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Florian Russi
Die Irrfahrten des Herrn Müller II
Eine moderne Odyssee

Daniel Müller ist ein aufstrebender junger Möbelkaufmann. Er hat eine Freundin, doch auch eine Kundin seiner Firma versucht ihn zu gewinnen. Als Daniel sie ermordet auffindet, spricht alles dafür, dass er der Mörder ist. Er gerät in Panik und flieht, fährt zum Flughafen und bucht den nächsten Flug ins Ausland. Im Flugzeug entdeckt ihn eine nymphomanisch veranlagte Prinzessin: Sie versteckt ihn in ihrem Schloss. Während Zielfahnder der Polizei ihm auf den Fersen sind, erlebt Daniel immer neue Abenteuer und Überraschungen …


Die Braubachstraße

Die Braubachstraße

Ralph Zade

Wenn man am Hauptbahnhof in Frankfurt ankommt und auf dem schnellsten Wege ins historische Stadtzentrum – oder das, was davon rekonstruiert ist – will, nimmt man am besten die Straßenbahn – Linie 11, 12 oder 14 – nach Osten und steigt nach wenigen Stationen am Halt „Römer/Paulskirche“ aus. Die Braubachstraße, die Hauptverkehrsachse, die das Gleisbett der Straßenbahn beherbergt, und auf der die Straßenbahn nach dem Ausstieg weiterfährt, führt mitten durch das, was einst Frankfurts Altstadt war. Benannt ist die etwa 300 m lange Straße nach der Braubach, einem Nebenarm des Mains, der früher bis ins im Westen Frankfurts gelegene Rödelheim floss und dort in die Nidda mündete. Idyllisch war die Braubach, die ursprünglich Bruchbach hieß, als Graben vor der ersten Frankfurter Stadtmauer fungierte und heute in der Kanalisation unter der Straße fließt, allerdings nie – im Mittelalter wurde sie von den Anwohnern zur Entsorgung von allem genutzt, was sich dort entsorgen ließ und wurde dadurch zu einer übelriechenden Kloake, bevor sie irgendwann unter die Erde verlegt wurde.

Die späthistoristischen Bauten vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die die Braubachstraße neben späteren Häusern aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts säumen, deuten auch für den nicht Ortskundigen sofort darauf hin, dass die Straße nicht zu dem engen und verwinkelten Straßen- und Gassennetz gehört, das einst die Frankfurter Altstadt durchzog – auch der Breite der Straße sieht man das natürlich an. Die Bausubstanz, die heute nun auch schon wieder historisch ist – und älter als die Bauten auf dem Römerberg und die der „Neuen Altstadt“, die dahinter liegen, denn dabei handelt es sich um Nachkriegsrekonstruktionen, während die Braubachstraße den Krieg von der Grundsubstanz her überstand – ist kein Teil des Alten Frankfurt, sondern Ergebnis eines brachialen städtebaulichen Gewaltakts. 1904-1906 wurde die Straße neu geschaffen, indem man einen Durchbruch durch Bausubstanz vornahm, die zwar vielfach im Begriff war, zu verfallen, aber einen wesentlichen Teil des historischen Teils des alten Stadtkerns ausmachte. Dem fielen über 100 Häuser, die teils noch aus dem Mittelalter stammten, zum Opfer. Franz Adickes, damals Oberbürgermeister, soll dazu gesagt haben: „Von dem alten Zeug haben wir in der Stadt genug.“ Neben dem Platz für die eigentliche Straße wurde für die an dieser geplanten Bauten, die teils ein gutes Stück nach hinten reichten, weiterer Raum benötigt, was den Substanzverlust vergrößerte. Ein Bewusstsein, welchen Schaden man damit anrichtete, hatte man nicht – es war die Zeit, in der, beginnend mit dem unter der Ägide des Barons Haussmann in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts vorangetriebenen Stadtumbau von Paris, auch anderswo viel Historisches den Verkehrs- aber auch Repräsentationsbedürfnissen einer neuen Epoche geopfert wurde. Außerdem war es ja tatsächlich so, dass die zerstörten Häuser nur einen sehr kleinen Teil der damals noch nahezu vollständig erhaltenen Frankfurter Altstadt ausmachten.

Mag man den Substanzverlust auch bedauern, so ist doch fraglich, ob die alte Bebauung, wenn sie denn fortbestanden hätte, den Zweiten Weltkrieg hätte überleben können – die steinernen Bauten, die nun die Straße säumten, überstanden die Bombenangriffe weit besser als die eng zusammen stehenden, Jahrhunderte alten, Holzbestandteile integrierenden Gebäude, die brannten wie Zunder und an beiden Seiten der Braubachstraße nahezu vollständig vernichtet wurden. Die Vernichtung einiger historistischer Fachwerkbauten auch an der Braubachstraße zeigt, dass es kein Zufall war, dass gerade die Steinbauten die Angriffe überstanden. Vollkommen unversehrt blieben allerdings auch sie nicht – man merkt es daran, dass die Dachkonstruktionen teilweise nur vereinfacht wiederaufgebaut wurden, was den ästhetischen Eindruck etwas beeinträchtigt.

Die Bebauung der Ränder der kurz nach der Jahrhundertwende geschaffenen Straße zog sich über einen relativ langen Zeitraum hin, was vor allem dem Ersten Weltkrieg geschuldet war. So kam es, dass neben historistischen Häusern – das am besten erhaltene hiervon ist die 1906 erbaute neobarocke Kopfapotheke an der Ecke zur Neuen Kräme – auch solche des Jugendstils, des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit stehen. Aber auch die Stilvielfalt innerhalb der historistischen Bauten ist groß – hier reicht das Spektrum von der Neugotik bis zum Neoklassizismus. Insofern ist die Braubachstraße gut geeignet, um das Spektrum der Stile zu sehen, in denen in Frankfurt in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts gebaut wurde. Typisch für Frankfurt ist auch der rote Mainsandstein, in dem einige der Bauten gehalten sind.

Die Braubachstraße ist heute trotz ihrer Funktion als Verkehrsachse, die einen recht hohen Durchgangsverkehr bedingt, auch eine Flaniermeile. Das liegt vor allem an den zahlreichen Galerien. Am wichtigsten ist für Kunstliebhaber das Museum für moderne Kunst, das an der Nordseite des östlichen Endes der Straße liegt. Aber auch das traditionsreiche Auktionshaus Döbritz, in dessen Schaufenstern regelmäßig Kunstwerke präsentiert werden, hat einen hohen Bekanntheitsgrad. Ebenfalls an der Nordseite der Straße befindet sich das Antiquariat Tresor am Römer, das neben wertvollen Büchern, auch solchen zur Lokalgeschichte Frankfurts, historische Stiche anbietet. Dazu kommen u. a. die Galerie Hanna Bekker vom Rath, die Galerie Raphael, die Galerie Anita Beckers und die Galerie Braubachfive. Es ist wohl kaum übertrieben, die Örtlichkeit als Zentrum des Frankfurter Kunsthandels zu bezeichnen. Dazu kommen zahlreiche kulinarische Angebote. Und auch an der Verminderung des Verkehrsaufkommens wird gearbeitet. So wurden 2020 die Parkplätze reduziert, um mehr Raum für die Gastronomie und Fahrradstellplätze zu schaffen. Insofern ist die Braubachstraße, die im Internet-Magazin „Feuilleton Frankfurt“ einmal als die „hipsten 300 Meter in Frankfurt“ bezeichnet wurde, nicht nur Durchgangsort bei einem Besuch der Frankfurter Altstadt oder der nahegelegenen Paulskirche, sondern auch aus eigenem Recht einen Besuch wert.

 

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Textquellen:

Die Braubachstraße im Feuilleton Frankfurt: abgerufen von >https://www.feuilletonfrankfurt.de/2018/12/15/frankfurts-braubachstrasse-weltlaeufig-laessig-und-cool/< am 28.10.2022.

Die Braubachstraße auf stadtnischen.de: abgerufen von >https://stadtnischen.de/stadtnische/flanieren-in-der-braubachstrasse/< am 28.10.2022.

FAZ-Bericht zur Parkplatzreduzierung in der Braubachstraße: abgerufen von >https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/mehr-lebensqualitaet-in-frankfurts-braubachstrasse-16893548.html< am 28.10.2022.

Website des Museums für moderne Kunst: abgerufen von >https://www.museumsufer.de/de/museen/museum-mmk-fuer-moderne-kunst/< am 28.10.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Braubachstrasse-2021-Ffm-652, 2021, Urheber: Simsalabimbam via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Frankfurt_Am_Main-Luftbild_Bildstelle_Generalbauinspektion-1942-44-932.657, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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