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Johannes E. R. Berthold
Die Bunte-Kinder

wahrhaftige Geschichten aus einer wundervolle Kindheit auf dem Land

Christian Egenolff

Christian Egenolff

Sabine Gruber

Die heutige Frankfurter Buchmesse wurde zwar erst 1949 ins Leben gerufen, hat aber bereits eine lange Geschichte, in der nicht zuletzt der erste ständige Frankfurter Buchdrucker Christian Egenolff eine Rolle spielte. Das Jahr 1530, in dem Egenolff seine Frankfurter Druckerei eröffnete, markiert zwar nicht die allerersten Anfänge des Buchdrucks in der Handelsstadt, aber den Beginn des dauerhaften Sesshaftwerdens dieser neuen Technik. Hermann Grotefend beschreibt den Sachverhalt in der Einleitung zu seiner 1881 erschienenen Studie über Christian Egenolff so: "Alle Nachrichten, auf deren Grund man das Alter des Buchdrucks in Frankfurt höher hinaufrücken wollte, sind entweder falsch verstanden, oder sie beruhen auf der vorübergehenden Tätigkeit kleinerer Pressen, wie dieselben in der Kindheit der Buchdruckerei zur Erzeugung von Einzelblättern und Flugschriften in grosser Anzahl bestanden, wie wir sie aber, eben ihres vorübergehenden Charakters halber, nicht berücksichtigen dürfen, wenn wir das Alter der Buchdruckerei in Frankfurt feststellen wollen." In den folgenden Jahrzehnten wandelte sich Frankfurt dann - dank der Vorarbeit Egenolffs - zu einem wichtigen Zentrum des Buchdrucks und des Buchhandels.

Christian Egenolff wurde im Jahr 1502 im damals nassauischen Hadamar in Mittelhessen geboren und begann bereits mit vierzehn Jahren ein humanistisches Studium an der Universität Mainz, das er 1520 beendete. Später erlernte er die neue Technik des Buchdrucks, ging nach Straßburg und eröffnete dort 1528 seine erste eigene Druckerei, die scheinbar nur wenig erfolgreich war, denn bereits 1530 ließ er sich mit seiner Frau Margarethe, die er in Straßburg geheiratet hatte, und den ersten von elf Kindern in Frankfurt nieder. Dort hatte er keine Konkurrenz und deutlich größeren Erfolg als zuvor in Straßburg. Während sonst das Frankfurter Patriziat eifersüchtig darüber wachte, dass keinem Zugezogenen der Erwerb der Frankfurter Bürgerrechte allzu leicht gemacht wurde, wurde Egenolff im Jahr seiner Ankunft in Frankfurt sehr schnell ein Frankfurter Bürger. Das Ratsprotokoll vom 27. Dezember 1530 hielt fest, dass "Die kuntschafft Christian Egenolffs, buchdruckers von Strassburg verlesen" worden sei und der Rat beschlossen habe, "ine zur burgerschafft" aufzunehmen. Im Februar 1532 legte Egenolff schließlich den Bürgereid ab. Als erstes von zahlreichen Werken druckte er im Mai 1531 "Der Stab Jakobs", eine Anleitung zum Messen.

Die Anzahl der Werke, die im Laufe der Jahrzehnte in Egenolffs Frankfurter Verlagsbuchhandlung gedruckt wurden, und ihr Themenspektrum war sehr groß, von wissenschaftlichen Werken bis hin zu unterhaltender Literatur. Bekannte und viel gelesene Autoren, wie der mit ihm befreundete Melanchthon oder Hans Sachs, erhöhten den guten Ruf Egenolffs als Drucker und Verleger. Eine der wichtigsten Veröffentlichungen aus der Anfangszeit der Druckerei war Sebastian Münsters „Cosmographia. Mappa Europae“ von 1539. Nicht nur die Texte, die bei Egenolff gedruckt wurden, waren qualitativ hochwertig, sondern er legte auch Wert auf ihre angemessene Illustration. Berühmt war vor allem seine Ausgabe der Lutherbibel mit Illustrationen von Hans Sebald Beham (1500-1550). Gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Adam Lonicer gab Egenolff das sehr umfangreiche "Teutsche Kräuterbuch" heraus. Egenolff widmete sich jedoch nicht nur dem Buchdruck, sondern stellte in Musterbüchern auch Material für den Textildruck zur Verfügung. 1535 kündigte er beispielsweise an, dass sein Musterbuch auch seltene Beispiele für "Venezianische Sterne" und "Italienische Weißware" enthalte. Zu seinem geschäftlichen Erfolg trug nicht allein die Qualität seiner Drucke, sondern nach Grotefend auch seine Persönlichkeit bei. Er stellt fest, Egenolff sei ein "biederer, milder, aber fester Charakter" gewesen. Seine humanistische Bildung habe ihm nicht nur ermöglicht "sich deutsch und lateinisch fertig auszudrücken und mit der Feder in diesen Sprachen umzugehen", sondern auch "bei der Zusammenstellung und Redaction seiner Verlagswerke, wo es vonnöthen war, selbst thätige Hand anzulegen."

Bereits nach etwas über einem Jahrzehnt seiner Tätigkeit in Frankfurt konnte Egenolff mit seinem Geschäft stark expandieren. Nachdem er die Häuser zum Wiltberg, zur Alten Münze und Storkenburg gekauft hatte, ließ er sie abreißen und auf der Freifläche einen großen Neubau errichten, in dem neben der Druckerei auch die Schriftgießerei und der Verlag ausreichend Platz fanden. Der Neubau musste zu Beginn des 20. Jahrhunderts anderen Bauprojekten weichen. 1535 wurde Egenolff zudem offizieller Buchdrucker der Universität Marburg und eröffnete dort eine Filiale.

Egenolff starb 1555 und wurde auf dem Peterskirchhof begraben. Wie damals vielfach bei Druckern üblich, führte seine Witwe bis 1572 das Geschäft weiter. Anschließend wurde das Erbe geteilt. Den Verlag führten die überlebenden Kinder Egenolffs weiter, die Schriftgießerei seine Enkelin Judith gemeinsam mit ihrem Ehemann Jakob Sabon aus der heutigen Frankfurter Partnerstadt Lyon. Diese später unter dem Namen Egenolff-Lutherische firmierende Schriftgießerei bestand bis 1810. Heute erinnert die lange Egenolff-Straße, die im Frankfurter Stadtteil Nordend-Ost die Friedberger Landstraße mit der Rothschildallee verbindet, an den für die Stadt so wichtigen Buchdrucker aus der Zeit des Humanismus.

 

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Textquellen:

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer. Sechste, neubearbeitete Ausgabe. Frankfurt a. M., 1973, Hamburg, 2004.

Grotefend, Hermann: Christian Egenolff: Der erste ständige Buchdrucker zu Frankfurt a. M. und seine Vorläufer, Gedenkblatt an die 350jährige Jubelfeier der Einführung der Buchdruckerei in Frankfurt, Mit zwei Tafeln. Frankfurt a. M., 1881.

Hufnagel, Bianca: Tagungsbericht "Literarisches Leben in Frankfurt im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit" in: Daphnis: Zeitschrift für Mittlere deutsche Literatur und Kultur der frühen Neuzeit (1400-1750). Bd. 37 (2008), Heft 3-4, S. 713-720.

Spelberg, Femke: "Fashion & Virtue: Textile Patterns and the Print Revolution, 1520–1620", The Metropolitan Museum of Art Bulletin, v. 73, No. 2 (Fall, 2015).

Stahl, Patricia: Egenolff, Christian. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe): abgerufen von >http://frankfurter-personenlexikon.de/node/2066<  am 30.11.2021.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Egenolff< abgerufen am 30.11.2021.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: 

Christian Egenolff, vor 1555, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Biblicae Historiae, etwa 1540, Urheber: Hans Sebald Beham via Wikimedia Commons CC0.

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