gesammtschwingungen aller zugleich thätigen Sprachorgane wahr.“ In der weiteren Beobachtung des eigentlichen Wesens der Tonbildung und ihrer Wirkung auf unser Ohr, gründete er auch die Construction seiner Apparate für die Fortpflanzung der Töne. Ein, in ziemlich großer Dimension verfertigter Apparat, welcher die, für das Gehör nöthigen Vorrichtungen enthält, nimmt die Töne auf und führt sie mit Hülfe des galvanischen Stromes, bis zu einem bestimmten Endpunkt. – Dieser höchst sinnreich ausgedachte Apparat ist sehr einfach, und das Experiment gelingt, bei richtig angelegter Leitung immer, was indeß leider am jüngsten Sonntag wegen mangelhafter Leitung nicht der Fall war, indem die Töne nur sehr schwach hörbar waren.“

Johann Philipp Reis wurde 1834 in Gelnhausen als Sohn des Bäckers Sigismund Reis geboren und verlor schon früh beide Eltern. Sein Patenonkel Philipp Bremer wurde sein Vormund und sorgte dafür, dass er eine gute Ausbildung erhielt. Er besuchte erst die Schule in Gelnhausen und dann das „Institut Louis Fréderic Garnier“ in Friedrichsdorf, eine Schule aus der die heutige Philipp-Reis-Schule hervorgegangen ist. Im Anschluss wechselte Reis nach Frankfurt und besuchte dort das Hasselsche Institut. Seine Lehre absolvierte er in einer Frankfurter Farbenhandlung. Nebenbei bildete er sich in den Naturwissenschaften weiter – unter anderem beim „Physikalischen Verein“. Obwohl er kein Universitätsstudium absolviert hatte, erhielt Reis 1858 eine Stelle als Lehrer am „Institut Garnier“, das er selbst besucht hatte, nicht nur für die naturwissenschaftlichen Fächer, sondern auch für Sprachen. Er heiratete Margaretha Schmidt und ließ sich dauerhaft in Friedrichsdorf nieder. Sein Haus war auch sein Versuchslabor.

Das Telephon, das Reis in Frankfurt vorgeführt hatte, verbesserte er in den folgenden Jahren. Dennoch führte seine Erfindung kaum zu einer Verbesserung von Reis‘ wirtschaftlichen Verhältnissen und konnte sich in Deutschland nicht durchsetzen. Einige Jahre später entwickelte der Schotte Alexander Graham Bell auf der Grundlage der Reis‘schen Erfindung einen eigenen Apparat zur elektrischen Übertragung von Schwingungen und ließ ihn 1876 patentieren. Danach galt er als der eigentliche Erfinder des Telefons. Nicht lange bevor die Erfindung von Graham Bell patentiert wurde, starb Reis 1874 mit 40 Jahren an Tuberkulose. Sein Grab auf dem Friedrichsdorfer Friedhof ist bis heute erhalten.

Einige Originale des von Reis erfundenen Apparats sind ebenfalls bis heute erhalten, unter anderem im Deutschen Museum und im Frankfurter Museum für Kommunikation. In Philipp Reis‘ einstigem Wohnhaus, wo er experimentierte, erinnert heute eine Ausstellung zur Geschichte des Telefons an den hier erfundenen Apparat und an das Leben seines Erfinders. Andere Abteilungen des Museums sind dem Friedrichsdorfer Gewerbe, insbesondere den Färbereien gewidmet.

Nachdem der „Physikalische Verein“ Reis bereits 1884 mit einer Büste von Carl Rumpf geehrt hatte, die sich dort heute noch befindet, wurde der Erfinder 1919 mit einem an der Eschenheimer Anlage aufgestellten Denkmal des Bildhauers Friedrich Christoph Hausmann im damals aktuellen Jugendstil geehrt – nicht weit entfernt von dem Ort also, an dem Reis damals seine Erfindung vorgestellt hatte. Rechts und links neben einer Büste von Philipp Reis stehen zwei nackte junge Männer, die mit Hilfe des von Reis erfundenen Apparats ein Gespräch führen. Eine Inschrift erinnert an Reis‘ Leben und seine Erfindung. Dass die Männer ihr Telefonat nackt führen, zog einen Skandal nach sich. Unweit der Frankfurter Messehallen, wo heutige Innovationen vorgestellt werden, erinnert auch die zwischen der Straße „Am Dammgraben“ und der Braunfelsstraße verlaufende Philipp-Reis-Straße an den Erfinder.

Philipp-Reis-Haus und Hugenottenmuseum: Hugenottenstraße 93, 61381 Friedrichsdorf

Öffnungszeiten: Dienstag und Donnerstag (Feiertage ausgenommen) 9-16 Uhr, Eintritt frei, Führungen nach Vereinbarung



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Textquellen

Frankfurt-Lexikon: Von Waldemar Kramer: Sonderausgabe für das Stadtschulamt Frankfurt,Frankfurt a. M., 1960.

Frankfurter Nachrichten, Jahrgang 1862, Extrabeilage zum Intelligenzblatt der freien Stadt Frankfurt am Main: Holzwart von, J. G. (Hrsg.), Frankfurt a. M., 1862, S. 461.

Köstering, Bernd, Thee, Ralf: Von Bänken und Banken in Frankfurt am Main. Eine ungewöhnliche Entdeckungstour. Meßkirch, 2013.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Philipp_Reis< zuletzt geöffnet: 22.06.2018.

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