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Deutschordenskirche

Deutschordenskirche

Sabine Gruber

Die Deutschordenskirche

Wenn man von der Frankfurter Innenstadt aus über die Alte Brücke den Main überquert, stößt man am Sachsenhäuser Ufer auf einen größeren, rot-weißen Gebäudekomplex, der in seiner modernen Umgebung – größtenteils Geschäftshäuser der 60er, 70er und 80er Jahre – wie aus der Zeit gefallen wirkt. Es ist die Deutschordenskommende mit der Deutschordenskirche. Die Kommende erstreckt sich von der Uferstraße, die hier nach der Ordensniederlassung „Deutschherrnufer“ heißt, zur Brückenstraße. Der Eingang der Deutschordenskirche befindet sich an der Brückenstraße. Die schmale Kirche mit ihrer schlichten Fassade gehört zu den ältesten Kirchen Frankfurts. Die 1845 erschienene „Historisch-topographische Beschreibung von Frankfurt a. M. und seiner Umgebung“ lobt „ihr schönes Ansehen von Aussen und ihre edle Einfalt im Innern“.

Wie viele sehr alte Kirchen ist auch die Deutschordenskirche eine Marienkirche. An der Stelle, an der heute das Ordenshaus und die Kirche stehen, befand sich im 12. Jahrhundert ein Spital. Unter dem Hochmeister Hermann von Salza ließ sich der Deutsche Orden 1221 in Sachsenhausen nieder. Er übernahm das Hospital und die dazu gehörige – romanische – Kirche und veranlasste in den Anfangsjahren des 14. Jahrhunderts einen Neubau der Kirche, jetzt im zeitgemäßen gotischen Stil. Nach einer nicht gesicherten Überlieferung wurde der Neubau im Jahr 1309 geweiht. Noch heute ist dieser gotische Bau erhalten – allerdings versteckt, denn seine Fassade wurde um 1751 von Ferdinand Kirchmeyer im Stil des Barock neu gestaltet, sodass man, wenn man die Kirche von außen sieht, einen ganz anderen Innenraum erwarten würde.

Frontansicht des Deutschordenskirche
Frontansicht des Deutschordenskirche


Das hohe, einschiffige Langhaus mit Kreuzrippengewölbe ist ganz auf den Chorraum mit dem Hochaltar konzentriert. Die barocke Himmelfahrt Mariae, die der venezianische Maler Giovanni Battista Piazzetta seit 1734 für den Hochaltar gemalt hatte, gelangte während der Revolutionskriege Ende des 18. Jahrhunderts nach Frankreich und befindet sich seit den 50er Jahren im Louvre. Die Figuren des heiligen Georg und der heiligen Elisabeth des Frankfurter Bildhauers Cornelius Andreas Donett auf der Orgelempore standen früher ebenfalls am Hochaltar. Von der Orgel des Frankfurter Orgelbauers Johann Christian Köhler aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist noch das Gehäuse erhalten. Die Orgel selbst ist seit 1881 eine Walcker-Orgel. Die Schäden, die die Deutschordenskirche im Zweiten Weltkrieg erlitt, wurden bereits kurz nach Kriegsende im Jahr 1947 beseitigt.

Die an die Kirche anschließende Deutschordenskommende mit drei zweistöckigen Flügeln wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts unter dem Hochmeister Franz-Ludwig von Pfalz-Neuburg als Ersatz für die vorher dort stehenden gotischen Gebäude neu errichtet. Die gotischen Kellergewölbe blieben dabei erhalten. Wie die barocke Fassade der Kirche ist auch das Ordenshaus eher schlicht gestaltet. Lediglich das Hauptportal wurde durch den Idsteiner Erich Neuberger mit einem aufwändigeren Figurenschmuck versehen. Nachdem der Deutsche Orden 1809 durch Napoleon aufgelöst worden war, ließ Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg die Ordensgeistlichen pensionieren. Die Kirche wurde zu dieser Zeit bereits nicht mehr für Gottesdienste genutzt, sondern diente als Magazin. Das Haus Habsburg, das die Kommende nach dem Wiener Kongress erhalten hatte, gab sie dem Orden 1836 zurück. Ende des 19. Jahrhunderts verkaufte der Deutsche Orden Kirche und Ordenshaus an die Stadt Frankfurt. Die Kirche wurde 1931 zur Pfarrei erklärt. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Deutschordenskommende vollständig aus und wurde erst in der ersten Hälfte der 60er Jahre wiederhergestellt. Bereits 1958 hatte der Deutsche Orden das Gelände zurückerworben. Die Kommende wurde jetzt Sitz des Priorates der Ballei Deutschland und blieb es bis 1998. Noch heute ist das wiederhergestellte Ordenshaus Sitz einer Niederlassung des Ordens und seit 2012 auch des Noviziates der deutschen Brüderprovinz. Mit der Neuordnung der Frankfurter Gemeinden im Jahr 2014 wurde die Deutschordenskirche zum Kirchort der mehrere Kirchen umfassenden Pfarrei St. Bartholomäus.

Seitenansicht der Kirche
Seitenansicht der Kirche

Obwohl die Deutschordenskirche nicht wie andere Frankfurter Kirchen während der Reformationszeit evangelisch wurde, sondern katholisch blieb, war sie auch von reformationsgeschichtlicher Bedeutung. Ein unbekannter Geistlicher aus der Deutschordenskommende verfasste hier im 14. Jahrhundert eine vom Geist der Mystik geprägte deutschsprachige Schrift vom „Vollkommenen Leben“ („Der Frankfurter“), die von Martin Luther sehr geschätzt wurde, und die er 1516 mit dem neuen Titel „Eyn deutsch Theologia“ im Druck veröffentlichte.

In einem Flügel des Deutschordenshauses befindet sich seit 1990 das Frankfurter Ikonenmuseum, das sich einer Stiftung von Jörgen Schmidt-Voigt (1917-2004) verdankt. Dessen 800 Ikonen umfassende Sammlung wurde inzwischen durch Leihgaben und Ankäufe erweitert.

Adresse: Brückenstr. 7, 60594 Frankfurt a. M.

Adresse Ikonenmuseum: Ikonenmuseum der Stadt Frankfurt, Stiftung Dr. Schmidt-Voigt, Brückenstraße 3-7, 60594 Frankfurt/M.

Öffnungszeiten: Di-So 10-17 Uhr, Mi 10-20 Uhr (Stand: November 2016)


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Textquellen

Frankfurt-Lexikon. Von Waldemar Kramer. Sonderausgabe für das Stadtschulamt Frankfurt. Frankfurt a. M. 1960.

Hessen. Kunstdenkmäler und Museen. Von Dieter Großmann, G. Ulrich Großmann, Gerhard Bott und Erich Herzog. 6. Aufl. Stuttgart 1987 (= Reclams Kunstführer Deutschland Bd. 4).

Historisch-topographische Beschreibung von Frankfurt a. M. und seiner Umgebung. Ein Handbuch für Fremde und Einheimische. Hrsg. v. Friedrich Krug. Frankfurt a. M. 1845.

http://www.deutschordenskirche.de aufgerufen am 04.12.2016

http://www.ikonenmuseumfrankfurt.de/ aufgerufen am 04.12.2016

http://www.eppsteiner-zeitung.de/archiv/content.php?newsid=688 aufgerufen am 04.12.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutschordenskirche_(Frankfurt_am_Main) aufgerufen am 04.12.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Theologia_deutsch aufgerufen am 04.12.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Christian_K%C3%B6hler aufgerufen am 04.12.2016


Bildquellen:

Vorschaubild: Anfang des Museumsufer mit dem Ikonenmuseum im Deutschordenshaus, neben der Deutschordenskirche. Im Vordergrund die Dreikönigskirche in Ffm-Sachsenhausen. Urheber: I, Dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Deutschordenhaus in Frankfurt, Main. Urheber: Popie via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Deutschordenskirche in Frankfurt, Germany. Urheber: Popie via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

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