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Zeppelinheim

Zeppelinheim

Sabine Gruber

Irgendwann in den Jahren 1935 und 1936 flatterte einem Teil der Angestellten der Zeppelin-Reederei in Friedrichshafen am Bodensee Post ins Haus, die den meisten von ihnen wohl nicht willkommen war: Sie mussten umziehen. Die Betriebshallen der beiden Luftschiffe "Graf Zeppelin" und "Hindenburg" wurden nach Frankfurt verlegt und damit mussten viele Angestellte ihre Dienstwohnungen in der Jugendstilsiedlung Zeppelindorf in Friedrichshafen aufgeben und ins für damalige Verhältnisse weit entfernte Hessen ziehen. Besonders Angestellte, die in der Bodenseeregion verwurzelt waren, und dort ihre Familien hatten, werden nicht begeistert gewesen sein.

Die neuen Betriebshallen wurden auf dem Gelände des Flug- und Zeppelinhafens im Frankfurter Stadtwald errichtet, der seit 1934 gebaut und 1936 eröffnet worden war, und dessen ehemaliges Gelände sich heute auf dem des wesentlich größeren Flughafens Frankfurt am Main befindet. (Ein erster Zeppelin war bereits während der Internationalen Flugausstellung 1909 in Frankfurt gelandet). Ab sofort starteten die "Graf Zeppelin" und die "Hindenburg" von hier aus zu ihren Überseefahrten. Auch eine neue Siedlung für die Angestellten musste her. Sie wurde ebenfalls im Stadtwald, ein Stück östlich des Flugplatzes, angelegt. Anders als die zahlreichen Trabantensiedlungen, die in den 20er Jahren von dem Stadtbaurat Ernst May und dem Bürgermeister Ludwig Landmann rund um Frankfurt initiiert worden waren, folgte die Siedlung für die Angestellten der Zeppelin-Reederei nicht den Prinzipien des Bauhauses, sondern orientierte sich an älteren Vorbildern. Die Vertreter des Neuen Frankfurt hätten ohnehin nicht mehr für die Planung der Siedlung zur Verfügung gestanden, denn die meisten von ihnen, wie Ernst May, waren ins Exil gegangen.

Die Stadt Frankfurt beauftragte die Gemeinnützige Wohnungsbau AG mit dem Bau der Siedlung, die den Auftrag an den Darmstädter Architekturprofessor Hans Söder vergab. Anders als die Häuser der von Ernst May angelegten Siedlungen wurden die Häuser der neuen Siedlung nicht mit den häufig kritisierten Flachdächern versehen, sondern mit den üblichen Satteldächern. Insgesamt entstanden 93 Wohneinheiten mit 3 ½ bis 5 Zimmern, zum Teil Mietshäuser und zum Teil Reihenhäuser. Weil fast alle Bewohner ortsfremd waren, nannte man die neue Siedlung auch das Schwabendorf. Anfang 1938 wurde Zeppelinheim selbstständige Gemeinde mit der Zugehörigkeit zum Landkreis Offenbach.

Die Siedlung wurde so angelegt, dass man vom damaligen Bahnhof Frankfurt Flughafen (heute S-Bahnhof Zeppelinheim) in wenigen Minuten über eine Chaussee (die heutige Flughafenstraße) dorthin gelangte. Auf der – vom Ort aus gesehen – gegenüberliegenden Seite der Bahnstation befanden sich die Zeppelinhallen und das Rollfeld für Flugzeuge. So konnten die in der Siedlung ansässigen Angestellten bequem mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu ihrer Arbeitstelle gelangen und auswärtige Mitarbeiter schnell vom Bahnhof aus zu den Zeppelinhallen. Nach dem Erfinder des Zeppelins, Ferdinand Graf Zeppelin (1838-1917), erhielt die neue Siedlung ihren Namen "Zeppelinheim". Die meisten Straßen Zeppelinheims tragen heute die Namen von Zeppelin-Ingenieuren oder Flugkapitänen wie beispielsweise den des bei der Katastrophe von Lakehurst schwer verletzten und kurz darauf gestorbenen Kapitäns Lehmann (1886-1937).

Lange bestand der Zeppelin-Flughafen nicht, denn das Unglück von Lakehurst im Mai 1937 mit 36 Toten und der Kriegsbeginn 1939 bereiteten dem Passagierverkehr in Zeppelinen ein Ende. 1940 wurden die Luftschiffhallen abgerissen. Nur das Rollfeld für Flugzeuge blieb vom ursprünglichen Flughafen übrig. Für Rüstungszwecke wurde er weiter ausgebaut. Zeppelinheim besteht dagegen noch immer und erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg Zuzug aus dem Umland und von neu nach Hessen Gezogenen. 1977 wurde Zeppelinheim nach einer Gebietsreform in das südlich von Frankfurt gelegene Neu-Isenburg, eine Mittelstadt, die aus einer Hugenottensiedlung hervorgegangen ist, eingemeindet. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind zwar zahlreiche Neubauten zu der 1936/37 errichteten Siedlung hinzugekommen, aber ihr ursprünglicher Charakter ist noch gut zu erkennen. Wohnten 1939 gerade einmal 318 Personen in Zeppelinheim, waren es 2014 bereits 1469. Der Wald rund um Zeppelinheim ist wegen der ansonsten dichten Bebauung des Rhein-Main-Gebiets Naturschutzgebiet und darf nicht gerodet und bebaut werden.

Seit 1977 planten ehemalige Luftschiffer und Zeppelin-Begeisterte ein Museum zum Thema "Luftschifffahrt". Eine erste Ausstellung konnte seit Ende der 70er Jahre besichtigt werden. 1988 wurde in einem Anbau des Zeppelinheimer Bürgerhauses, der sich in der Form einem Zeppelin annähert, das heutige Zeppelin-Museum eingerichtet. Dort wird nicht nur über die Geschichte der Luftfahrt mit Zeppelinen informiert, sondern es sind auch zahlreiche Erinnerungsstücke aus der Zeit des Frankfurter Flug- und Zeppelinhafens und der Siedlung Zeppelinheim zu sehen. Unter anderem können die Besucher/innen in einem nachgebauten Teil der Passagierräume der "Hindenburg" Platz nehmen und sich einen Landeanflug nach Rio de Janeiro vorstellen. Auch die Ausstattung der anderen, sehr exklusiven Räume des Luftschiffs, deren Beförderungstarife nur für die oberen Zehntausend bezahlbar waren, wird dokumentiert. Im Untergeschoss führt ein Film in die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Luftschifffahrt ein. Außerdem gibt es Räume für Wechselausstellungen.

Adresse des Zeppelinmuseums: Kapitän-Lehmann-Straße 2, 63263 Neu-Isenburg-Zeppelinheim.

Öffnungszeiten: Freitag 14-17 Uhr, Samstag/Sonntag/Feiertag 11-17 Uhr (es werden auch allgemeine Führungen und Kinderführungen angeboten).


*****

Textquellen:

Baedeker Allianz Reiseführer: Frankfurt am Main, Stuttgart/ Freiburg: 1983.

Chronik Flughafen Frankfurt am Main: Aus dem Nachlass von Verkehrsdirektor Rudolf Lange der Flughafen Frankfurt AG, 1975.

KRAMER, Waldemar: Frankfurt- Lexikon: Sonderausgabe für das Stadtschulamt Frankfurt; Frankfurt a.M.: 1960.

< https://de.wikipedia.org/wiki/Zeppelinheim > aufgerufen am 28.07.2017.

< http://www.zeppelin-museum-zeppelinheim.de/ > aufgerufen am 28.07.2017.

< https://de.wikipedia.org/wiki/Zeppelin > aufgerufen am 28.07.2017.

< https://www.friedrichshafen.de/unsere-stadt/zeppelin/zeppelindorf/ > aufgerufen am 28.07.2017.


Bildquellen:

Vorschaubild: Zeppelin Museum Zeppelinheim near Frankfurt am Main: 4. Juli 2007: Urheber: Andy Dingley via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Büste Graf Zeppelin: 01.02.2014: Urheber: Simplex2 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Maybach Zeppelinmotor: 02.02.2014: Urheber: Simplex2 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.



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