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Zu Gast in Weimar

George Eliot; deutsche Übersetzung: Nadine Erler

Zu den vielen Künstlern, die es nach Weimar zog, gehörte auch die englische Schriftstellerin George Eliot. Im Sommer 1854 verbrachte sie drei Monate im kleinen, doch weltberühmten Städtchen an der Ilm. George Eliots schriftlich festgehaltenen Eindrücke sind äußerst amüsant. Dieser Blick einer Fremden lässt Weimar in anderem Licht erschienen.

Broschüre, 40 Seiten, 2019


Willemer-Häuschen in Sachsenhausen

Willemer-Häuschen in Sachsenhausen

Sabine Gruber

Heute ist das "Stöffsche", der dort gekelterte Apfelwein, das bekannteste Getränk Frankfurts. Dass in der Stadt auch Traubenwein gekeltert wurde und – immer noch – wird, ist dagegen weniger bekannt. Das letzte verbliebene Weinanbaugebiet innerhalb Frankfurts, der Lohrberger Hang, befindet sich im heutigen Stadtteil Seckbach. Im 19. Jahrhundert gab es auch in anderen höher gelegenen Teilen der Stadt Weinberge. So berichtet noch ein Reiseführer des frühen 19. Jahrhunderts: "Die Anhöhen an den beiden Mainufern oberhalb der Stadt, der Röder- und Mühlberg, sind vorzugsweise mit Reben angepflanzt" (Anton Kirchner, Ansichten von Frankfurt am Main der umliegenden Gegend und den benachbarten Heilquellen, 1. Teil, Frankfurt a. M. 1818). Auf dem Mühlberg im südöstlichen Teil Sachsenhausens gab es nicht nur Weinanbau, sondern darüber hinaus machten hierhin im 18. und 19. Jahrhundert – wegen der idyllischen Gärten und Rebenhänge und des schönen Blicks – viele Frankfurter ihre Sonntagsausflüge. Wer es sich leisten konnte, machte nicht nur einen Ausflug auf den Mühlberg, sondern kaufte sich gleich ein Sommer- und Gartenhaus oder ließ sich eines bauen, um in der schönen Jahreszeit auch längerfristig aus dem Trubel der Stadt hierhin entfliehen zu können.

Noch heute findet sich eines dieser Häuschen inmitten von Ein- und Mehrfamilienhäusern neueren Datums auf dem Mühlberg, das so genannte Willemer-Häuschen. Das kleine, schmale, schindelgedeckte Häuschen im klassizistischen Stil, das eher an einen Turm erinnert, wurde 1809 von dem Frankfurter Bankier Johann Jakob Willemer als Gartenhäuschen erworben. Im Laufe der Jahre sah es viele Gäste. Der bekannteste unter ihnen war sicher Johann Wolfgang Goethe. Er feierte hier am 18. Oktober 1814 den Jahrestag der Leipziger Völkerschlacht. Durch den weiten Ausblick, den man damals vom Mühlberg aus hatte, konnte man dort besonders gut die Freudenfeuer sehen, die am Gedenktag überall auf den Anhöhen der Umgebung entzündet wurden. Goethes Briefwechsel mit Marianne von Willemer (seit September 1814 mit Willemer verheiratet, aber schon vorher als Pflegetochter bei ihm lebend), mit der ihn zeitweise eine heimliche Liebe verband, regte ihn zu seinem "West-östlichen Divan" an. Nicht zuletzt nahm er in das Werk auch einige Gedichte Marianne von Willemers auf. Ihr Name als Mitautorin erschien jedoch nicht auf dem Buchtitel und wurde von ihm auch später nicht öffentlich bekannt gemacht. Marianne von Willemer, die über ihre Beziehung zu Goethe nicht gern sprach und sich erst im Alter vorsichtig einigen Vertrauten offenbarte, wird dies, obwohl dadurch ihr dichterisches Talent unerwähnt blieb, nicht unrecht gewesen sein.

Willemer-Häuschen in Sachsenhausen
Willemer-Häuschen in Sachsenhausen

Goethe und Marianne – damals noch Marianne Jung – hatten sich im August 1814 bei einem gemeinsamen Essen im Wiesbadener Hotel "Zum Bären" kennengelernt, als Goethe erstmals seit siebzehn Jahren wieder seine Heimat besuchte. Eigentlich hatte Goethe bei diesem Essen nur Willemer erwartet, aber der brachte die junge Marianne mit. Goethe war begeistert von der gut aussehenden, charmanten und gebildeten jungen Frau. Marianne Jung hatte damals schon ein bewegtes Leben hinter sich. Sie stammte aus Österreich, war die uneheliche Tochter einer Schauspielerin und war bereits als 14jährige im Frankfurter Theater als Tänzerin aufgetreten, wo unter anderem Clemens Brentano sie bewunderte und sich in sie verliebte. Nach der ersten Begegnung in Wiesbaden besuchte Goethe Willemer und Marianne Jung schon bald auf der Gerbermühle in Oberrad, dem eigentlichen Sommerdomizil der Familie Willemer. 1815, während Goethe mit Marianne von Willemer in regelmäßigem Austausch stand, entstanden zahlreiche Gedichte seines "West-östlichen Divan", der auch als lyrisches Wechselspiel von Hatem und Suleika angelegt ist. Als Marianne von Willemers Mitwirkung am "West-östlichen Divan" später bekannt wurde, wurde sie mit "Suleika" identifiziert. Goethe jedenfalls schenkte ihr – nachdem das Werk 1819 erschienen war – ein ganz besonderes Exemplar des Buches mit einem Widmungsgedicht: Er hatte darin die Buchstaben des arabischen Titels mit Farbe und Gold ausmalen lassen. Eines der schönsten Gedichte Marianne von Willemers, die in den "West-östlichen Diwan" übernommen wurden, ist ihr – später mehrfach vertontes – Lied vom Westwind:

Marianne von Willemer und Johann Wolfgang von Goethe
Marianne von Willemer und Johann Wolfgang von Goethe

Ach! um deine feuchten Schwingen,

West, wie sehr ich dich beneide:

Denn du kannst ihm Kunde bringen,

Was ich in der Trennung leide.


Die Bewegung deiner Flügel

Weckt im Busen stilles Sehnen,

Blumen, Augen, Wald und Hügel

Stehn bey deinem Hauch in Thränen.


Doch dein mildes sanftes Wehen

Kühlt die wunden Augenlieder;

Ach, für Leid müßt’ ich vergehen,

Hofft’ ich nicht zu sehn ihn wieder.

[...]

Auch wenn sie sich nicht mehr sahen, standen Goethe und Marianne von Willemer bis zu seinem Tod in Briefkontakt, und dabei wurde immer wieder auf die gemeinsamen Erlebnisse in den Jahren 1814 und 1815 in Frankfurt und der Frankfurter Umgebung verwiesen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Willemer-Häuschen weitgehend zerstört. Seit 1962 wurde es nach den alten Plänen und auf der Basis seiner erhalten gebliebenen Grundmauern rekonstruiert und kann heute wieder besichtigt werden. Es ist sonntags (von Ostersonntag bis Mitte Oktober) von 11-16 Uhr geöffnet (Stand: Mai 2016).

Adresse: Hühnerweg 74, 60599 Frankfurt am Main



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Bildquellen:

Das Willemer-Häuschen. Urheber: Frank Behnsen viaWikimedia Commons CC-BY-SA 2.0 de

Willemer-Häuschen in Sachsenhausen von Johann Georg Mohr (1864-1943), gemeinfrei

Marianne von Willemer Und Johann Wolfgang von Goethe. Erstellt von Andreas Werner, gemeinfrei

Textquellen:

https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3833&_ffmpar[_id_inhalt]=8395 aufgerufen am 30.05.2016

https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3865&_ffmpar[_id_inhalt]=2461090 aufgerufen am 30.05.2016

http://www.kultur-frankfurt.de/portal/de/Startseite/WillemerHaeuschen/10/86/42825/mod279-details1/1159.aspx aufgerufen am 30.05.2016

Dagmar von Gersdorff: Marianne von Willemer und Goethe. Geschichte einer Liebe. Frankfurt a. M. und Leipzig 2003

Johann Wolfgang Goethe: West-oestlicher Divan. Stuttgart 1819

Rita Henss: Baedeker. Frankfurt am Main. Ostfildern 2014

Anton Kirchner: Ansichten von Frankfurt am Main der umliegenden Gegend und den

benachbarten Heilquellen. 1. Teil. Frankfurt a. M. 1818

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