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Ulf Annel

Rinderschwanzsuppe und Kindertanzgruppe
Fröhliche Gedichte

Der Erfurter Autor Ulf Annel spielt mit dem Sinn und Unsinn von Worbedeutungen. Ein Buch für die ganze Familie mit farbigen Illustrationen von Katrin Kadelke.

Petra Roth

Petra Roth

Ralph Zade

„Mädche, warum machst Du des net?“ soll Helmut Kohl nach Aussage des früheren Frankfurter Stadtkämmerers und CDU-Granden Ernst Gerhardt etwas paternalistisch zu Petra Roth gesagt haben, als jemand gesucht wurde, der für die CDU für das Amt des Frankfurter Oberbürgermeisters kandidieren würde. Und sie sagte zu. Ihre Kandidatur kam auch in ihrer Partei für viele überraschend, zumal man ursprünglich den ehemaligen Forschungsminister Heinz Riesenhuber hatte aufstellen wollen, der dann aber kein Interesse hatte. Noch überraschender war, dass sie die Wahl 1995, die nach einer Kommunalrechtsänderung die erste Direktwahl eines Oberbürgermeisters in Frankfurt war, gewann – sie musste gegen den Amtsinhaber Andreas von Schoeler (SPD) antreten, sodass zu ihren Lasten von einem Amtsbonus auszugehen war. Am überraschendsten schließlich war es, dass sie die Frankfurter Oberbürgermeisterin mit der längsten Amtszeit – 17 Jahre – wurde, in Frankfurt und darüber hinaus allseits beliebt und respektiert und ein Maßstab für nachfolgende Amtsinhaber.

Dabei war Petra Roth ursprünglich gar keine Frankfurterin sondern wurde 1944 mit dem Geburtsnamen Petra Martin in Bremen geboren – einer Stadt, in der die CDU bis heute vergeblich darauf wartet, einmal den Oberbürgermeister stellen zu können. Und auch ihre Ausbildung – nach der Mittleren Reife besuchte sie in Bremen die Höhere Handelsschule und machte anschließend in Freiburg eine Lehre als Arzthelferin – war nicht so geartet, dass sie auf die spätere Übernahme einer politischen Leitungsfunktion hingedeutet hätte. Erst 1964, mit 19 Jahren, zog Petra Martin aufgrund einer dann gescheiterten ersten Ehe nach Frankfurt. Später heiratete sie den Abteilungsleiter beim Hessischen Rundfunk Erwin Roth, dessen Nachnamen sie bis heute trägt, bekam von ihm zwei Kinder, trat 1972, von Rainer Barzel beeindruckt, in die CDU ein und begann, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren. Kometenhaft war ihr Aufstieg nicht, und das beabsichtigte sie auch nicht, eher kann man von sachbezogenem Fleiß sprechen. Auf Stationen als Sozialbezirksvorsteherin, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und Mitglied des hessischen Landtags, begleitet von Parteiämtern wie dem als Vorsitzende der hessischen Frauenunion und Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Frankfurt, folgte 1993 die Wahl zur Vorsteherin der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.

Am 25.6.1995 setzte sie sich dann bei der Direktwahl durch. Der Amtsinhaber hatte politisch ungeschickt agiert, außerdem war Petra Roth innerhalb der Hessen-CDU, die damals im bundesweiten Vergleich als rechts galt – Namen wie Alfred Dregger und Manfred Kanther stehen dafür – eher dem linken Flügel zuzuordnen, was sie für Wähler der Mitte attraktiv machte. Getrübt wurde ihr Triumph nur dadurch, dass ihr deutlich älterer Ehemann ein Jahr vorher gestorben war und den Wahlsieg nicht mehr miterleben konnte. Petra Roth setzte von Anfang an auf Kooperation; schon in ihrer ersten Rede nach der Wahl forderte sie ein „Ende der Konfrontationspolitik“. Das entsprach ihrem Wesen, hatte aber auch praktische Gründe – die Direktwahl als Oberbürgermeisterin sicherte ja nicht gleichzeitig auch eine Mehrheit im Stadtparlament.

Themen, die sie nun anging, waren die Herstellung von mehr Bürgernähe, die Konsolidierung der Stadtfinanzen und die Bekämpfung der Kriminalität – all das in der Öffentlichkeit eher wenig umstritten – und die Bekämpfung der Drogenabhängigkeit. Die liberale Drogenpolitik, die unter anderem in der Einrichtung einer Suchtambulanz bestand, in der im Rahmen eines Modellversuchs an schwer Drogenabhängige ärztlich kontrolliert Heroin abgegeben wurde, war schwer umkämpft und hatte vor allem in Roths eigener Partei zahlreiche Gegner.

Zweimal – 2001 und 2006 – wurde Petra Roth wiedergewählt. Bundesweite Bekanntheit erlangte sie u. a. durch ihre zeitweilige Übernahme der Präsidentschaft des Deutschen Städtetages – ein Amt, in dem sie sich mit ihrem Münchner Amtskollegen Christian Ude (SPD) abwechselte. 2006 plädierte sie – das Wahlergebnis machte es nötig – für eine schwarz-grüne Koalition in der Stadtverordnetenversammlung, was damals noch innovativ war, und brach auch insofern Gräben auf. Dass eine solche Koalition gerade in Hessen mit seiner konservativen CDU einmal auf Landesebene zustande kommen würde, hätte sich damals niemand vorstellen können.

Roths Regierungsstil wurde weithin als „präsidial“ charakterisiert, als über den Parteien stehend – den Bürgern gefiel das, ihren Parteifreunden nicht immer. Gelegentlich wurde sie als Kandidatin für das Bundespräsidentenamt ins Gespräch gebracht, zu dem ihr politischer Stil gut gepasst hätte, dann aber doch nicht nominiert.

Als Petra Roth 2011 ankündigte, ihr Amt aufgeben zu wollen, um einen Generationswechsel einzuleiten, waren viele überrascht. Die Nominierung von Boris Rhein, der sich als hessischer Innenminister den Ruf eines parteiintern eher rechts stehenden Ordnungspolitikers erworben hatte, als OB-Kandidat der CDU erwies sich als Fehler ihrer Partei – es siegte der bis dahin weithin unbekannte SPD-Kandidat Peter Feldmann. Feldmann hat mittlerweile ein eigenes Profil gewonnen und konnte 2018 eine weitere Wahl für sich entscheiden.

Wenn die Alt-Oberbürgermeisterin Petra Roth an Kulturveranstaltungen in Frankfurt teilnimmt, was öfter der Fall ist, wird die inzwischen mit mehreren Ehrendoktortiteln ausgestattete Nichtakademikerin besonders gern willkommen geheißen – ihrem studierten Nachfolger wird ein gewisses Desinteresse an Kultur nachgesagt. Und an ihre von Kooperationsbemühen geprägte Amtszeit denkt in einer Zeit, in der politische Auseinandersetzungen mit einer nie dagewesenen Schärfe geführt werden, mancher Bürger gern zurück.


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Bildquellen:

Vorschaubild: Petra Roth auf der Preisverleihung des Konrad-Adenauer-Preises, September 2012, Köln, Urheber: Raimond Spekking via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Petra Roth, 2009, Urheber: Dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Petra Roth in der Frankfurter Paulskirche, 2009, Urheber: Dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.


Textquellen:

Arning, Matthias : Petra Roth – Die Biographie, Westend Verlag, Frankfurt 2012.

Interview der Frankfurter Rundschau mit Ex-Stadtkämmerer Ernst Gerhardt über Petra Roth: abgerufen von >http://www.fr.de/frankfurt/ob-wahl-frankfurt/petra-roth-und-helmut-kohl-maedche-warum-machst-du-des-net-a-837220< am 13.09.2018.

Seite der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Petra Roth: abgerufen von > http://www.kas.de/wf/de/37.8300/< am 13.09.2018.

Interview der Süddeutschen Zeitung mit Petra Roth nach ihrer Amtszeit: abgerufen von >https://www.sueddeutsche.de/politik/frankfurts-ehemalige-ob-petra-roth-im-gespraech-die-cdu-macht-sich-zu-recht-sorgen-1.1504408< am 13.09.2018.

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