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Die verlassene Schule bei Tschernobyl - Lost Place

Nic

Am 26. April 1986 kam es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen. Die freigesetzte Radioaktivität entsprach dem zehnfachen der Atom-Bombe von Hiroshima 1945. Erst drei Tage später wurde die 3 km entfernte Stadt Prypjat evakuiert und alle Bürger mussten ab 14 Uhr "vorübergehend" ihren Wohnort verlassen. Seither ist die Mittelschule der Stadt verwaist.

30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Doch genau die machen den Ort sehenswert. Der Großteil der Mittelschule ist in einem unberührten Verfallszustand. Die Wände verlieren ihre Farbe, die alten Schulbücher erinnern an den einstigen Schulalltag. Das Heft zeigt Klassenräumen, Flure, die Turnhalle und die große Schulaula.

Das Heft bietet in der Mitte ein doppelseitiges Poster.

ISBN: 978-3-86397-121-2

Preis: 3,00 €

Der Paulsplatz

Der Paulsplatz

Ralph Zade

Ein Blick auf die Seufzerbrücke des neuen Rathauses
Ein Blick auf die Seufzerbrücke des neuen Rathauses

Wer schon einmal auf dem zentralen Frankfurter Weihnachtsmarkt war, kennt ihn – den Paulsplatz, von dem sich der jährlich abgehaltene Markt über die Braubachstraße hinweg zum Römerberg zieht. Als einer der zentralsten Plätze der Frankfurter Innenstadt bietet er sich dafür an. Und nicht nur im Winter ist der Platz attraktiv – in der warmen Jahreszeit kann man hier in den Cafés an der Ostseite auch schön im Freien sitzen und den vorbeiziehenden Passanten beim Flanieren zusehen. Nicht immer ist der Platz so groß gewesen, nicht immer hatte er eine Verbindung zum Römerberg und nicht immer war hier überhaupt ein Platz – eine wichtige Funktion im Frankfurter Zentrum hatte der Ort freilich immer.

Wie nicht schwer zu erraten ist, hat der Platz seinen Namen von der Paulskirche, von der hier, weil sie eine eigene Betrachtung verdient – auch als Monument der deutschen Demokratie –, nicht im Detail die Rede sein soll. Er wurde aber nicht nur nach dieser direkt am Platz stehenden Kirche benannt, sondern er verdankt ihr sogar seine Existenz. Bevor 1789-1833 die Paulskirche errichtet wurde, deren ovale Form nicht das ganze Gelände einnahm, sodass vor dem Turm der Paulsplatz angelegt werden konnte, stand hier seit 1270 das Barfüßerkloster, und zwar in Ost-West Richtung – es nahm einen großen Teil des heutigen Platzes ein. Auf dem in Kupfer gestochenen Frankfurt-Plan, den Matthäus Merian der Ältere im Jahre 1628 geschaffen hat, kann man die enge Bebauung gut erkennen. Das entsprechend seiner Entstehungszeit im gotischen Baustil gehaltene Franziskanerkloster war zunächst eines der wichtigen Klöster Frankfurts, bevor im 16. Jahrhundert die Reformation in die Stadt kam. 1529 zogen die letzten Franziskaner aus. Die Barfüßerkirche, für die es als Klosterkirche nun keine Verwendung mehr gab, ging in das Eigentum der Stadt über und wurde zur evangelischen Hauptkirche Frankfurts (heutige Hauptkirche ist die Katharinenkirche an der Hauptwache). Auch für die Klostergebäude fand man eine neue Verwendung: Sie beherbergten ab 1542 das – damals einzige – Frankfurter Gymnasium. Musikfreunden dürfte die Barfüßerkirche bekannt sein, weil hier der Komponist Georg Philipp Telemann (1681-1787) ab 1712 als Kapellmeister wirkte – gleichzeitig war er auch städtischer Musikdirektor, bis er 1721 nach Hamburg ging.

Das Einheitsdenkmal von 1903
Das Einheitsdenkmal von 1903

Die Barfüßerkirche stand bis Ende des 18. Jahrhunderts – danach wurde sie zu klein und man riss sie für den Bau der Paulskirche ab, der dann wegen der Wirren der Revolutionskriege Jahrzehnte in Anspruch nahm. Auch das Klostergebäude wurde abgerissen, nachdem 1838 das Gymnasium ausgezogen war. Wichtigster Teil einer neuen Bebauung war die 1840-43 durch Eugen Peipers nach Plänen von Friedrich August Stüler (1800-1865), der sonst vor allem durch seine Berliner Bauten bekannt geworden ist, geschaffene Alte Börse, die zwei Adressen hatte, eine an der benachbarten Neuen Kräme und eine am Paulsplatz 10. Aber auch diese stand nicht ewig – bei einem schweren Luftangriff wurde sie 1944 schwer beschädigt und 1952 abgerissen, wie so manches andere kriegsbeschädigte Gebäude in Frankfurt, das man vielleicht hätte retten können. Dadurch – und durch den Verlust auch der angrenzenden Bebauung – verlor der Paulsplatz seine ursprüngliche Form und hat seitdem eine direkte Verbindung zum Römerberg.

Der Platz ist im Positiven wie im Negativen mit der deutschen Geschichte verbunden – mit der Demokratie, die in der Paulskirche einen Symbolort hat, aber auch mit dem Zweiten Weltkrieg, der von Deutschland ausging und als er dorthin zurückkam in Frankfurt und eben auch am Paulsplatz furchtbare Verheerungen verursachte. Beides – Demokratie und Krieg – sind Elemente, die man im auf dem Platz stehenden Einheitsdenkmal (das gelegentlich auch als Denkmal der Deutschen Revolution bezeichnet wird) wiederfindet. Dieses bezieht sich nicht etwa auf die 1989/90 erreichte deutsche Einheit, sondern auf die im 19. Jahrhundert errungene. Die Gestaltung des 1903 durch Oberbürgermeister Franz Adickes am 90. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig eingeweihten Denkmals, dessen Form das Ergebnis eines 1898 ausgeschriebenen Wettbewerbs war, bezieht einige kriegerische Elemente mit ein: die Reliefs „Abschied des Jünglings vom Vater“, „Schmieden der Waffen“ und „Bereit zum Kampfe“ zeugen ebenso von einer entsprechenden Gesinnung wie der Spruch „Wir sind geschlagen, nicht besiegt. In solcher Schlacht erliegt man nicht!“ des Paulskirchenparlamentariers und Dichters Ernst Moritz Arndt (1769-1860), der auch in seiner Person beides vereinigte: dezidiertes und überzeugtes Eintreten für die Demokratie, aber eben auch Antisemitismus und Franzosenhass, die ihn später für die Nazis anschlussfähig machten. Vom Krieg, aufgrund letzterer Überzeugungen begannen, ist auch das Denkmal selbst nicht ganz verschont geblieben: 1940 wurden drei allegorische Bronzefigurenpaare, die den Beitrag des Bürgertums, der Wissenschaft und der Sängerbewegung für die deutsche Einheit symbolisieren sollten, eingeschmolzen, um das Metall für den Krieg zu verwenden; dies ermöglicht heute die Nutzung des freigewordenen Platzes am Postament als Sitzgelegenheit. Ob die oben auf dem dreiseitigen Obelisken aus Kelkheimer Kalkstein stehende Figur Klio, die Muse der Heldendichtung und Geschichtsschreibung, oder Germania, die Personifikation des Deutschen Reiches darstellt, ist bis heute umstritten.

Aktuell (2022) wird über die Neugestaltung der Paulskirche als Demokratie-Gedenkort diskutiert und auch darüber nachgedacht, diesen Gedenkort durch ein „Haus der Demokratie“ zu ergänzen, das am Paulsplatz stehen soll. Hierzu gibt es eine Konzeptstudie, eine endgültige Entscheidung – auch über den genauen Standort des „Hauses der Demokratie“ – ist aber noch nicht gefallen. Es soll eine ausgeprägte Bürgerbeteiligung geben. Auch an dieser intensiv geführten Diskussion zeigt sich, dass der Paulsplatz ein lebendiger Ort ist, ein Ort, an dem sich Geschichte erfahren lässt, aber auch einer, der eine Zukunft hat.

 

*****

Textquellen: 

Panorama des Paulsplatzes: abgerufen von >https://www.stadtpanoramen.de/frankfurt/paulsplatz_5c.html< am 25.01.2023.

Hartmann, Georg;  Lübbecke, Fried (Hrsg.): Alt-Frankfurt: Ein Vermächtnis, Verlag Sauer und Auvermann, Glashütten, 1971.

Webseite zum Einhaitsdenkmal: abgerufen von >https://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-frankfurt.de/de/page205.html?id=92&stadtteil=9< am 25.01.2023.

Beitrag der FR zum Einheitsdenkmal: abgerufen von >https://www.fr.de/frankfurt/frankfurt-das-gerupfte-einheitsdenkmal-91055486.html#idAnchComments< am 25.01.2023.

Beitrag zum Haus der Demokratie im Journal Frankfurt: abgerufen von >https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Gesellschaft-2/Demokratiezentrum-Paulskirche-Frankfurterinnen-werden-in-Planungen-miteinbezogen-38035.html< am 25.01.2023.

 

Fotos: Carolin Eberhardt.

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