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Gerhard Klein
Berlin-Skizzen

Die deutsche Hauptstadt in achtzehn Bildern. Die liebevoll gestalteten Zeichnungen geben einen einzigartigen Blick auf die Metropole an der Spree. Neben bekannten Bauwerken wie Reichstag und Gedächtniskirche hat Architekt Gerhard Klein auch sehenswertes wie den Eingang des Berliner Zoos oder das Bode Museum in Bild eingefangen. Den Zeichnungen ist ein informativer Text zur Sehenswürdigkeit beigeordnet.

Der Quirinsbrunnen

Der Quirinsbrunnen

Sabine Gruber

Und die verschwundene Quirinspforte in Sachsenhausen

Während öffentliche Brunnen in Städten heute vor allem als schmückendes Element wahrgenommen werden und beliebte Fotomotive sind, waren sie in früheren Zeiten eine Lebensnotwendigkeit, die denjenigen, die über keinen eigenen Brunnen verfügten – und das war die Mehrheit der Bevölkerung – zu ihrer täglichen Wasserversorgung dienten. Allerdings waren die Brunnen auch damals schon mehr als das, und man nutzte sie als markante Treffpunkte für Verabredungen und traf sich morgens oder abends auf einen Plausch und zum Austausch von Neuigkeiten. Von den einst zahlreichen öffentlichen Brunnen im Frankfurter Stadtgebiet sind auch heute noch viele erhalten, bekanntere wie der Hohe Brunnen in Bornheim, aber auch weniger bekannte wie der Quirinsbrunnen (oder Quirinusbrunnen) in Frankfurt-Sachsenhausen, einem Stadtteil, der früher eine besondere Dichte von Brunnen aufwies und noch heute aufweist. Einen Überblick über die Sachsenhäuser Brunnen kann man sich auf der Homepage der Brunnen- und Kerbegesellschaft Sachsenhausen 1953 e. V. verschaffen

Der Quirinsbrunnen ist nach der nahegelegenen Quirinspforte, einem der früheren Sachsenhäuser Stadttore an dem 1333 errichteten Mauerring mit Graben, benannt, das sich an einer besonders verkehrsreichen Stelle befand, an der sieben Straßen und Wege ihren Ausgangspunkt hatten: die Offenbacher Landstraße, die Mühlbergstraße, der Hühnerweg, der Wendelsweg, der Hainerweg, die Darmstädter Landstraße und die Mörfelder Straße. Ein Bericht über eine historische Begebenheit in der „Ausführlichen Abhandlung von den berümten zwoen Reichsmessen“ aus dem Jahr 1765 zeigt, wie die Pforte zwar schon damals lange nicht mehr vorhanden war, aber im Bewusstsein der Bevölkerung als verschwundener Ort dennoch präsent geblieben war: „Ueberdis wurden auch in obge[nannten]. 1645. jare,von oberwenten beiderseits abgeordneten, der bei der nidergerissenen Quririnspforte vor Sachsenhausen, oder der unterm schlage an dem orte, wo die Quirinspforte vor diesem gestanden, befindliche geleitstein besichtiget und protokollen darüber gefüret, daher, als den 20. julii 1658 die abgeordneten der stadt Nürnberg, mit den zur Kaiserkrönung gehörigen Reichskleinodien, in der nähe waren, und von den Mainzischen begleitet wurden so sol man solches, einiger berichte nach, nicht zu Oberrade, sondern an der Quirinspforte von diesen abgenommen haben, indem von M. seite behauptet wurde, daß solches, kraft obged[achten]. Vertrages, zu dem hohen und auserordentlichen geleite mitgehörte, […].“ Hintergrund dieses Berichts ist das Geleit, das den Kaufleuten, die durch die Pforte die Stadt in Richtung Seligenstadt und Steinheim verließen, von dort an gegeben wurde. Der erwähnte Stein markierte den Beginn des Geleits, nachdem es zuvor darüber Auseinandersetzungen gegeben hatte.

Niedergelegt worden war die Pforte, die in einigen Quellen auch als „Kühreinspforte“ bezeichnet wird, bereits im Jahr 1552. Zur Erinnerung an die Pforte (oder an einen hier tätigen und namensgebenden Pförtner mit dem Namen Quirin) wurde 1790 von einem unbekannten Architekten eine klassizistische Brunnenpyramide mit einem für die damalige Zeit modernen Pumpenbrunnen errichtet (in früherer Zeit hatte es ausschließlich Ziehbrunnen gegeben). Den Brunnenobelisken zieren an den Seiten Medaillons und oben eine Urne. Das alte Brunnenbecken ist inzwischen nicht mehr vorhanden.

Nicht nur an den Quirinsbrunnen, sondern an alle Sachsenhäuser Brunnen erinnert jedes Jahr das Sachsenhäuser Brunnenfest, das bereits im Jahr 1490 erstmals urkundlich erwähnt wurde. In früheren Zeiten wurde es jeweils als Abschluss der durch die Sachsenhäuser Bürger selbst vorgenommenen Reinigung aller Brunnen gefeiert. Nachdem es längere Zeit nicht mehr gefeiert worden war, wurde es 1953 wieder neu eingeführt. Die wichtigsten repräsentativen Aufgaben bei diesem Fest werden dabei vom Brunnenschultheiß, der an die historische Tradition anknüpft, und seit 1958 auch durch das neu geschaffene Amt der Brunnenkönigin wahrgenommen. 2019/20 amtiert bereits die 62. Brunnenkönigin Gabriele I. Ein Höhepunkt des Festes ist jedes Mal die Brunnenbegehung durch Alt-Sachsenhausen.

Adresse

Offenbacher Landstraße (gegenüber Nr. 13)

60599 Frankfurt am Main


*****

Textquellen:

Ausführliche Abhandlung von den beruemten zwoen Reichsmessen so in der Reichtstadt Frankfurt am Main jaerlich gehalten werden worinnen gar vile wigtige und merkwürdige materien vorkommen und gruendlich ausgefueret werden welche auch zugleich zu bessere erkaentniß und erleuterung der deutschen geschichte, stats- und bürgerlichen rechte, samt gewonnheiten älterer und neuerer zeiten ueberhaupt, dienen können […] gedruckt mit Broennerischen schriften, 1765

Lohne, Hans: Mit offenen Augen durch Frankfurt: Ein Handbuch der Brunnen, Denkmäler, Gedenkstätten und der Kunst am Bau, Frankfurt a. M., 1969.

>http://brunnenfest-sachsenhausen.de/?page_id=77< abgerufen am 23.08.2019.

>https://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-frankfurt.de/de/page234.html?id=212< abgerufen am 23.08.2019.

>http://brunnenfest-sachsenhausen.de/< abgerufen am 23.08.2019.


Bildquellen:

Vorschaubild: Quiriusbrunnen, 2012, Urheber: Karsten Ratzke via Wikimedia Commons CC0.

Frankfurt, Quiriusbrunnen, 2012, Urheber: Karsten Ratzke via Wikimedia Commons CC0.

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