Er ist neben dem Rödelheimer Wappen eines von zwei Wahrzeichen Rödelheims, der Wasserturm am Seegewann, einer Seitenstraße der breiten Straße Am Seedamm. Der Wasserturm war ein Teil der zahlreichen Neuerungen, die die Erhebung Rödelheims zur Stadt im Jahr 1885 mit sich brachte. Rödelheim nahm damals einen großen Aufschwung, als Standort von Firmen und als Wohnort zahlreicher Einwohner, die – wie auch noch heute – nach Frankfurt zur Arbeit pendelten. Die Einwohnerzahl von Rödelheim war von 1871 im Jahr 1834 auf 4264 im Jahr 1885 emporgeschnellt. Nach der Stadterhebung wurde viel Geld in eine Verbesserung der Infrastruktur investiert. Schon im Jahr 1861 war die Bahnstrecke Frankfurt-Rödelheim-Bad Homburg eingerichtet worden, 1874 dann die Bahnstrecke nach Kronberg. Nach der Stadterhebung wurde 1889 die Pferdebahn von Bockenheim nach Rödelheim weitergeführt, aber auch die Wasserversorgung auf den neuesten Stand gebracht, den Meyers Konversationslexikon von 1897 folgendermaßen beschrieb: „Bei der Ungleichmäßigkeit des Wasserverbrauchs in den verschiedenen Tagesstunden ist es notwendig, in das Wasserleitungsnetz ein Hochreservoir einzuschalten, welches für die Stunden stärksten Verbrauchs genügenden Vorrat enthält. Das Reservoir wird aus Mauerwerk (auch aus Beton) hergestellt, wenn in der Nähe des Versorgungsbezirks natürliche Bodenerhebungen vorkommen, die so hoch sind, daß der Wasserspiegel im Reservoir um einige Meter höher steht als die höchstgelegenen Auslaufstellen. Andernfalls wird ein eisernes Reservoir auf einen künstlichen Aufbau gestellt (Wasserturm).“ Die Wasserversorgung wurde im späten 19. Jahrhundert nach und nach auf Rohrnetze umgestellt, die Wasser direkt in die Wohnungen leiteten, was ungleich komfortabler war als das Wasser aus Brunnen holen zu müssen. Um den Wasserdruck in den Leitungen zu erhöhen, musste das Wasser so hoch wie möglich gespeichert werden. Wie im Konversationslexikon beschrieben, war das nicht ohne Hochbehälter möglich.
Zwei Jahre nachdem das Konversationslexikon den Bau von Hochreservoiren beschrieben hatte, entschieden sich die Rödelheimer, wohl mangels einer geeigneten Erhebung, für den Bau eines Hochreservoirs in Form eines Wasserturms. In der Nähe des Turms wurden zudem mehrere Brunnen gebohrt, wobei man unter anderem auf ein kleines Braunkohlevorkommen stieß, deren Förderung allerdings nicht als lohnenswert erschien. Für den Bau des Turmes hatten sich mehrere Architekten beworben und Zeichnungen eingereicht. Einer Überlieferung nach soll die Tochter eines Rödelheimer Stadtverordneten den eleganten Entwurf mit dem in einer Spitze endenden Turm, der von einer Wetterfahne gekrönt wird, als schönsten ausgewählt, und ihr Vater sich deshalb für diesen später realisierten Entwurf entschieden haben. Pünktlich zum Beginn des neuen Jahrhunderts, um 1900, war der 51 Meter hohe, stattliche Turm mit einem Durchmesser von 9,50 Metern und einem Fassungsvermögen von 380 Kubiklitern (1 Kubikliter entspricht 1000 Litern) fertig. Sein mit Steinen verkleideter Fuß ist zehn Meter hoch und sein Schaft reicht auf 27 Meter Höhe. Ganz oben, in dem mit Schiefer verkleideten Abschnitt, befand sich der Wasserbehälter. Der Turm stand damals noch am Rand des Ortes mitten im Grünen. Heute dagegen ist er von Straßen und Häusern umringt, die er aber alle überragt. Dank ihm ist Rödelheim weithin sichtbar.
Im Jahr 1910 verlor Rödelheim seine Unabhängigkeit und wurde ein Stadtteil Frankfurts. Damit verbunden war auch der Anschluss an die Frankfurter Wasserversorgung. Der Rödelheimer Wasserturm verlor weitgehend seine Funktion, wurde zunächst noch als Notreservoir genutzt, und ist heute weniger nützlich als schön. Fotografen loben ihn als interessantes Motiv. Er gilt überhaupt als einer der schönsten Wassertürme Deutschlands und steht inzwischen unter Denkmalschutz. In Publikationen über Rödelheim wird er gern als Motiv verwendet und schmückt die Umschläge einschlägiger Bücher und Broschüren. Genutzt wird der Turm auch noch, aber nicht mehr als Wasserspeicher sondern als Bürogebäude.
Adresse
Wasserturm Rödelheim
Seegewann 19
60489 Frankfurt am Main
*****
Textquellen :
1200 Jahre Rödelheim.788-1988: 1200 Jahre Rödelheim e.V.: Schwanheim, 1988.
Alt-Rödelheim: Ein Heimatbuch von Dr. Emil Hartmann und Paul Schubert: Frankfurt a. M., 1921.
Beiträge zur Rödelheimer Geschichte 1. Rödelheimer Geschichte und Geschichten. Hrsg. vom Heimat- und Geschichtsverein e. V. Frankfurt am Main 2006.
Meyers Konversations-Lexikon. 5. Aufl. Bd. 17. Leipzig/Wien 1897 (Artikel: Wasserleitungen).
Prediger, Nicole: Instrumente und Finanzierungsmodelle zur Stärkung des Einzelhandels in Stadtteilzentren. Das Beispiel Frankfurt-Rödelheim: Hamburg, 2011.
https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3865... aufgerufen am 30.09.2018.
https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt-R%C3%B6del... aufgerufen am 30.09.2018.Bildquellen:
Vorschaubild: Alter Wasserturm in Rödelheim, 2007, Urheber: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
viaFrankfurt, 1893: Das Rebstockgelände um 1890, Urheber: unbekannt; hochgeladen von: Magadan via Wikimedia Commons gemeinfrei.