Auch in Frankfurt am Main haben die Römer wie an zahlreichen anderen Orten im Rhein-Main-Gebiet bis heute erhaltene Spuren hinterlassen. Nachdem die Gegend um Frankfurt im Jahr 83/84 unter Römische Herrschaft geraten war, sorgten die Römer dort zunächst für den Bau von Befestigungsanlagen und legten einen Limes an, der zusätzlich durch mehrere Kastelle gesichert wurde. Eines dieser Kastelle befand sich an einer sehr prominenten Stelle – dort, wo später der Frankfurter Dom errichtet wurde. Zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. gaben die Römer die damals errichteten Kastelle bereits wieder auf, bauten aber das Heddernheimer Kastell zum Ort Nida aus, dessen Gelände heute zum Teil mit dem von Ernst May entworfenen Stadtteil Römerstadt und zu einem anderen Teil mit dem Stadtteil Nordweststadt bebaut ist.
Dass die Römer nicht nur Befestigungen anlegten, sondern durchaus auch die Annehmlichkeiten der Frankfurter Gegend zu nutzen wussten, zeigen die Thermen, die sie im ein paar Kilometer nordöstlich von Frankfurt gelegenen Bad Vilbel (noch heute ein Heilbad und für das Mineralwasser „Bad Vilbeler Urquelle“ bekannt) in der südlichen Wetterau anlegten und von denen bis heute ein bedeutendes Mosaik erhalten ist. Wie viele Zeugnisse der Römerzeit kamen die Reste der Thermen im 19. Jahrhundert beim Bau einer Eisenbahnstrecke wieder zum Vorschein. 1849 wurde die Strecke der Main-Weser-Bahn angelegt, die in den Norden von Frankfurt führte. Bei Vilbel (damals noch nicht Bad) kam in der Baugrube für die Bahnstation (heute: Haltestelle Bad Vilbel Süd) Erstaunliches zum Vorschein, über das sogar das, nicht unbedingt auf das Rhein-Main-Gebiet fokussierte, „Augsburger Unterhaltungsblatt“ ausführlich berichtete: „Man hat mehrere Bad-Abtheilungen mit den Wasserleitungs- und Heiz-Kanälen und einen vollständigen, nun an einigen Stellen versehrten Marmorboden von 28' Länge und 19' Breite gefunden. Der Boden enthält die schönsten Mosaik-Gemälde von Wasserthieren, Fischen, Schlangen etc., Wasservögeln, Phantasie-Thiergebilde etc. Mit 1/4-1/2 Quadratzoll großen, verschiedenfarbigen Marmorstücken zusammengesetzt und zwar so fein und natürlich, daß man staunen muß, eine solche Kunst und Ausdauer im Bauwesen schon vor Christus [!] Zeiten zu finden. Ja Sachkundige erklären, daß die Arbeit wenigstens 18-1900 Jahre alt sey, was umso mehr die Bewunderung erregt, da der ganze Boden nur 7-12 Zoll unter der Oberfläche des bisher stets bebauten Ackerlandes liegt.“ Noch Jahrzehnte später schwärmte Ferdinand Dieffenbach in seinem Werk „Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart“, dass der Fund „sowohl durch Größe, Reichthum der Composition und Kunstwerth unter allen bisher bekannt gewordenen Mosaiken eine hervorragende Stelle“ einnehme.
Nicht verschwiegen wurden in dem Artikel die damals geführten Auseinandersetzungen über den weiteren Verbleib des Mosaiks. Während die Bad Vilbeler das bei ihnen gefundene Kulturdenkmal gern behalten hätten, kämpfte die Leitung des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt darum, das Mosaik, den einzigen größeren römischen Mosaikfund, der überhaupt in Hessen gemacht wurde, in ihre Bestände aufzunehmen. Das Museum setzte sich schließlich durch, und noch heute bildet das Bad Vilbeler Mosaik eines der Glanzstücke in der Antikensammlung des Darmstädter Landesmuseums. Seit 2007 kann dank einer Initiative der Hassia Mineralquellen GmbH jedoch auch in Bad Vilbel in einem Glaspavillon im Kurpark eine Reproduktion des Mosaiks besichtigt werden, in der die im Original nicht erhaltenen oder beschädigten Teile ergänzt wurden. Passend zu seiner Funktion innerhalb einer Thermenanlage zeigt das Mosaik den Meeresgott Oceanus, der von allerlei realen Meeresbewohnern, aber auch von Figuren aus dem Reich der Fabel umgeben ist.
Das neu entstandene Museum in Bad Vilbel zeigt darüber hinaus noch weitere Funde aus der 1849 gefundenen Thermenanlage, die mit Hilfe von Informationen zur römischen Alltagskultur in einen größeren kulturhistorischen Zusammenhang eingebettet werden. Da bei der Anlage der Bahnstrecke nicht die gesamten Thermen ausgegraben worden waren, wird ihr genauer Umfang und Grundriss wohl nie ganz geklärt werden können. Immerhin neun Räume, darunter der zentrale Badesaal, in dem sich das Mosaik befand, konnten im Laufe der Zeit freigelegt werden. Die daraus zu schließende Größe der Gesamtanlage deutet darauf hin, dass sie nicht, wie ursprünglich von den Archäologen vermutet, zum Areal einer privaten Villa gehörte, sondern dass die Thermen wohl als öffentliches Heilbad genutzt wurden, lange bevor Bad Vilbel erneut als Heilbad geschätzt wurde und im Jahr 1948 dafür auch den Namenszusatz „Bad“ erhalten hatte. Dass das Museum, das an das inzwischen berühmte Mosaik und die römischen Thermen erinnert, gerade im Bad Vilbeler Kurpark errichtet wurde, betont die lange Nutzung des Ortes als Bad und lässt eine Kontinuität zwischen römischem und neuzeitlichen Badewesen erkennen.
Adresse
Lebendiges Römer-Mosaik, Glaspavillon
Parkstraße
61118 Bad Vilbel
Öffnungszeiten:
Sonntag 12-18 Uhr; April-Oktober zusätzlich Freitag und Samstag, 14-17 Uhr, Eintritt frei (Stand Juli 2018)
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Textquellen
Augsburger Unterhaltungsblatt. Zweiter Jahrgang 1849, S. 184.
Baedekers Allianz-Taschenbücher. Frankfurt am Main. Stuttgart/Freiburg 1983.
Dieffenbach, Ferdinand: Das Großherzogthum Hessen in Vergangenheit und Gegenwart: Darmstadt, 1877.
Kramer, Waldemar: Frankfurt-Lexikon: Sonderausgabe für das Stadtschulamt Frankfurt: Frankfurt a.M., 1960.
https://www.kultur-bad-vilbel.de/stadtgeschichte/roemer_mosaik/ausstellung/ (zuletzt geöffnet: 22.7.18)
https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mische_Thermen_Bad_Vilbel (zuletzt geöffnet: 22.7.18)
https://de.wikipedia.org/wiki/Bad_Vilbel (zuletzt geöffnet: 27.7.18)
https://www.hlmd.de/museum/kunst-und-kulturgeschichte/archaeologie.html (zuletzt geöffnet: 22.7.18)
Bildquellen
Vorschaubild: Ansicht der Ausstellung Lebendiges Römer Mosaik mit Schautafeln, Ausstellungsstücken und rekonstruiertem Mosaik, 2009, Urheber: Haselburg-müller via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.
Hassia-Glas-Pavillon mit Römer-Mosaik, 2007, Urheber: Thomas Maetz via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.