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Johann Joachim Winckelmanns Wirken auf Schloss Nöthnitz und in Dresden

Klaus-Werner Haupt

Nach rastlosen Jahren findet Johann Joachim Winckelmann auf dem nahe Dresden gelegenen Schloss Nöthnitz eine Anstellung als Bibliothekar. Die bünausche Bibliothek und die Kunstsammlungen der nahen Residenzstadt ermöglichen Kontakte mit namhaften Gelehrten. In ihrem Kreise erwirbt der Dreißigjährige das Rüstzeug für seine wissenschaftliche Karriere. Sein epochales Werk „Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Werke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst“ (1755) lenkt den Blick auf die Kunstsammlungen Augusts III. und ebnet den Weg nach Rom.

Winckelmanns Briefe, von denen mehr als fünfzig aus den sächsischen Jahren überliefert sind, lassen seinen Karrieresprung, aber auch seine persönlichen Nöte vor unseren Augen lebendig werden. Zwei Gastbeiträge über die jüngere Geschichte des Schlosses und die Visionen der Freunde Schloss Nöthnitz e. V. runden den Jubiläumsband ab.

Ferdinand Kramer

Ferdinand Kramer

Ralph Zade

Sofas, Türklinken, Regenschirme, Schränke zum Zusammenstecken, die an Ikea-Möbel erinnern, minimalistische Inneneinrichtungen, Stahlskeletthäuser, 23 Bauten auf einem Universitätscampus – alles im Geiste einer schmucklosen Funktionalität. Ferdinand Kramer ist heute über einen Kreis von Design- und Architekturinteressierten hinaus keiner größeren Öffentlichkeit mehr namentlich bekannt. Und doch findet man überall Spuren von ihm – viele Dinge die heute entworfen werden, hätte er schon vor 70 Jahren schaffen können und nicht umsonst werden Möbel nach Entwürfen von ihm heute noch verkauft.

Kramer, der 1898 in Frankfurt geboren wurde und 1985 in seiner Heimatstadt starb, war derjenige unter den Architekten und Designern des „Neuen Frankfurt“, der die engste Bindung zu Frankfurt hatte. Viele andere kamen nach der Goldenen Epoche der Architektur in den 20er Jahren, in denen Frankfurt zu einem der Kristallisationspunkte modernen Bauens wurde, nicht aus dem Exil zurück, in das sie die Nazis gezwungen hatten, oder gingen an andere deutsche Orte. Kramer dagegen zog es aus dem Exil in den USA wieder nach Frankfurt, nicht zuletzt, weil er in der Emigration Kontakt zu anderen Frankfurter Exilanten gehabt hatte, namentlich zum Institut für Sozialforschung, das ihn auch mit Bauten beauftragte – mit Theodor W. Adorno war Kramer schon vor dem Exil befreundet. Max Horkheimer ergriff aufgrund dieser Zusammenarbeit dann nach dem Krieg die Initiative, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Und so konnte Kramer, der dann Baudirektor der Universität wurde und es von 1952-1964 blieb, sein Werk in seiner Heimatstadt fortsetzen und in den 50er und 60er Jahren die bauliche Gestaltung der Universität maßgeblich bestimmen.

Der Campus Bockenheim war früher geradezu ein begehbares Museum der Entwürfe Ferdinand Kramers. Von den Bauten, die hier nach Entwürfen unter seiner Beteiligung errichtet wurden, sind inzwischen einige abgerissen worden, andere verfielen in den 80er und 90er Jahren oder wurden einer neuen Nutzung angepasst und damit in ihrem baulichen Charakter modifiziert, neue Bauten kamen hinzu und veränderten das von Kramer geplante Ensemble. Einiges wurde aber auch unter Denkmalschutz gestellt und erhalten. Die Sanierung der ehemaligen Pharmazie in der Georg-Voigt-Straße wurde beim Deutschen Architekturpreis 2015 mit einer Anerkennung gewürdigt; dieses Gebäude ist der am besten erhaltene Kramer-Bau vor Ort. Was nach der Umnutzung des Geländes – nach dem Abschluss des Umzugs der Universität soll der Campus Bockenheim in einen Kulturcampus umgestaltet werden, der u. a. Wohnungen, Gewerbe, Einzelhandel, Gastronomie und Studentenwohnheimplätze integriert – passieren wird, ist zum Teil noch offen. Der Wohnungsbau ist in Frankfurt ein ebenso wichtiges Thema wie der Denkmalschutz. Wenn man Interesse an den Bauten Kramers hat, sollte man sie sich ansehen und damit nicht unbedingt warten. Eine gute Gelegenheit, Kramers Intentionen zu sehen, bietet neben dem Pharmazie-Bau z. B. der ehemalige Biologie-Campus am Ende der Siesmayerstraße.

Wer in den 60er Jahren in Frankfurt studiert hat, hat die von Kramer konzipierten Universitätsbauten noch im ursprünglichen Zustand gesehen. Und er hat partiell sogar in Kramer-Hörsälen studiert und in der von ihm entworfenen Mensa gegessen. Für seine Bauten hat Kramer oft auch die Inneneinrichtung entworfen, bis in kleine Details hinein. Vieles davon war freilich umstritten – z. B. der Eingang im Stil der Moderne, den er ins neobarocke Jügelhaus brechen ließ. Umstritten blieben die Campus-Bauten auch nach ihrer Erschaffungszeit noch – so kritisierte der Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach einmal ihre „trotzige Dürftigkeit“, während sein Schriftstellerkollege Alexander Kluge meinte, dass hier eine Universität „aus einem geistigen Zusammenhang“ entstanden sei. Eines ist sicher: Das Amt des Baudirektors der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität hat Ferdinand Kramer genutzt, um gestalterisch tätig zu werden. Er hat dabei auch insofern Großes geleistet, als die Austerität, die seine Bauten ausstrahlen, nicht nur ihrem Stil geschuldet ist – was Kramer verwirklichte, war zu einem guten Teil Wiederaufbau nach dem Krieg und eine sparsame Bauweise passte nicht nur zum Geist der Zeit, sie war aufgrund knapper finanzieller Ressourcen auch nötig.

Ist der Campus Bockenheim trotz der genannten Einschränkungen der markanteste Kramer-Ort in Frankfurt, so lohnt es sich doch, auch auf sein Vorkriegswirken zu schauen.

Kramers Eltern waren Geschäftsleute; sie besaßen das „Hutlager G. Kramer“ im Hotel zum Schwan am Steinweg 12. Erste Designanregungen empfing Kramer in der Werft seines Großvaters in Frankfurt-Niederrad – hier sah er, wie sparsame, funktionale technische Lösungen umgesetzt wurden. Im Ersten Weltkrieg wurde er eingezogen. Nach dem Krieg studierte Ferdinand Kramer Architektur an der TH München – ein kurzes Intermezzo am Bauhaus enttäuschte ihn, sodass er den Aufenthalt dort abbrach und sein Studium in München abschloss, während dessen er bei der seinerzeit bekannten Schriftstellerin Ricarda Huch wohnte. Da er im schwierigen Nachkriegsumfeld in Frankfurt keine Architekturaufträge bekam, verlegte er sich aufs Design von Möbeln und anderen Gegenständen, außerdem entwickelte er den dann in Serie produzierten „Kramer-Ofen“.

Die Verbindung mit dem „Neuen Frankfurt“ kam zustande, nachdem Kramer im Frankfurter Hauptbahnhof ein Reisebüro für die Hapag eingerichtet hatte. Die Einrichtung fiel so schlicht und minimalistisch-funktional aus, dass sie in der Presse eine Kontroverse auslöste. Dadurch wurde Ernst May, der kreative Kopf des „Neuen Frankfurt“, auf Kramer aufmerksam – dessen designerische Linie passte gut zu dem Geist, in dem er Frankfurt zu prägen gedachte. Und so wurde Kramer im Hochbauamt tätig. Bedeutsam sind v. a. die von Kramer 1929 in Zusammenarbeit mit Eugen Blanck geschaffenen Laubenganghäuser in der Siedlung Westhausen – für diese Siedlung entwarf Kramer im Verbund mit Blanck auch das Heizwerk und die Waschzentrale. Er schuf außerdem Möbel für die Firma Thonet. Anders als andere Architekten im Umfeld des „Neuen Frankfurt“ begleitete Kramer dann nicht Ernst May in die Sowjetunion, sondern blieb in Frankfurt und nahm in den ersten Jahren der Nazizeit unter kontinuierlich zunehmenden Schwierigkeiten vor allem Privataufträge wahr. Als seine Architektur als „entartet“ eingestuft wurde und er Berufsverbot erhielt, sah auch er keine Alternative mehr zur Emigration.

Die Einschätzung des Werks des nach dem Krieg nach Frankfurt Zurückgekehrten spaltet bis heute – die einen schätzen die Konsequenz, mit der er die Form der Funktion dienlich machte, den Minimalismus, die Sparsamkeit und Schlichtheit seiner Entwürfe, die anderen, die den Ideen der Architekturmoderne eher kritisch gegenüberstehen, finden die gewollte Austerität seiner Schöpfungen provozierend. Fest steht: Die Auseinandersetzung mit dem Werk Kramers lohnt; die Nachwirkung, die er gehabt hat, ist größer als die vieler seiner Zeitgenossen.

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Textquellen:

Voigt, Wolfgang; Sturm, Philipp; Körner, Peter; Schmal, Peter Cachola (Hrsg.): Ferdinand Kramer: Die Bauten, Berlin: Wasmuth Verlag, 2015.

Website zu Ferdinand Kramer: abgerufen von >http://www.ferdinand-kramer.org/index.html< am 12.08.2022.

Weyel, Birgit: Kramer, Ferdinand: Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von >https://frankfurter-personenlexikon.de/node/36< am 12.08.2022.

Website des Goethe-Instituts zu Ferdinand Kramer: abgerufen von >https://www.goethe.de/de/kul/des/20436267.html< am12.08.2022.

Beitrag in der Bauwelt zu einer Ausstellung über Ferdinand Kramer im Deutschen Architekturmuseum 2016: https://www.bauwelt.de/das-heft/Abgesang-auf-Ferdinand-Kramer-Bauten-im-Architekturmuseum-Frankfurt-2492088.html

Beitrag im Tagesspiegel zu derselben Ausstellung (hieraus die Zitate von Martin Mosebach und Alexander Kluge) abgerufen von >https://www.tagesspiegel.de/kultur/der-architekt-ferdinand-kramer-ein-gefuehl-von-freiheit/13362354.html< am 12.08.2022. 

Seite zu Ausstellung „Prinzip Kramer“ im Museum angewandte Kunst 2014: abgerufen von >https://www.museumangewandtekunst.de/de/besuch/ausstellungen/2014/ferdinand-kramer/< am 12.08.2022.

Bericht der FR zu derselben Ausstellung: abgerufen von >https://www.fr.de/kultur/ordnende-hand-11220135.html< am 12.08.2022.

Webseite zu von Kramer entworfenen Türdrückern: abgerufen von >https://www.gropius-druecker.de/ferdinand-kramer< am 12.08.2022.

FAZ-Beitrag zu von Kramer entworfenen Handtaschen: abgerufen von >https://www.faz.net/aktuell/stil/mode-design/architekt-ferdinand-kramer-und-seine-handtaschen-15401634.html< am 12.08.2022.

Webseite zur Weiterentwicklung des Biologie-Campus: abgerufen von >https://www.deutsches-architekturforum.de/thread/12880-ex-biologie-campus-siesmayerstra%C3%9Fe-wird-neu-entwickelt-geplant/< am 12.08.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Fernheizwerk,-Campus-Bockenheim,-Frankfurt-a.-M.-(July-2018), Urheber: Carl Ha via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Johann Wolfgang Goethe University, Frankfurt am Main, 2004, Urheber: Jjshapiro via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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