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Das verlassene Krankenhaus bei Tschernobyl

Nic

Heft, 28 Seiten, 2020 - ab 23 Nov. erhältlich

Die Stadt Prypjat liegt nur 3 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Im hiesigen Krankenhaus wurden unmittelbar nach der Explosion des Atomreaktors die ersten stark verstrahlten Opfer behandelt. Viele von Ihnen sind an der massiven Strahlenbelastung gestorben.

Am 27. April 1986, einen Tag nach der Nuklearkatastrophe, wurde die Prypjat evakuiert. Seither ist die Stadt, wie auch das hier gezeigte Krankenhaus verwaist. 30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Nic führt uns auf einem Rundgang durch verlassene Gänge vorbei an verfallenen OP-Sälen und Behandlungszimmern.

Für alle Fans von Lost Places.

Ab 4 Heften versenden wir versandkostenfrei.

Ludwig Landmann

Ludwig Landmann

Ralph Zade

Am 27.6.2021 wurde im Schauspiel Frankfurt erstmals der 2019 durch die Freunde und Förderer des Jüdischen Museums in Frankfurt neu gestiftete „Ludwig-Landmann-Preis für Mut und Haltung“ verliehen. Er ging an Saul Friedländer, bekannt geworden durch sein Opus magnum „Das Dritte Reich und die Juden“. Friedländer ist ein international renommierter Historiker. Doch wer war der Namensgeber des Preises? Über die Stadt seines Wirkens hinaus ist dieser ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister nicht so bekannt, wie er es verdient hätte.

Der Name Ludwig Landmann ist auch in Frankfurt selbst nicht so präsent wie die Namen seiner Nachkriegs-Amtskollegen und steht an Bekanntheit selbst hinter dem seines Vorvorgängers Franz Adickes zurück. Viele Frankfurter kennen Landmann nur als Namensgeber der Ludwig-Landmann-Straße, einer Ausfallstraße, die durch die Stadtteile Bockenheim, Rödelheim, Hausen und Praunheim führt und zwar von imposanter Länge ist, aber wegen des starken Verkehrsaufkommens nicht unbedingt zum Flanieren einlädt. Als Peter Feldmann 2012 zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählt wurde, wurde gelegentlich erwähnt, dass er der erste jüdische OB Frankfurts nach Ludwig Landmann sei. Dass Ludwig Landmann (1868-1945), der Frankfurt von 1924 bis 1933 regierte, in seiner Zeit einer der bedeutendsten Kommunalpolitiker Deutschlands war, vergleichbar eigentlich nur dem Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, dass in seiner Regierungszeit Entscheidungen fielen, die die Stadt – und das Stadtbild – bis heute prägen, ist Vielen nicht bewusst. Die Tatsache, dass er – einer der großen Oberbürgermeister Frankfurts im 20. Jahrhundert, wenn nicht gar der größte – lange Zeit so skandalös unterbewertet war, ist seinem Exilschicksal geschuldet, aber wohl auch der Tatsache, dass er betont unprätentiös und nüchtern auftrat, was heute – in den Zeiten von Angela Merkel und Olaf Scholz – von der Wählerschaft vielfach durchaus geschätzt wird, in der Weimarer Republik aber eher ungewöhnlich war.

Ludwig Landmann, der aus armen ländlichen Verhältnissen stammte, war kein gebürtiger Frankfurter, sondern stammte aus der Pfalz, seine Schulausbildung absolvierte er in Mannheim. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Heidelberg, Berlin und München. Seine Examensnoten hätten ihn eigentlich für den Staatsdienst prädestiniert, die Aufnahme wurde ihm in Baden als Jude jedoch nicht gewährt, sodass er 1894 als „juristischer Hilfsarbeiter“ in den Kommunaldienst der Stadt Mannheim eintrat. Er wurde schnell zum engen Mitarbeiter des bis 1908 regierenden Oberbürgermeisters Otto Beck und 1898 zum Stadtsyndikus ernannt. Becks seit 1913 regierender Amtsnachfolger Theodor Kutzer war ebenfalls von Landmanns Fähigkeiten überzeugt und wollte eine Bürgermeisterstelle für ihn einrichten lassen, was jedoch am Widerstand des Stadtrats scheiterte, ebenso wie die Übertragung eigener Aufgaben an ihn.

Das war für Landmann der Anlass, Mannheim zu verlassen und nach Frankfurt zu wechseln, wo er 1916 Dezernent für Wirtschaft, Verkehr und Wohnungswesen wurde – Felder, die dann auch für sein Wirken als Oberbürgermeister von zentraler Bedeutung waren. 1919 trat er der Deutschen Demokratischen Partei bei, einer linksliberalen Partei, der u. a. auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuss und der Namensgeber der heutigen FDP-Parteistiftung, Friedrich Naumann, angehörten. 1924 wurde er dann durch DDP und SPD als Nachfolger seines Parteifreundes Georg Voigt zum Frankfurter Oberbürgermeister gewählt.

Landmanns Wahl war erfolgt, weil man sich eine dynamische Führungskraft wünschte und dieser Erwartung wurde er auch gerecht. Zwar trat er betont sachlich-bescheiden auf, aber inhaltlich bewegte er umso mehr. In der Wirtschaftspolitik setzte er wesentliche Impulse durch die Wiederbelebung der Frankfurter Messe. Er erkannte, dass für die Ansiedlung von Industrieunternehmen mehr Raum notwendig war und dass die Ansiedlung der Unternehmen auf Frankfurter Gebiet erfolgen musste, um Zugriff auf die daraus resultierenden Steuereinnahmen zu haben. Nicht zuletzt deswegen betrieb er eine expansive Eingemeindungspolitik. 1926 wurde Fechenheim eingemeindet, 1928 folgten Griesheim, Höchst, Nied, Schwanheim und Sossenheim. Seit 1928 wurde die Frankfurter Großmarkthalle errichtet. Die Lage der Städte suchte Landmann zu verbessern, indem er Vorschläge zur Änderung der Weimarer Reichsverfassung machte, die ihre Stellung stärken sollten. Auch in der Verkehrspolitik setzte Landmann Akzente. Er kam früh zu der Erkenntnis, dass ein Anschluss an den Straßenverkehr, aber auch an den – damals noch neuen – Luftverkehr für Frankfurt als Wirtschaftsstandort zentral war. Seit 1924 fanden vom Flughafen Rebstock aus Flüge statt. Schon im Ersten Weltkrieg hatte Landmann ein Konzept für den Frankfurter Stadtverkehr entwickelt, das neben Straßen auch Straßenbahnen einbezog. Vielleicht am bedeutendsten – und bis heute am wahrnehmbarsten – war jedoch sein Wirken in der Wohnungsbaupolitik. Dieses erschöpfte sich nicht in der Gründung neuer Wohnungsbaugesellschaften, sondern Landmann berief 1925 auch Ernst May (1886-1970) zum Stadtbaurat, der bis 1930 mit der Unterstützung eines Stabs von mehr als 50 Architekten und Designern das Bauprogramm „Neues Frankfurt“ entwickelte und umsetzte, in dessen Rahmen eine Reihe neuer Wohnsiedlungen im Stil des Neuen Bauens entstand, die Frankfurt zu einem der zentralen Orte der Architekturavantgarde der damaligen Zeit machten, vergleichbar nur mit den Zentren des Bauhauses. Die Siedlungen Praunheim, Bornheimer Hang, Römerstadt und Westhausen sowie die Hellerhofsiedlung und Zickzackhausen (Siedlung Bruchfeldstraße) zeugen davon und sind, da sie nicht im Stadtzentrum lagen, das im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört wurde, zu nicht unerheblichen Teilen erhalten. Die Aufbruchsstimmung jener Jahre war nicht auf die Architektur begrenzt, sondern führte zu einem neuen Stadtdesign, das die Umgestaltung der Frankfurter Grünanlagen ebenso umfasste wie die Schaffung eines neuen Adlers für das Stadtwappen durch Hans Leistikow oder die Kreation der Futura-Schrift durch Paul Renner. Darüber hinaus förderte Landmann Kulturveranstaltungen wie den „Sommer der Musik“ 1927 und die Ausstellung „Musik im Leben der Völker“. Frankfurt zog darüber hinaus bedeutende Wissenschaftler an, z. B. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno.

1933 wurde Ludwig Landmann durch das NS-Regime aus dem Amt gedrängt. Er ging zunächst nach Berlin. Die Nazis erkannten ihm seine Pension ab, da er, der „Jude Landmann“ den Haushalt der Stadt Frankfurt ruiniert habe. Er erhielt sie dann zwar doch wieder ausgezahlt, seine finanzielle Lage blieb aber prekär, zumal er gesundheitliche Probleme hatte. 1939 ging er ins Exil in die Niederlande, die Heimat seiner Frau. Mithilfe von Unterstützern konnte er zwar auch unter der deutschen Besetzung der Niederlande der Verfolgung der Nazis entgehen, lebte aber in finanziell wie gesundheitlich prekären Verhältnissen und starb am 5.3.1945 in Voorburg an Unterernährung und einer Herzschwäche, ohne das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt zu haben. Wilhelm von Sternburg, der 2019 eine Biographie über Landmann veröffentlichte, begann diese mit dem Satz „Das Ende ist schwer.“ Das ist nicht wiedergutzumachen. Das Andenken Ludwig Landmanns als großem Oberbürgermeister wiederherzustellen, ist aber möglich – und Schritte dazu wurden nun getan, die Biographie zählt ebenso dazu wie der eingangs genannte Preis.

 

 

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Textquellen:

Sternburg, Wilhelm von: Ludwig Landmann: Ein Porträt, Frankfurt am Main: S. Fischer,  2019.

Rebentisch, Dieter: Landmann, Ludwig in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von >https://frankfurter-personenlexikon.de/node/3021< am 30.05.2022.

Gespräch mit Wilhelm von Sternburg und Andreas von Schoeler über Ludwig Landmann: abgerufen von

>https://www.juedischesmuseum.de/blog/ludwig-landmann-vermaechtnis/< am 30.05.2022.

Bericht in der FR über Ludwig Landmann: abgerufen von >https://www.fr.de/frankfurt/verdraengte-oberbuergermeister-13013933.html< am 30.05.2022.

Seite zur Verleihung des Ludwig-Landmann-Preises: abgerufen von >https://www.juedischesmuseum.de/besuch/detail/ludwig-landmann-preisverleihung/< am 30.05.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild:

Ludwig Landmann, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Bereich des ehemaligen Fischsteinkreisels im Verlauf der Ludwig-Landmann-Straße. An dieser Stelle wendet sich die Straße Richtung Nordwesten, 2014, Urheber: Wolfgang Vorbeck via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Opel RAK.1 im Flug, 1929, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Gedenktafel für Landmann an dessen Wohnhaus in Frankfurt-Sachsenhausen, 2010, Urheber: Frank Behnsen via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

 

 

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