Wenn man rund um den Bockenheimer Kirchplatz unterwegs ist, kann man es kaum übersehen: das rot-weiße Grempsche Haus, ein prächtiger Adelshof aus der Renaissancezeit an der Ecke der Ginnheimerstraße und der Grempstraße. Es gehört zu den ältesten erhaltenen nicht-kirchlichen Gebäuden Bockenheims und wohl auch Frankfurts, und schon die Reiseführer des 19. Jahrhunderts erwähnen den repräsentativen Adelshof, oft – wie das „Inventarium der Baudenkmäler im Königreiche Preussen“ – sogar als einzige Sehenswürdigkeit des Dorfes. In der 1858 erschienen „Geschichte der Provinz Hanau“ von Carl Arnd heißt es in dem Abschnitt über Bockenheim unter anderem: „Erst nach dem Abzug der Frankfurter, erfolgte die Gründung einer eigenen Pfarrei für die Gemeinde Bockenheim. Hierbei blieb Bockenheim immer noch ein Dorf, welches im Jahre 1774 nur 600 Einwohner zählte und sich nur durch den Edelhof der Herren von Gremp, und durch das Palais der Prinzessin von Anhalt-Dessau von anderen Dörfern auszeichnete.“
Das Grempsche Haus, das auch als Grempscher Hof (oder auch Hofhaus) bezeichnet wird und heute zu den Gebäuden des St. Elisabeth-Krankenhauses gehört, war – für Adelshöfe in der Frankfurter Gegend ungewöhnlich – jahrhundertelang im Besitz derselben Familie: 1580 wurde die Familie Gremp von Freudenstein mit dem Besitz im Bockenheimer Ortskern belehnt, zu dem ursprünglich auch ein großes Gehöft mit Wirtschaftsgebäuden gehörte, das im späten 19. Jahrhundert abgerissen wurde. Sie ließ eine Vorstufe des heutigen Grempschen Hauses errichten, und behielt den Besitz bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Grempsche Haus stammt in seiner heutigen Gestalt wohl im Wesentlichen aus dem 17. Jahrhundert, wird von einem Renaissanceportal geschmückt und hat einen achteckigen Treppenturm wie man ihn an vielen Gebäuden aus der Renaissancezeit sieht. Das Gebäude, das bereits vor der Frühform des heutigen Grempschen Hauses an dieser Stelle stand, und erst den Herren von Münzenberg und Falkenstein und später den Herren von Hanau gehörte, war mittelalterlich und damals eines der wenigen Steingebäude des Dorfes.
Eigentlich stammte die Familie Gremp von Freudenstein aus dem Württembergischen, aus der Gegend von Maulbronn; sie gehörte zur Reichsritterschaft. Über die 1580 erfolgte Belehnung von Dionys Gremp von Freudenstein mit dem Bockenheimer Besitz berichtet Ludwig Heinrich Euler in seiner Geschichte von „Dorf und Schloss Rödelheim“: „[...] doch wurden seine Lehen nach seinem Tode anderweitig an Dionys Gremp von Freudenstein gegeben und dessen Revers wegen seines neuen Mannlehens datiert von 1580 […]. Das Lehen wurde nun nach dem neuen Besitzer genannt. Es ist der große Hof hinter der Kirche zu Bockenheim an den Wiesen […].
Der Neubau des Grempschen Hauses erfolgte wohl zwischen 1582 und 1593 (diese Daten zeigen jedenfalls die beiden Wappen über dem Portal). Das heutige, zweigeschossige Gebäude, im Wesentlichen aus dem 17. Jahrhundert, wurde in den folgenden Jahrhunderten immer wieder umgebaut. Eine Beschreibung des Gebäudes in den „Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Frankfurt a. M.“ vom Oktober 1859 gibt aber schon weitgehend den heutigen Eindruck wieder: „Die Kemnate, das steinerne Haus mit hohen Dache, stehet mit der Giebelseite nach der Strasse zu; auf der langen nördlichen Seite befindet sich der vorspringende Treppenthurm mit einem Haubendache, über dem Eingang ist ein Stein mit zwei Wappenschildern und der Jahrszahl 1593 eingefügt. Der linke Schild zeigt einen Schwan mit aufgerichteten Flügeln, einen Ring im Schnabel haltend, der rechte zwei Querbalken.“
Infolge der Aufhebung des Lehenswesens verkaufte die Familie Gremp von Freudenstein in der Mitte des 19. Jahrhunderts Haus und Gehöft an die Freiherren von We(t)zel. 1859 wurden sie von einem Sohn des Frankfurter Stadtgärtners Sebastian Rinz erworben, der ebenfalls als Gärtner tätig war, später hatte hier eine Schule ihren Sitz. Während der Zeit des Nationalsozialismus war das Grempsche Haus Sitz der Ortsgruppe der NSDAP. An das Adelsgeschlecht der Gremp von Freudenstein und seine Bockenheimer Besitzungen erinnert seit 1895 die Grempstraße, die an dem Adelshof vorbeiführt.
Adresse
Grempstraße 36
60487 Frankfurt a. M.
(Besichtigung nur außen)
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Textquellen
Latsch, Marie-Luise: Bockenheimer Straßen erzählen von gestern, heute und morgen: Freunde Bockenheims e.V.-Verein für Ortsgeschichte (Hrsg.): Memmendorf, 2006.
Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Hessen II, Regierungsbezirk Darmstadt; Cremer, Folkhard (bearbeitet nach): Münschen/Berlin, 2008.
Euler, Ludwig Heinrich: Dorf und Schloss Rödelheim: Beiträge zu der Geschichte desselben: Frankfurt am Main, 1859.
Arnd, Carl: Geschichte der Provinz Hanau und der unteren Maingegend: Hanau, 1858.
Inventarium der Baudenkmäler im Königreiche Preußen mit Benutzung amtlicher Aufzeichnungen aufgestellt und herausgegeben im Auftrage des Ministeriums für geistliche,- Unterricht- und Medicinal-Angelegenheiten: Provinz Hessen-Nassau: Regierungsbezirk Kassel, 1870.
Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Frankfurt a.M.; No. 3: Frankfurt a.M., 1859.
Pierer's Universal-Lexikon, Bd. 7: Altenburg, 1859, S. 580f.
Bildquellen
Vorschaubild: Ehewappen über der Tür des Grempschen Hauses, 2012, Urheber: Karsten11 via Wikimedia Commons CC0.
Frankfurt Bockenheim Grempsches Haus, 2007, Urheber: FlyingScotsman via Wikimedia Commons CC BY 3.0.