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Carolin Eberhardt

Die Nixe von Weimar

Sind Nixen gut oder böse? So einfach lässt sich die Frage nicht beantworten. In einer Auswahl von Weimarer Sagen wird die Ilmnixe Erlinde vorgestellt. Unheimlich mutet sie oft an und zugleich wunderschön und bezaubernd. Die Illustrationen wurden von einer 5. Klasse des Goethegymnasiums in einnem literisch-künstlerischen Projekt gestaltet. 

Das Frankfurter Comoedienhaus

Das Frankfurter Comoedienhaus

Sabine Gruber

Am 30. August 1882 berichtete die Belletristische Beilage der Augsburger Abendzeitung über ein Ereignis in Frankfurt am Main, das offenbar über das regionale Umfeld hinaus wahrgenommen wurde: Das hundertjährige Jubiläum des Frankfurter Stadttheaters, das eigentlich erst drei Tage nach Erscheinen des Zeitungsberichts hätte stattfinden sollen. Der Grund dafür, dass es bereits vorher Einiges zu berichten gab, war, dass man einen Teil der Feier einfach vorgezogen und mit dem in Frankfurt seit jeher groß gefeierten Geburtstag Johann Wolfgang Goethes zusammengelegt hatte. Auch der unbekannte Kommentator der Augsburger Abendzeitung war der Meinung, die Intendanz habe "sicher eine glückliche Entscheidung" getroffen "als sie sich dazu entschloß, der Stadt Gelegenheit zu bieten, die Geburtstagsfeier ihres größten Sohnes, den 28. August, mit einer Vorfeier des Theaterjubiläums zu verbinden, und als sie dafür des großen Dichters größtes Werk wählte, das seine dichterische Kraft bewegte vom Anfang bis zum Ende seiner Laufbahn", den Faust nämlich. Das eigentliche Jubiläum wurde einige Tage nach Erscheinen des Zeitungsberichts mit einer Aufführung des Schauspiels "Hanno, Fürst in Norden" von Johann Christian Bock (1724-1785) begangen, mit dem das Stadttheater hundert Jahre zuvor eröffnet worden war. Darauf, dass das Stück und sein Dichter wohl bereits damals vergessen waren, lässt nicht zuletzt die falsche Schreibung des Namens – Beck statt Bock – in besagtem Zeitungsartikel schließen.

Dass das Jubiläum gleich doppelt begangen wurde und man es sich einiges kosten ließ, verdeckt, dass es in der wechselvollen Geschichte des ersten festen Frankfurter Stadttheaters nicht immer etwas zum Jubeln gab und dass dabei vor allem die Finanzen immer wieder eine entscheidende Rolle spielten. Schon vor seiner Eröffnung war das erste feste, als "Comoedienhaus" bezeichnete Frankfurter Theater nicht unumstritten. Es war die Zeit, in der Schauspieler und Schauspielerinnen – vor allem wegen ihrer mangelnden Sesshaftigkeit – von vielen noch als unsolide und potentiell die Sitten verderbende Zeitgenossen angesehen wurden und in der der Schauspielerberuf gerade erst dabei war, sich als bürgerlich akzeptabler Beruf zu etablieren. So wurde 1748 beispielsweise die Bitte der Angehörigen einer in Frankfurt tätigen Schauspielgesellschaft, sie zum Abendmahl zuzulassen, von der Frankfurter Geistlichkeit abgelehnt und nur ein Bornheimer Pfarrer war schließlich bereit, die Bittenden daran teilnehmen zu lassen.

Bei der Aufwertung des Schauspielerberufs spielte nicht zuletzt die Einrichtung fester Bühnen eine wichtige Rolle. In Frankfurt war es am 3. September 1782 so weit. An der Ecke Börsenstraße/ Biebergasse wurde das unter der Leitung von Stadtbaumeister Johann Andreas Liebhardt (1713-1788) in den Jahren 1780 bis 1782 errichtete "Frankfurter Nationaltheater" beziehungsweise "Comoedienhaus" mit besagtem Schauspiel, das von der Grossmannschen Gesellschaft gegeben wurde, und einem Epilog mit Gesang feierlich eröffnet. Es sollte, anders als die schon länger bestehenden Hoftheater, vor allem ein bürgerliches Publikum ansprechen und nicht nur dem Sprechtheater, sondern auch dem Musiktheater einen angemessenen Rahmen bieten. Unter den frühen Zuschauerinnen und Zuschauern des Theaters war nicht zuletzt Goethes Mutter Catharina Elisabeth (1731-1808). Wenn auch das zur Eröffnung gegebene Schauspiel nicht von allererster Qualität war, erlebte das Theater nicht einmal zwei Jahre nach seiner Eröffnung am 13. April 1784 mit der Uraufführung von Schillers "Kabale und Liebe" einen beispiellosen Triumph.

Das eher langgestreckte als hohe klassizistische Gebäude, das sich in seinen Dimensionen sehr gut in seine Umgebung einfügte, verzichtete außen bis auf einen unter anderem mit dem Frankfurter Adler verzierten dreieckigen Giebel über dem Haupteingang weitgehend auf schmückende Elemente. In seinem eher schlichten Stil entsprach es dem Geschmack der Aufklärungszeit. Dem Publikum standen drei Eingangstüren zur Verfügung. Innen gab es fünf Treppen. Auf den zwei Rängen fanden sich dreißig Logen, im Parterre weitere zwölf, die voneinander so abgetrennt waren, dass sie dem wohlhabenden Publikum auch im Theater eine gewisse Privatsphäre boten. Insgesamt gab es 1016 Plätze. Seitlich von der ansteigenden Bühne befanden sich Zimmer für die Schauspieler. Für den Platz vor dem Theater etablierte sich bald die Bezeichnung "Comoedienplatz" und später "Theaterplatz" (heute: Rathenauplatz).

Obwohl das Theater in den ersten Jahren viele begeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer anzog, geriet es schon früh in finanzielle Schwierigkeiten. Das mag einerseits an einem sehr häufigen Wechsel der Theaterleitung und damit verbundenen Unsicherheiten gelegen haben, aber auch an bald nachlassender künstlerischer Qualität, die die verhältnismäßig hohen Eintrittspreise nicht rechtfertigte. Der Wegfall des Publikums führte zu finanziellen Defiziten, denen man 1792 mit der Gründung einer "Theater-Aktiengesellschaft" entgegenwirken wollte. 1842 wurde diese erste Aktiengesellschaft aufgelöst und nach einer unsicheren Interimszeit 1854 durch eine zweite ersetzt. 1855 ermöglichte die wieder solidere finanzielle Basis eine umfangreiche Renovierung des Gebäudes.

Wegen seiner bescheidenen Dimensionen schien das Comoedienhaus nicht mehr für die damals sehr aufwändigen Aufführungen des Musiktheaters geeignet zu sein, weshalb von 1872 bis 1880 für das Musiktheater ein eigenes Opernhaus errichtet wurde. Die Klagen über die im Vergleich zum neuen Opernhaus zu kleinen Dimensionen des Schauspielhauses mehrten sich und ab 1899 wurde der Bau eines neuen Hauses an der Gallusanlage in Angriff genommen. Das alte Comoedienhaus wurde abgerissen und machte einem deutlich höheren prächtigen Geschäftsgebäude im Stil der Gründerzeit Platz, das im Gegensatz zu vielen anderen alten Gebäuden den Zweiten Weltkrieg überstanden hat. Das alte Comoedienhaus könnte also durchaus heute noch stehen und ein Stück des alten Frankfurt repräsentieren. In der Gründerzeit, die sich dem Fortschritt und dem Ausbau Frankfurts zu einer modernen Großstadt verschrieben hatte, fanden die vom damaligen Intendanten Emil Claar (1842-1930) geäußerten Bedenken „das Haus aus Goethes Zeiten, das Haus in welchem die Mutter des größten Frankfurters einen ständigen Platz hatte, der Erde" gleich zu machen, kein Gehör. Die letzte Vorstellung – eine Inszenierung der "Iphigenie auf Tauris" – fand am 30. Oktober 1902 statt.

 

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Textquellen

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Oven, A. H. E. von: Das erste Städtische Theater zu Frankfurt a. M.: Ein Beitrag zur äußeren Geschichte des Frankfurter Theaters, 1751-1872, Nach den Acten bearbeitet, Frankfurt a. M., 1872.

Slamka, Boris: Der Ernst der Stunde: Die Vereinigten Stadttheater in Frankfurt am Main 1914-1918, Berlin, 2014.

Theater in: Der Sammler. Belletristische Beilage zur "Augsburger Abendzeitung", Nr. 105, 5. September 1882, S. 8.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Comoedienhaus_(Frankfurt_am_Main)< abgerufen am 12.01.2023.

>https://www.uni-marburg.de/de/fb09/musikwissenschaft/hessisches-musikarchiv/musik-in-hessen/themen/musikstadt-frankfurt-am-main/comoedienhaus-frankfurter-nationalbuehne< abgerufen am 12.01.2023.

 

Bildquelle:

Vorschaubild:

Frankfurt am Main: Der Comedien Platz in Frankfurt a/m, 1825, Urheber: Johann Friedrich Morgenstern via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Das Comoedienhaus um 1900, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Frankfurter Fürstentag 1863, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Zuschauerraum des Theaters, ca. 1870, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

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