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Olga Heinzl

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Rudi Arndt

Rudi Arndt

Ralph Zade

„Dynamit-Rudi“ nannte man ihn, den schon seiner bulligen Erscheinung wegen unübersehbaren Mann, der von 1972 bis 1977 als Frankfurter Oberbürgermeister amtierte. Der Spitzname, den er auf Dauer behielt und selbst ironisch aufgriff, als er im Jahr seines Amtsantritts ein Flusspferd im Frankfurter Zoo auf den Namen „Dynamit“ taufte, kam dadurch zustande, dass er Jahre vor seiner OB-Zeit – 1965, er war damals Hessischer Wirtschaftsminister – einmal gesagt hatte, man solle die Ruine der Alten Oper in Frankfurt lieber sprengen als die Oper wieder aufzubauen. Er war eine markante, eine prägende Figur, wie sich auch in den als „Frankfurter Häuserkampf“ bezeichneten Auseinandersetzungen zeigte und ist nicht nur deshalb, sondern auch seiner Volksnähe wegen unter älteren Frankfurtern unvergessen.

Rudi Arndt wurde 1927 in Wiesbaden als Sohn des Gewerkschafters Konrad Arndt (1899-1940) geboren. Obwohl sein Vater 1933 von SA-Leuten schwer verletzt wurde, zeitweise im KZ war und möglicherweise von der SS ermordet wurde (wovon sein Sohn freilich damals noch nichts wissen konnte), eine Tante mütterlicherseits definitiv von den Nazis ermordet und sein Bruder nach regimekritischen Äußerungen an die Ostfront geschickt wurde, trat er kurz vor Ende des Krieges als 17-Jähriger in die NSDAP ein und nahm in der Hitlerjugend eine Unterführerposition wahr. Diese Episode mag der allgegenwärtigen Indoktrination Jugendlicher in der damaligen Zeit geschuldet gewesen sein. 1945 trat Arndt jedenfalls der SPD bei und bewegte sich damit wieder in der Tradition seiner Familie.

In der Nachkriegszeit studierte Arndt Jura an der Frankfurter Universität und legte 1952 das Erste Staatsexamen ab. Das Zweite Staatsexamen folgte erst 1960, was damit zusammenhing, dass er damals – und auch bereits während seines Studiums – viel Zeit für politische Aktivitäten und damit verbundene berufliche Engagements investierte: 1948-1954 war er Vorsitzender der Sozialistischen Jugend, 1952-1956 Stadtverordneter in Frankfurt, 1953-1956 Referent für Jugendrecht im Innenministerium des Landes Hessen, bevor er 1956 in den Hessischen Landtag gewählt wurde. Im Landtag blieb er bis 1972 Mitglied und war 1961-64 Vorsitzender der SPD-Fraktion, ein Amt, das er erst abgab, als er als Wirtschaftsminister Mitglied der Hessischen Landesregierung wurde. 1969 war Arndt als Nachfolger des verstorbenen Georg August Zinn als Ministerpräsident des Landes Hessen im Gespräch, musste dann aber Finanzminister Albert Osswald den Vortritt lassen und übernahm 1970 im zweiten von Osswald gebildeten Kabinett selbst das Finanzministerium.

Ende 1971 wurde Arndt von der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung zum Nachfolger des im Alter von nur 51 Jahren verstorbenen Oberbürgermeisters Walter Möller gewählt. Kurz zuvor hatte er das Angebot Willy Brandts, für das Amt zu kandidieren, noch zugunsten Möllers abgelehnt. Er übernahm die neue Aufgabe am 6. April 1972. Die damaligen Zeiten waren in Frankfurt turbulent, der „Frankfurter Häuserkampf“, die Auseinandersetzung um Bauspekulationen im Westend, führte zu Straßenschlachten und Arndt fand sich als OB mitten in der diesbezüglichen politischen Auseinandersetzung wieder. Die Position, die man beziehen sollte, war auch in der Frankfurter SPD umstritten. Arndt galt innerhalb der Bundes-SPD als links, Teile der Frankfurter SPD standen jedoch deutlich links von ihm, sodass diese Einordnung im lokalen Umfeld nicht zutraf. Die Jusos schlugen sich auf die Seite der Hausbesetzer und solidarisierten sich teils öffentlich mit ihnen. Arndt drückte 1973 öffentlich Zweifel daran aus, dass die Regelungen, die es Bauspekulanten erlaubten, Wohnraum verfallen zu lassen, um entsprechende Grundstücke gewinnbringend als Standort für Büroimmobilien verwerten zu können, einer übergeordneten Gerechtigkeit entsprächen, sprach sich aber gleichzeitig für die Umsetzung des geltenden Rechts aus und trat für die Räumung von Häusern ein, wo es entsprechende Gerichtsurteile gab. Deshalb wurde er in den erbitterten Auseinandersetzungen, die es in der Stadtgesellschaft jener Zeit gab, teilweise als Parteigänger der Bauspekulanten wahrgenommen.

Eine Ironie der Geschichte war es, dass ausgerechnet Arndt in seiner Amtszeit maßgeblich zum Wiederaufbau der Alten Oper beitrug.

Dass die SPD bei der Kommunalwahl 1977 massiv an Stimmen verlor, was zur Abwahl Rudi Arndts zugunsten des CDU-Kandidaten Walter Wallmann führte, war nicht auf Arndts Rolle in der Auseinandersetzung um die Bauspekulationen zurückzuführen, sondern in erster Linie auf eine Parteispendenaffäre der Frankfurter SPD, in die Arndt auch selbst verwickelt war. Personen, die von Konzessionen am Frankfurter Flughafen profitierten, hatten der SPD größere Summen gespendet – Arndt hatte eine 200.000-DM-Spende persönlich entgegengenommen. Zwar kam die Mehrheit in einem dazu eingesetzten Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis, dass keine Verbindung zwischen erlangten Vorteilen und Geldspenden nachweisbar sei. Dennoch roch die Angelegenheit nach Korruption, der Eindruck war in der Welt, ob er nun den Tatsachen entsprach oder nicht. Insofern nützte Arndt auch seine Volksnähe nichts.

Rudi Arndt wurde Oppositionsführer in der Stadtverordnetenversammlung, arbeitete als Rechtsanwalt und wurde dann Aufsichtsratsmitglied verschiedener Energiegesellschaften, bevor er 1979 ins Europäische Parlament einzog, wo man ihn 1984 zum Vorsitzenden der Sozialistischen Fraktion wählte. 1989 ging er in den Ruhestand und engagierte sich nach der Wiedervereinigung für den Aufbau der SPD in Thüringen, deren ehrenamtlicher Landesgeschäftsführer er wurde.  

Rudi Arndt, der in seiner Freizeit Rallye-Fahrer mit einem Opel Commodore war und der Koalition seiner Partei mit den Grünen in Hessen kritisch gegenüberstand, starb überraschend am 14. Mai 2004 auf einer Flussfahrt auf dem Dnepr bei Kiew. Wie viele seiner Amtsvorgänger als Frankfurter Bürgermeister ist er auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.


 

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Textquellen:

Sarkowicz, Hans; Clauss, Armin; Arndt, Roselinde u. a.: Rudi Arndt: Politik mit Dynamit - Eine politische Biografie, vmn 2011.

Rudi Arndt in der Hessischen Biographie abgerufen von >https://www.lagis-hessen.de/pnd/129255777< am 12.08.2024.

Rudi Arndt auf Website zur Hessischen Parlamentarismusgeschichte abgerufen von >https://parlamente.hessen.de/abgeordnete/129255777-arndt-rudi< am 12.08.2024.

Bericht in der Frankfurter Rundschau anlässlich des Erscheinens von Arndts Biographie abgerufen von >https://www.fr.de/frankfurt/dynamit-11388348.html< am 12.08.2024.

Beitrag zu Rudi Arndt aus politisch linker Sicht auf frankfurter-info.org abgerufen von >https://www.frankfurter-info.org/archiv/geburtstagsstandchen-fur-rudi-arndt< am 12.08.2024.

Interview mit Armin Clauss über Arndt abgerufen vün >https://weltexpresso.de/index.php/heimspiel/265-qrudi-arndt-politik-mit-dynamitq< am 12.08.2024.

Beitrag der FNP über Rudi Arndt und die Alte Oper abgerufen von >https://www.fnp.de/frankfurt/frankfurter-oper-fast-gesprengt-wurde-nur-bisschen-dynamit-10416691.html< am 12.08.2024.

Beitrag in der Welt zum 70. Geburtstag abgerufen von >https://www.welt.de/print-welt/article634656/Dynamit-Rudi-eine-Legende-wird-70.html< am 12.08.2024.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Rudi Arndt, 1972, Urheber: Engelbert Reineke; bereitgestellt durch Bundesarchiv, B 145 Bild-F037984-0007 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0 de.

Arndts Grab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof, 2015, Urheber: Karsten Ratzke via Wikimedia Commons CC0.

 

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