"Cantate Domino", "Singt dem Herrn", nach den ersten Worten der lateinischen Übersetzung von Psalm 96, ist ein beliebter Titel geistlicher Liederbücher. Dass eine Kirche diesen Namen trägt, ist dagegen eher ungewöhnlich. In Frankfurt am Main nahm die im Stadtteil Heddernheim gelegene evangelische Kirche im Jahr 1980 diesen Namen an, nachdem die Kirchengemeinde zuvor vierzehn Jahre lang den profaneren Namen Römerstadtgemeinde gehabt hatte. Der Name der Kirche ist Programm, denn ihre Orgel ist für ihren Klang berühmt und sie ist mit ihrer sehr guten Akustik ein beliebter Ort für Konzerte. Nicht nur musikalisch, sondern auch architektonisch hat die Cantate-Domino-Kirche einiges zu bieten.
Die Kirche verdankt ihre Entstehung dem ersten großen Frankfurter Wohnungsbauprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Bau der zwischen den Stadtteilen Niederursel, Heddernheim und Praunheim angesiedelten Nordweststadt in den Jahren 1962 bis 1968. Die Kirche wurde eigens als evangelische Gemeindekirche für einen Teil der neu entstandenen Großsiedlung und zugleich für die bereits in den zwanziger Jahren von Ernst May (1886-1970) geplante Siedlung Römerstadt von 1963 bis 1966 gebaut. Architekten waren Walter Schwagenscheidt (1886-1968), der bereits im Rahmen des "Neuen Frankfurt" in der Messestadt tätig war, und Tassilo Sittmann (1928-2022).
Die an ihre Umgebung angepasste Gebäudegruppe, zu der die helle, quaderförmige Kirche, Gemeinderäume und das Pfarrhaus gehören, ist durch einen davor gelegenen kleinen Platz aus den sie umgebenden Wohnhäusern hervorgehoben. Der weiß gestrichene Kirchenraum und das Gestühl sind schlicht gestaltet. Wie bei vielen modernen Kirchen spielt eine neuartige Lichtregie eine wichtige Rolle. Der Kirchenraum erhält sein Licht nicht aus seitlichen Fenstern, sondern aus 55 Glaskuppeln in der Decke, die zugleich einen Blick auf den Himmel erlauben. Die Wand hinter dem erhöhten Altar schmückt ein von dem in Frankfurt geborenen Maler Heinz Kreutz (1923-2016) entworfener großer Wandteppich mit abstrakten Motiven, der in dem schlicht gestalteten Raum einen wichtigen Blickfang bildet. Markus Zink schreibt darüber in seinem Aufsatz über "Was ist Raum?": „Das Textil spannt sich zwischen Decke und Boden. Es erinnert mit seinen Kreisen, Schwüngen und Rauten an kosmische Formen. Das abstrakte Muster zieht den Blick des Betrachters an und trägt ihn. In einem schwebenden Gleichgewicht befindlich, nach oben sich verströmend, im unteren Drittel sich verdichtend, bringt der Wandbehang den Blick des Besuchers selbst ins Schweben, in selbstverständliche Auf- und Abbewegungen, wodurch der Betrachter nicht nur am Kunstwerk, sondern am ganzen Raumvolumen Anteil hat. Am dichten, farblich kühleren und dunkleren Teil des Teppichs kommt der Blick zur Ruhe, ohne sich aber auf diese Stelle festzulegen." Der Altar selbst besteht aus einem Tisch aus Olivenholz und einem danebenstehenden Standkreuz ohne Korpus.
Auf der rechten Seite des Kirchenschiffs, das die Gottesdienstbesucher und -besucherinnen durch ein Foyer betreten, befindet sich die Orgelempore und darunter eine Kapelle, die heute als Musikraum dient. Die wie die Kirche unter Denkmalschutz stehende und nach Art norddeutscher Barockorgeln gestaltete Orgel der ostfriesischen Firma Ahrend & Brunzema mit drei Manualen und 32 Registern, die erst 1970 in die Kirche integriert wurde, ist für ihren besonders schönen und vor allem für ältere Kirchenmusik geeigneten Klang bekannt. Gegenüber, auf der linken Seite des Kirchenschiffs, befindet sich die Sängerempore. Ein Kirchturm fehlt. Der wichtigste Grund hierfür ist wohl, dass er durch die zahlreichen Hochhäuser in der Umgebung kaum zu sehen gewesen wäre. Einen Ersatz für den fehlenden Kirchturm bietet eine Glockenwand mit drei Glocken, die ein Stück von der Kirche entfernt aufgestellt wurde und so an die frei stehenden Glockentürme zahlreicher mittelalterlicher Kirchen erinnert.
Die Gemeindearbeit der Kirche hat sich vor allem durch ihre offene Jugendarbeit und ihr soziales Engagement einen Namen gemacht. Heute hat hier auch die Gemeinde der Presbyterianischen Kirche von Ghana ihren Sitz. Seit ihrer Fusion mit den Gemeinden St. Thomas, Dietrich Bonhoeffer und Gustav Adolf im Jahr 2020 ist die Kirche Cantate Domino ein Kirchort der Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt am Main - Nordwest.
Adresse:
Evangelische Kirchengemeinde Cantate Domino
Ernst-Kahn-Straße 20
60439 Frankfurt am Main
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Textquellen:
Bush, Douglas; Kassel, Richard: The Organ: An Encyclopedia, New York, 2006.
Zink, Markus: Was ist Raum? Phänomenologische Notizen zu einer unendlichen Frage und ihrer Bedeutung für den Kirchenbau in: Raumerfahrungen. Raum und Transzendenz. Beiträge zum Gespräch zwischen Theologie, Philosophie und Architektur: Ansorge, Dirk; Ingenhoven, Christoph; Overdiek, Jürgen (Hrsg.), Münster, 1999, S. 102-125.
>http://www.cantatedomino-frankfurt.de/< abgerufen am 25.01.2023.
>https://de.wikipedia.org/wiki/Cantate-Domino-Kirche_(Frankfurt_am_Main)< abgerufen am 25.01.2023.
>https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Schwagenscheidt< abgerufen am 25.01.2023.
>https://de.wikipedia.org/wiki/Tassilo_Sittmann< abgerufen am 25.01.2023.
>https://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Kreutz< abgerufen am 25.01.2023.
>https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurt-Nordweststadt< abgerufen am 25.01.2023.
>https://kultur-frankfurt.de/portal/de/musik/EvangelischeKircheCantateDomino/41/171/26211/mod121-details1/5.aspx< abgerufen am 25.01.2023.
>https://www.strasse-der-moderne.de/kirchen/frankfurt-am-main-heddernheim-cantate-domino/< abgerufen am 25.01.2023.
Bildquellen:
Vorschaubild: Cantate-Domino-Kirche (Frankfurt-Heddernheim) Glocken, 2013, Urheber: Gaki64 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
Cantate-Domino-Kirche Frankfurt. 2013, Urheber: Gaki64 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
Frankfurt Cantate Domino Orgel, 2014, Urheber: Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
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