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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Die Bethanienkirche

Die Bethanienkirche

Sabine Gruber

Einen Bauboom gab es in Frankfurt nicht nur im Zusammenhang mit dem von Ernst May (1886–1970) geleiteten städtebaulichen Großprojekt "Neues Frankfurt" in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, sondern erneut nach dem Zweiten Weltkrieg. In den stark zerstörten Stadtvierteln entstanden neue Wohn- und Geschäftshäuser und auch an den Stadträndern von Frankfurt wurden neue Baugebiete erschlossen, um Wohnraum für zahlreiche neu Zugezogene zu schaffen. Eines dieser neuen Wohngebiete entstand auf dem Frankfurter Berg südlich von Bonames. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es dort lediglich eine 1937 errichtete Arbeitersiedlung. Seit 1948 wurden zusätzlich zahlreiche Reihenhäuser gebaut, die für die zahlreichen Neu-Frankfurter- und Frankfurterinnen gedacht waren, auf die man im Zusammenhang mit der erwarteten Ernennung Frankfurts zur Bundeshauptstadt hoffte. Nach dem Scheitern dieser Pläne fanden die Häuser dennoch schnell ihre Käufer und Käuferinnen. In den fünfziger Jahren kamen auf dem Frankfurter Berg noch größere Mietshäuser hinzu und seit den 60er Jahren auch Hochhäuser. Eigene Kirchen gab es in dem wachsenden Viertel bis zum Ende der 40er Jahre noch nicht.

Für die evangelischen Bewohner des Gebiets, die bis 1947 zur evangelischen Gemeinde in Bonames gehörten, wurde zeitgleich mit der Reihenhaus-Siedlung eine eigene Kirche geplant. (Die inzwischen abgerissene und durch einen Neubau ersetzte katholische Dreifaltigkeitskirche kam erst 1952 hinzu.) Da trotz zahlreicher notwendiger Bauvorhaben die hierzu nötigen Gelder in der Nachkriegszeit kaum vorhanden waren, hatte das Evangelische Hilfswerk ein durch Spenden finanziertes Notkirchen-Programm gestartet. Auch die Gemeinde am Frankfurter Berg konnte davon profitieren.

Otto Bartning (1883–1959), der Architekt der Kirche, der mütterlicherseits aus einer Theologenfamilie stammte, war vor allem als Kirchenbaumeister tätig, wirkte aber auch als Architekturtheoretiker und entwickelte gemeinsam mit Walter Gropius (1883–1969) die Bauhaus-Idee, ohne sich jedoch später an dem Projekt zu beteiligen. An seiner Schrift "Vom neuen Kirchenbau" orientierten sich nicht nur zeitgenössische Architekten, sondern auch noch spätere Generationen. In den zwanziger Jahren erregte Bartning zudem durch einige besonders avantgardistische Entwürfe für Kirchenbauten Aufsehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wendete er sich als Leiter der Bauabteilung des Evangelischen Hilfswerks, das seinen Hauptsitz in Zürich hatte, dann jedoch weniger prestigeträchtigen Bauvorhaben zu und entwarf unter anderem drei verschiedene Typen von Notkirchen, die besonders kostengünstig gebaut werden konnten, nicht zuletzt deshalb, weil beim Bau Fertigteile verwendet wurden. Die Baupläne der Bethanienkirche am Frankfurter Berg folgten dem so genannten "Typ A" einer Notkirche.

Die Kirche wurde auf der Basis einer Holzkonstruktion auf einem rechteckigen Grundriss in sehr kurzer Zeit errichtet. Nachdem am 29. August 1948 der Grundstein gelegt worden war, konnte die neue Kirche bereits wenige Monate später, am 18. April 1949, eingeweiht werden. Es handelte sich dabei um den ersten Kirchenneubau in Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Spitztonnendach der Kirche, das Bartning für den Typus A der Notkirche vorgesehen hatte, aber nur in diesem einen Gebäude verwirklichen konnte, fällt mit seinen abgerundeten Formen auf. Durch die Dachform wirkt das Kirchenschiff mit seiner halbrunden Holzdecke tatsächlich wie ein umgedrehter Schiffsbug, eine Form, die sich im übrigen sehr positiv auf die Akustik auswirkt. Das Kirchenschiff ist auf den leicht erhöhten Altar hin ausgerichtet, der von einem großen, ebenfalls sehr schlichten Holzkreuz überragt wird.

Dem Typus der Notkirche entspricht das sehr einfache Innere der Bethanienkirche. Sogar auf einen Mittelgang wurde verzichtet. Die Bankreihen sind von der einen Seite zur anderen durchgängig. Der Plan, nachträglich einen Mittelgang und damit etwas weniger blockhafte Sitzreihen zu schaffen, konnte aufgrund denkmalschützerischer Bedenken nicht verwirklicht werden. In der schlicht gestalteten, aber dennoch schönen Kirche fallen die wenigen Schmuckelemente umso mehr auf. Ein wichtiges Schmuckelement, die Rosette aus blauem und rotem Glas an der Giebelwand, wurde erst nachträglich, im Jahr 1965, hinzugefügt. Der frei stehende Glockenturm der Bethanienkirche kam ebenfalls erst später, im Jahr 1957, hinzu. Auch einige weitere Räume, wie die Sakristei, wurden nachträglich an das Kirchenschiff angebaut.

Da die Bethanienkirche als einzige unverändert verwirklichte Notkirche des Typs A gilt, steht sie heute unter Denkmalschutz. Die hohe Qualität der von Bartning im Rahmen des Notkirchenprogramms entworfenen Kirchen zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die meisten von ihnen nach wie vor intakt und in Gebrauch sind. Die einzige Veränderung die nachträglich im Kirchenraum der Bethanienkirche vorgenommen wurde, war der Mitte der 90er Jahre erfolgte Einbau einer neuen Orgel.

Adresse:

Wickenweg 60 c

60433 Frankfurt am Main


*****

Textquellen:

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan,Waldemar Kramer (Hrsg.), Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M. ,1973.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Bethanienkirche_(Frankfurt_am_Main)< abgerufen am 04.03.2021.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Bartning< abgerufen am 04.03.2021.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Berg< abgerufen am 04.03.2021.

>https://www.strasse-der-moderne.de/portfolio/frankfurt-am-main-bethanienkirche/< abgerufen am 04.03.2021.

>http://www.bethaniengemeinde.de/index.php/unsere-kirche.html< abgerufen am 04.03.2021.

>http://www.otto-bartning.de/anzeige.php?id=10< abgerufen am 04.03.2021.


Bildquellen:

Vorschaubild: Bethanienkirche in Frankfurt am Main, eine der mehr als 40 Notkirchen des Architekten Otto Bartning, 2013, Urheber: Gaki64 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Bethanienkirche von Osten, 2013, Urheber: Gaki64 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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