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Christoph Werner
Um ewig einst zu leben

Roman

Um 1815 zwei Männer, beide Maler - der eine in London, der andere in Dresden; der eine weltoffen, der andere düster melancholisch. Es sind J. M. William Turner und Caspar David Friedrich. Der Roman spielt mit der Verbindung beider.

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Lili Schönemann

Lili Schönemann

Sabine Gruber

In Offenbach hinter der Mainstraße, nicht weit vom Mainufer entfernt und gegenüber dem zum Frankfurter Stadtteil Fechenheim gehörenden Mainuferpark, liegt der idyllische Lili-Park. Der Park ist nur noch ein kleiner Restbestand der einst großen Parkanlagen der Familien Bernard und d’Orville am Offenbacher Mainufer. Später lebte hier der Frankfurter Bankier Friedrich Metzler während des Sommermonate und noch später befand sich an dieser Stelle eine Schule. Doch nach welcher geheimnisvollen „Lili“ sind der Park und das erst aus der Metzlerschen Zeit stammende Badehaus (heute: Lilitempel) benannt?

In dem heute nicht mehr erhaltenen Haus der Familie d’Orville an den Parkanlagen feierte der 25jährige Johann Wolfgang Goethe am 23. Juni 1775 zunächst ein rauschendes Geburtstagsfest und schließlich – so erzählt er es jedenfalls in Dichtung und Wahrheit – seine Verlobung mit der dort gefeierten, gerade siebzehn Jahre alt gewordenen „Lili“, Anna Elisabeth Schönemann, der Tochter des bereits 1763 verstorbenen Bankiers Johann Wolfgang Schönemann und Elisabeths, geb. d’Orville, die hier in großbürgerlicher und adeliger Umgebung bei Verwandten ihrer Mutter lebte. Auch wenn die Verlobung wohl schon früher, nämlich an Ostern, stattgefunden hatte, war es wohl durchaus im Rahmen eines Festes und im luxuriösen Offenbacher Anwesen der Familie d’Orville. Goethe hatte die „niedliche Blondine“, als die er Lili in einem Brief beschrieb, Anfang 1775 bei einem Konzert kennengelernt. Zwar stammte auch Goethe aus einer wohlhabenden Familie, die Umgebung, in die er durch seine Liebe zu Lili Schönemann geriet, war aber doch etwas Anderes als das solide Umfeld der Goethes am Frankfurter Großen Hirschgraben. Mit Lili begegnete ihm die mondäne große Welt und deren Familie hatte wohl anderes mit der gutaussehenden und gebildeten jungen Frau im Sinn als ihre Heirat mit einem Juristen aus einem Frankfurter Bürgerhaushalt, auch wenn der durch seinen 1774 veröffentlichten „Werther“ gerade zu einem Erfolgsautor geworden war. Das Unbehagen ihrer Familie, aber auch der Goethes gegenüber der etwas überhasteten Verlobung, ebenso wie Zweifel der beiden Verlobten, führten zu deren Lösung im Oktober desselben Jahres.

Ein Beitrag, der 1849 in den „Blättern für Literarische Unterhaltung“ erschien, fasst die Gründe in wenigen Sätzen zusammen: „Wie sehr sich auch Goethe in der Liebe zu Lili gezogen fühlte, so konnte er doch nicht hoffen, daß die Hindernisse welche der Verbindung entgegenstanden, sich bald lösen dürften. Seinem Vater konnte die Verbindung mit einer andere Religionsgebräuche übenden, an ein glänzendes Gesellschaftsleben gewohnten Familie wenig zusagen, und er war sehr verdrießlich, daß der Sohn, statt der früher in Aussicht stehenden, zu den Verhältnissen seines, wenn auch stattlichen, doch auf äußern Glanz und ein bewegtes Gesellschaftsleben wenig berechneten Hauses ganz passenden Schwiegertochter, mit einer Staatsdame verbinden wolle.“ Obwohl es aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar erscheinen mag, hatten die traditionell lutherischen Frankfurter Vorurteile gegenüber den Zugezogenen, die wie die Familie Lili Schönemanns reformierten Glaubens waren. Zwar waren diese aufgrund ihres Wohlstands als Steuerzahler sehr willkommen, aber die alteingesessenen Frankfurter und Frankfurterinnen blieben ihnen gegenüber reserviert und vermieden es, sich mit den Familien zu verschwägern.

Seiner Liebe zu Lili Schönemann und der kurzen Verlobungszeit hat Goethe später in Dichtung und Wahrheit romanhafte Züge verliehen und Realität und literarische Gestaltung sind in Ermangelung ausreichender Quellen schwer voneinander zu trennen, wie sich unter anderem an der abweichenden Datierung der Verlobung zeigt. Wenige Jahre nach der Lösung der Verlobung heiratete Lili Schönemann den Straßburger Bankier Bernhard Friedrich von Türckheim (1752-1831). Dass sie, wie schon ihre Mutter, die nach dem Tod ihres Ehemanns seine Bankgeschäfte weiterführte, eine couragierte Frau war, zeigt ihre und ihrer Kinder Flucht vor der Terreur, die sie 1794 unter großen Schwierigkeiten allein organisierte. Die Lösung der Verlobung nach wenigen Monaten war kein Hindernis für freundschaftliche Kontakte Goethes zur Familie von Türckheim. Er wechselte gelegentlich Briefe mit seiner ehemaligen Verlobten und empfing deren Kinder und Enkel als Besucher in Weimar, auch noch nachdem Lili von Türckheim 1817 auf dem neu erworbenen Landgut der Familie in Krautergersheim im Elsass gestorben war. An Goethes Liebe zu Lili Schönemann erinnern mehrere seiner Gedichte wie etwa Lilis Park, das den Namen des heutigen Offenbacher Parks vorwegnimmt.

Ob der Germanist Heinrich Düntzer (1813-1901) zu Recht Goethes Bemerkung, Lili Schönemann sei seine „erste und letzte“ Liebe gewesen, in Zweifel zog, was später zu dem Düntzer angedichteten Diktum „Hier irrt Goethe“ führte, sei dahingestellt. Jedenfalls hat Goethe die Erinnerung an seine Verlobte und an den aufregenden Frühling und Sommer des Jahres 1775 nie verlassen.

 

 

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Textquellen

Jeßing, Benedikt: Schönemann, Anna Elisabeth in: Metzler Goethe-Lexikon. Hrsg. von Benedikt Jeßing, Bernd Lutz und Inge Wild, Stuttgart/Weimar, 1999, S. 441f.

Goethe’s Lili (Fortsetzung) in: Blätter für literarische Unterhaltung. Freitag, 5. October 1849, Nr. 239, S. 953-956.

Picard, Tobias: Schönemann, Lili. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von >https://frankfurter-personenlexikon.de/node/1122< am 04.10.2022.

Stricker, Wilhelm: Goethe und Frankfurt am Main: Die Beziehungen des Dichters zu seiner Vaterstadt, Berlin, 1876.

>https://www.offenbach.de/gaeste/Sehenswert/parks/lilipark.php/< abgerufen am 04.10.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Lili_Sch%C3%B6nemann< abgerufen am 04.10.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Hier_irrt_Goethe< abgerufen am 04.10.2022.

 

Bilderqulle:

Vorschaubild: Lili Schönemann, 1770, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Blick zum Lili-Tempel mit davorliegendem Gartenteich, 2007, Urheber: Stadt Offenbach am Main via Wikimedia Commons CC BY-SA 2.0.

Gedenktafel in Offenbach, 2009, Urheber: ChristosV via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Lili von Türckheim geb. Schönemann im Kreise ihrer Familie 1789, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

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