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Klinikclown Knuddel erinnert an die vielen Kindern und Jugendlichen, die er begleiten durfte, und in seinen Geschichten lässt er ihr Wesen und ihre Persönlichkeit nochmals aufleben. Geschichten über die Liebe und einen Clown im Sterbezimmer.

Frauenfriedenskirche

Frauenfriedenskirche

Sabine Gruber

Innenraum
Innenraum

Dass Frankfurt trotz seiner starken Zerstörung im Zweiten Weltkrieg, die überwiegend die historische Altstadt traf, noch zahlreiche architektonische Zeugnisse des neuen Bauens nach dem Ersten Weltkrieg besitzt, wird oft vergessen. Dabei handelt es sich nicht nur um Trabantensiedlungen, die der schon damals wachsenden Wohnungsnot entgegenwirken sollten, sondern auch um Kirchen. Eine davon ist die Frauenfriedenskirche auf der Ginnheimer Höhe im Stadtteil Bockenheim. Wie eine Festung bildet sie den markanten Abschluss der langen Zeppelinallee, einer Straße, die vom Westend nach Bockenheim verläuft und unter anderem von Wohnhäusern aus den 20er Jahren gesäumt wird.

Die Frauenfriedenskirche entstand im Rahmen eines ehrgeizigen Projektes des Katholischen Deutschen Frauenbundes. Hedwig Dransfeld (1871–1925), seit 1912 seine Vorsitzende und später auch Reichstagsabgeordnete der Zentrumspartei, äußerte erstmals 1916 – also noch während des Krieges – die Idee, den Gefallenen des Ersten Weltkriegs ein Denkmal zu setzen, und zwar nicht in Form einer der vielen Kriegergedenkstätten, sondern in Form einer Kirche. Gleichzeitig sollte das neue Bauwerk der Hoffnung auf Frieden Ausdruck verleihen. Es sollte in Marburg, dem Ort der heiligen Elisabeth, errichtet werden, und sein Name sollte „Cruzifixus-Friedenskirche“ sein. Man entschied sich dann jedoch dafür, die Kirche in Frankfurt, in der katholischen Diaspora zu erbauen.

Schon bald nach der Idee wurde eine Stiftung gegründet und für den Bau der Kirche gesammelt. Die Inflation von 1923 entwertete allerdings das Stiftungskapitel und machte eine neue Sammlung nötig. Hedwig Dransfeld verfolgte ihr Anliegen aber so zielstrebig, dass auch dieser Rückschlag sie nicht von ihrem Vorhaben abbringen konnte. Nach mehreren Jahren, in denen der Katholische Deutsche Frauenbund weiter für die Kirche sammelte, und nach einer generellen wirtschaftlichen Erholung war 1927 wieder ausreichend Kapital vorhanden. Ein Architekturwettbewerb wurde ausgeschrieben, den ein gemeinsamer Entwurf von Dominikus Böhm (1880–1955), damals ein Stararchitekt auf dem Gebiet des Kirchenbaus, und Rudolf Schwarz (1897–1961) gewann. Der Ausschuss für den Kirchenbau entschied sich jedoch für den Gewinner des dritten Preises: Hans Herkommer (1887–1956) aus Stuttgart.

Während vor dem ersten Weltkrieg noch neogotische Kirchen gebaut wurden oder Kirchen im damals modernen Jugendstil, folgt die Friedenskirche einem schlichten neuen Formenprogramm wie es unter anderem vom Bauhaus propagiert wurde. Eine Tafel am Eingangsportal informiert darüber, dass Hans Herkommer sich mit der auf „Christus als Zentrum bezogenen Hallenkirche an der liturgischen Bewegung der Frühzeit des 20. Jahrhunderts“ orientiert habe, und dass die Frauenfriedenskirche als sein Hauptwerk gelte. In der Mitte des beeindruckend hohen dreigliedrigen Kirchenportals befindet sich eine Mosaikstatue der Muttergottes als Friedenskönigin von Emil Sutor, umrahmt von zwei nicht-plastischen Mosaiken von Friedrich Stich. Der liturgischen Reformbewegung entsprechend hat die Gemeinde ungehinderte Sicht auf den Chorbereich mit dem Hochaltar, über dem ein Mosaik von Josef Eberz – passend zur Widmung der Kirche – den gekreuzigten Christus und Maria als trauernde, von sieben Schwertern des Schmerzes durchbohrte Mutter zeigt. Rechts und links sind 18 weibliche Heilige und Selige gruppiert. Wie historische Kirchengebäude hat auch diese moderne Kirche eine Krypta, in der sich eine Pieta von Ruth Schaumann befindet.

Für die Kirche wurde anstatt des ursprünglich von Hedwig Dransfeld favorisierten Namens ein neuer gewählt: Der Name „Frauenfriedenskirche“ verweist einerseits auf den Katholischen Deutschen Frauenverein als Stifter der Kirche, andererseits aber auch auf Unsere Liebe Frau, die Gottesmutter Maria, deren überlebensgroße Statue diejenigen, die in die Kirche eintreten, noch heute am Portal empfängt. 1927 wurde mit dem Bau begonnen. Hedwig Dransfeld erlebte die Fertigstellung der Kirche nicht mehr. Am 5. Mai 1929, vier Jahre nach Dransfelds Tod, fand das Kirchweihfest statt. Die Schriftstellerin Gertrud von Le Fort dichtete für diesen Anlass Drei Festhymnen, die sich an die Gottesmutter Maria richten und die Trauer um die Gefallenen, aber auch die Hoffnung auf Frieden ausdrücken.

Wem wirst du das Königslied singen, du kronenlose,

Wer wird dein Zepter tragen, du zerstörte Welt?

Wer wird deine Völker sammeln, du Verstreute?

Siehe, du bist bedeckt mit den Splittern aller deiner Sterne,

du bist wundgestoßen, meine Erde, wie von

Gräberschaufeln.

Deine Kinder sind verarmt, wie einer Witwe Kinder!

Erkennst du die Schlafenden in ihren fremden Grüften?

Erkennst du die dahinsanken vor dem Welken ihrer Jahre?

Erkennst du die Verschollenen in den Fluten und die

Unversöhnten im Schmerz der Ewigkeit?

Siehe, das Meer deiner Toten ist weiß von Seelen bis zum

Himmel, und der Strom der Tränen klagt durch seine

Dünen!

[…]

Es ist besonders traurig, dass auch die Frauenfriedenskirche nicht von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs verschont geblieben ist. Sie wurde stark beschädigt und konnte erst in den 50er Jahren wiederhergestellt werden. Bereits zuvor war bis auf eine kleine Glocke das gesamte Glockengeläut eingeschmolzen worden, um es zu Kriegszwecken zu verwenden. Erst Ende der 50er Jahre erhielt die Kirche neue Glocken. In die Pfeiler des Arkadenhofs, der sich wie ein mittelalterlicher Kreuzgang an die Kirche anschließt, sind die Namen der Gefallenen gemeißelt.

Noch immer finden in der Frauenfriedenskirche regelmäßig Gebete für den Frieden statt. Sie ist wegen ihrer guten Akustik heute aber auch als Konzertkirche beliebt.

Adresse: Zeppelinallee 101, 60487 Frankfurt a. M.; täglich geöffnet, Eingang auf der linken Seite des Arkadenhofs




Textquellen

http://www.strasse-der-moderne.de/portfolio/frankf... aufgerufen am 29.09.2016

https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenfriedenskirche aufgerufen am 29.09.2016

http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal... (über Hedwig Dransfeld) aufgerufen am 29.09.2016

https://www.hdbg.eu/biografien/web/index.php/detai... (über Dominikus Böhm) aufgerufen am 29.09.2016

https://www.deutsche-biographie.de/gnd118612018.ht... (über Rudolf Schwarz) aufgerufen am 29.09.2016

http://www.statistik-bw.de/LABI/PDB.asp?ID=1190966... (über Hans Herkommer) aufgerufen am 29.09.2016

Gertrud von Le Fort: Drei Festhymnen. In: Gedichte von Hildegard von Bingen bis Ingeborg Bachmann. Hrsg. von Elisabeth Borchers. Frankfurt a. M. 1988, S. 157-161.

Hessen. Kunstdenkmäler und Museen. Von Dieter Großmann, G. Ulrich Großmann, Gerhard Bott und Erich Herzog. 6. Aufl. Stuttgart 1987 (= Reclams Kunstführer Deutschland Bd. 4).

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Bildquellen:

Vorschaubild, Frauenfriedenskirche in Frankfurt am Main. Urheber: Melkom via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Frauenfriedenskirche, katholische Kirche, erbaut 1927–1929, Innenansicht. Urheber: A. Köhler via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

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