Kaum ein Aspekt des menschlichen Zusammenlebens hat sich in den letzten Jahrzehnten so verändert wie die Kommunikation unter Abwesenden. Über Jahrhunderte konnte man nur aufgrund von Briefverkehr in Kontakt treten, heute geht das mittels elektronischer Datenübertragung praktisch in Echtzeit. Dieser Wandel kann natürlich in einem Kommunikationsmuseum nicht unbeachtet bleiben. Das drückt sich schon in der Bezeichnung des Museums für Kommunikation Frankfurt aus. Eröffnet wurde das in unmittelbarer Nähe zum Deutschen Architekturmuseum und zur Untermainbrücke am Museumsufer liegende Museum 1958, nämlich als Bundespostmuseum, das auch diesen Namen trug. Es gibt auch noch sehr interessante Exponate zum Thema Post und Postgeschichte. Diese nehmen allerdings in der heutigen – 2017 zum letzten Mal neu gestalteten – Dauerausstellung nur noch einen Teil des Platzes ein; größere Teile sind anderen Kommunikationstechniken bis hin zur modernen Computertechnik gewidmet. Der Wandel, der viel tiefgreifender ist, als in vielen anderen Museen, drückt sich auch in einem neuen Gebäude aus: Während sich das Museum ursprünglich in der Villa de Neufville, einem Gründerzeitbau von 1891 befand, ist es heute in einem 1990 eröffneten Neubau mit viel Glas, für den das Stuttgarter Architekturbüro Behnisch und Partner verantwortlich zeichnete, untergebracht.
Die Dauerausstellung, die das Herz des Museums bildet, und unter dem Motto „Mediengeschichte(n) neu erzählt!“ steht, befindet sich im Untergeschoss. Seit der Neugestaltung 2017 ist ihr Hauptteil in 41 Themeninseln gegliedert, die unabhängig voneinander betrachtet werden können, also keinen festen Parcours bilden. Das schadet ein wenig der Übersichtlichkeit und bringt die Gefahr mit sich, dass man etwas übersieht, lässt aber auf der anderen Seite ein freies Assoziieren zu. Insofern ähnelt die Struktur dem Internet, man kann laut Begleitfolder „frei durch die Ausstellung surfen“. Die Themeninseln sind in vier Großbereiche gruppiert, die die Felder „Vernetzung“, „Beschleunigung“, „Teilhabe“ und „Kontrolle“ betreffen. Museumsangestellte, die in erster Linie die Funktion von Informationsgebern haben, geben auf Nachfrage gern Hinweise, für den Fall, dass jemand etwas Bestimmtes sucht.
Die in der Ausstellung gezeigte Vielfalt – die mit Hilfe audiovisueller und interaktiver Elemente noch gesteigert wird, und für deren intensive Wahrnehmung ein einzelner Nachmittag nicht reicht – umfasst Themen, die von Spätmittelalter und Renaissance bis in die unmittelbare Gegenwart reichen. Darunter finden sich überaus interessante und teilweise auch kuriose Exponate, die alle möglichen Aspekte der Kommunikationsgeschichte illustrieren. Ein paar Schlaglichter, lückenhaft, wie sie angesichts der Fülle sein müssen, mögen einen Eindruck vermitteln:
Im Jahre 1490 lehnte es die Stadt Speyer ab, ihre Tore nachts für Posttransporte zu öffnen. Deshalb wurde die Poststrecke an der Stadt vorbei geführt, durch das benachbarte Rheinhausen. 1585 fand ein Postraub im Hunsrück statt. Ein dabei entwendeter Postsack wurde nach seiner polizeilichen Sicherstellung vergessen und erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder aufgefunden. Der sogenannte Frankfurter Postfund ermöglicht einmalige Einblicke in den Briefverkehr von Italien nach Deutschland in der frühen Neuzeit. Einige Briefe sind zu sehen. Im Jahre 1840 wurden auf die Initiative von Sir Rowland Hill hin in England als erstem Land der Welt Briefmarken eingeführt – die „One Penny Black“ zeigte Queen Victoria. Verschiedene Stationen widmen sich den Vehikeln, mit denen Post befördert wurde – von Pferden gezogen, dann in Autos und auch in der Bahn. 1922 nahmen die Postillione Abschied von der Stadt Nürnberg. Der Abschied vom Postpferd war einer der größten Einschnitte im Postverkehr. Die Station „Kafka in Love“ zeigt Kafka als Briefschreiber. Fast noch interessanter ist für Kafka-Liebhaber ein wenige Sekunden langer Film von 1913, der seine Verlobte Felice Bauer an der Schreibmaschine zeigt. Bauer arbeitete in einer Firma, die Parlographen, eine Frühform des Diktiergeräts, herstellte. Telefonieren war früher nicht so einfach wie heute, ein „Fräulein vom Amt“ musste vermitteln. Kabel mussten von Hand ein- und umgestöpselt werden, man kann sehen, wie das ging. Telefone, die 20, 30 oder 40 Jahre alt sind, wirken heute wie Antiquitäten. Die Entschlüsselung der mit der Maschine „Enigma“ verschlüsselten Funksprüche der Wehrmacht, die aufgrund der Erkenntnisse des Mathematikers Alan Turing gelang, war ein wichtiger Faktor für den Sieg der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. In der Sowjetunion nutzte man Röntgenbilder, um unerwünschte Musik einzuschmuggeln. Zahlreiche Computer der letzten Jahrzehnte zeigen die rasante Entwicklung der letzten Jahrzehnte – darunter der Schreibcomputer Schneider Joyce, mit dem der Autor dieses Textes im Jahre 1985 seine ersten Hausarbeiten im Studium schrieb – mit grünen Lettern auf schwarzem Bildschirm. Der Blackberry, von nicht allzu langer Zeit ein Statussymbol für Manager, ist heute durch das Smartphone fast obsolet geworden. Smartphones hatten verschiedene Vorstufen – der Durchbruch gelang mit der Erfindung des Touchscreens. E-Mail und Smartphone bedingen eine Erreichbarkeit rund um die Uhr.
Zu diesen Themeninseln, die – hier nicht annähernd vollständig beleuchtet – kreuz und quer durch Zeiten und Techniken führen, kommt, wenn man ein paar Stufen hochgeht, eine Präsentation von 21 Interviewvideos, in denen ebenso viele Fachleute aus verschiedenen Bereichen – Techniker, Journalisten, Kommunikationswissenschaftler, Soziologen, Ökonomen und Manager – ihre Sichtweise auf die Digitalisierung darlegen. Gegliedert ist diese Präsentation in vier Themenbereiche: „Arbeiten und Lernen“, „Datenschutz“, „Big Data – Smarte Maschinen“, „Journalismus und Soziale Medien“.
Vervollständigt wird die Ausstellung im Untergeschoss durch eine kleine, aber feine, Kunstausstellung zu Themen der Kommunikation, mit Werken weniger bekannter Künstler, aber auch von Größen wie Salvador Dalí. In einem Nebenraum der Kunstsammlung sind Briefmarken zu entdecken, eine Sammlung deutscher Marken über alle politischen Veränderungen hinweg, aber z.B. auch solche der altitalienischen Staaten vor der italienischen Einigung 1861.
Die weiteren Stockwerke des Museums: Im Erdgeschoss findet man Ticketcounter, Museumsshop und Museumscafé. In der ersten Etage gibt es einen sogenannten Forumsraum für interessante Wechselausstellungen und eine Kinderwerkstatt – überhaupt ist das Museum sehr auf Kinder eingestellt. Im zweiten Stock werden größere Wechselausstellungen gezeigt. Auf dem Dach ist eine Amateurfunkstation zu finden. Alles in allem ist das Kommunikationsmuseum eines der interessantesten Museen am Museumsufer – auch wenn es vielleicht nicht das bekannteste ist.
Adresse:
Schaumainkai 53
60596 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 60600
Öffnungszeiten:
Mo | geschlossen |
Di - Fr | 11:00 - 18:00 Uhr |
Sa / So | 11:00 - 19:00 Uhr |
Weitere Informationen: https://www.mfk-frankfurt.de/
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Textquellen:
Webauftritt des Museums: abgerufen von >http://www.mfk-frankfurt.de/< am 11.03.2018.
Michael Hierholzer in der FAZ zur Neugestaltung der Dauerausstellung 2017: abgerufen von
>http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/museum-fuer-kommunikation-von-der-pferdepost-und-dem-luxus-der-abwesenheit-15190375.html< am 11.03.2018.
FAZ-Beitrag über Helmut Gold, den Leiter des Museums: abgerufen von >http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/persoenlich/frankfurter-gesichter-helmut-gold-1177386.html< am 11.03.2018.
Frank Griegel (Hrsg): Museum für Kommunikation Frankfurt. Geschichte, Sammlungen, Architektur. Museumsstiftung Post und Telekommunikation, 2008.
Fotos von: Carolin Eberhardt.