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Zu Gast in Weimar

George Eliot; deutsche Übersetzung: Nadine Erler

Zu den vielen Künstlern, die es nach Weimar zog, gehörte auch die englische Schriftstellerin George Eliot. Im Sommer 1854 verbrachte sie drei Monate im kleinen, doch weltberühmten Städtchen an der Ilm. George Eliots schriftlich festgehaltenen Eindrücke sind äußerst amüsant. Dieser Blick einer Fremden lässt Weimar in anderem Licht erschienen.

Broschüre, 40 Seiten, 2019


Clemens Brentano

Clemens Brentano

Sabine Gruber

„Inwiefern die Frankfurter gesund sind und leben, weiß ich nicht, ich weiß nur, daß ich dort nicht gerne lebe, [...]“. – Der sich so wenig freundlich über Frankfurt äußerte, war kein gebürtiger Frankfurter, aber der Stadt als Sohn aus der bekannten Kaufmannsfamilie Brentano dennoch eng verbunden. Clemens Brentano wurde am 9. September 1778 als drittes Kind aus der zweiten Ehe des Frankfurter Kaufmanns Peter Anton Brentano mit Maximiliane, geb. La Roche, einer Tochter der berühmten Schriftstellerin Sophie von La Roche, in Thal-Ehrenbreitstein (heute ein Stadtteil von Koblenz) im Haus seiner Großmutter geboren. Der stolze Großvater Georg Michael von La Roche schrieb auf Französisch an die Frankfurter Verwandtschaft: „Ein dicker, fetter und gesunder Knabe“ sei geboren worden. Clemens Brentano wuchs bis zu seinem sechsten Lebensjahr im elterlichen Haus zum Goldenen Kopf in der Großen Sandgasse Nr. 12 in Frankfurt auf, wo er gemeinsam mit seinen Geschwistern abenteuerliche Spiele auf dem Dachboden veranstaltete, der als Speicher für die Waren der Brentanos – unter anderem Südfrüchte und Gewürze – diente, aber auch für allerlei „abenteuerliches Gerümpel“. Schon als Kind musste Brentano zur Entlastung seiner durch mehrere kurz aufeinander folgende Geburten belasteten Mutter Frankfurt verlassen und verbrachte die folgenden Jahre in Koblenz, Heidelberg und Mannheim. Kurz nachdem er 1793 nach Frankfurt zurückgekehrt war, starb seine Mutter – ein Tod, über den Brentano nie hinweg kam. Seine geschäftstüchtigen älteren Brüder wollten ihn zwingen, Kaufmann zu werden, aber das Experiment glückte nicht. Clemens Brentano war viel zu fantasievoll und neugierig, um sich mit einem Dasein als Kaufmannslehrling zufrieden zu geben.

Er studierte schließlich in Halle, Jena und Göttingen legte aber nie ein Universitätsexamen ab. 1801 trat er mit nur 22 Jahren mit einem furiosen Debüt als Schriftsteller hervor: sein Roman „Godwi“ war zwar strukturell nicht sehr gelungen, enthielt aber Gedichte, die zu den schönsten deutscher Sprache gehören (u. a. „Zu Bacharach am Rheine“, das am Beginn des Loreley-Mythos stand). Die Jenaer Frühromantiker staunten über das Talent des jungen Studenten. Clemens Brentano heiratete die ältere und geschiedene Schriftstellerin Sophie Mereau, zog mit ihr nach Heidelberg, und gab gemeinsam mit seinem Freund Achim von Arnim zwischen 1805 und 1808 die drei Bände der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ heraus – scheinbar traditionelle Volkslieder, die aber von den Herausgebern nicht philologisch korrekt behandelt, sondern stark bearbeitet wurden. Die Ehe Brentanos mit Sophie Mereau wurde nicht so glücklich wie er erhofft hatte. Zwei Kinder starben schon als Säuglinge und 1806 starb bei der Totgeburt des dritten Kindes Sophie Mereau. Brentano versank in tiefer Trauer, heiratete aber ein Jahr später überraschend die junge Frankfurterin Auguste Bußmann – eine übereilte Verbindung, die mit einer fingierten Entführung begann, einen öffentlichen Skandal hervorrief und desaströs endete. Die Ehe war geprägt durch heftige, auch öffentliche, Streitereien und ebenso heftige Versöhnungen. 1809 verließ Auguste Bußmann Brentano, aber erst 1814 wurde die Ehe geschieden. Die Zeit zwischen 1806 und 1814, die für Brentano mit großem privaten Unglück verbunden war, war dennoch eine seiner produktivsten Phasen. Er schrieb Gedichte, Kantaten, Satiren wie „Der Philister vor, in und nach der Geschichte“ (1811) und Dramen wie „Viktoria und ihre Geschwister“ (1817 im Druck erschienen). 1817 erschien eine seiner bekanntesten Erzählungen im Druck, die „Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl“. Als er sie schrieb, lebte er bereits in Berlin.

Dort begegnete er der jungen Luise Hensel, die sich für Literatur begeisterte und Gedichte schrieb, und mit der er sich wohl eine Schreibens- und Lebensgemeinschaft erträumte. Dazu kam es aber nicht, denn sowohl Luise Hensels Leben als auch das Brentanos waren im Umbruch begriffen. Hensel konvertierte 1818 zum Katholizismus, Brentano legte 1817 eine Generalbeichte ab und kehrte damit zu einem praktizierten Katholizismus zurück. Im folgenden Jahr reiste er zu der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick nach Dülmen in Westfalen und sah sich in dieser Zeit nur noch als Schreiber, der die Visionen der Emmerick aufzeichnete. Allerdings ging auch hier seine rege Fantasie mit ihm durch und er fügte dem, was die Emmerick ihm mitteilte, so viel Eigenes und Angelesenes hinzu, dass das eine kaum mehr vom anderen getrennt werden kann. Nach ihrem Tod 1824 verarbeitete er seine Aufzeichnungen zu einer Trilogie – dem „Leben der heiligen Jungfrau Maria“, den „Lehrjahren Jesu“ und dem „Bitteren Leiden unseres Herrn Jesu Christi“, das als einziges dieser Werke noch zu seinen Lebzeiten, 1833, erschien. Sein letztes Lebensjahrzehnt von 1833 bis 1842 verbrachte Brentano überwiegend in München. In den zahlreichen Gedichten, die er für seine letzte Liebe, die wesentlich jüngere Malerin Emilie Linder, schrieb, kehrt thematisch und formal vieles aus seinen frühen Werken wieder. 1838 veröffentlichte er sein letztes großes Werk, die Spätfassung des „Märchen von Gockel, Hinkel und Gackeleia“. In München begann auch Brentanos Freundschaft mit dem jungen Maler Edward von Steinle (später Professor am Städelschen Kunstinstitut), der erst in seiner Geburtsstadt Wien lebte und dann in Frankfurt, den Brentano aber mit aller Gewalt nach München ziehen wollte – wohl ein Grund für seine am Anfang zitierten abwertenden Äußerungen über Frankfurt, die aus einem Brief an Steinle stammen. Auch wenn Clemens Brentano in Ehrenbreitstein geboren wurde und im Sommer 1842 bei seinem Bruder Christian in Aschaffenburg starb, war doch Frankfurt seine Heimatstadt, was für Außenstehende schon durch seinen starken südhessischen Dialekt deutlich wurde, den er bis ins Alter nicht ablegte. Daneben sprach er aber auch ein ungewöhnlich reines Hochdeutsch, das er wohl wie eine Fremdsprache erlernt hatte.



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Textquellen:

Hartwig Schultz: Schwarzer Schmetterling. 20 Kapitel aus dem Leben des romantischen Dichters Clemens Brentano. Berlin: Berlin Verlag 2000.

Hartwig Schultz: Die Frankfurter Brentanos. Stuttgart / München: Deutsche Verlags-Anstalt 2001.

Sabine Gruber: Generationalität in den Briefen Clemens Brentanos an Edward von Steinle. In: Briefe um 1800. Zur Medialität von Generation. Hg. v. Selma Jahnke und Sylvie Le Moël. Berlin: Berliner Wissenschaftsverlag 2015, S. 159-174.

Bildquellen:

Emilie Linder, Clemens Brentano, gemeinfrei

Clemens Brentano (Bild aus einem Lexikon von 1906; Ausschnitt aus einer Radierung von Ludwig Emil Grimm, 1837)

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