Die Oberbürgermeister Franz Adickes, Rudi Arndt, Johannes von Miquel und Walter Wallmann (der auch Ministerpräsident von Hessen war), die Älteren Bürgermeister (der Freien Stadt Frankfurt) Karl Konstanz Viktor Fellner und Georg Friedrich von Guaita, die Ärzte Alois Alzheimer und Samuel Thomas von Soemmerring, die Forschungsreisenden Leo Frobenius und Eduard Rüppell, die Philosophen Theodor W. Adorno und Arthur Schopenhauer, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller Elisabeth Borchers, Wilhelm Genazino, Robert Gernhardt, Karl Gutzkow, Ricarda Huch, Peter Kurzeck, Alfons Paquet und Dorothea Schlegel, die Dialektdichter Friedrich Stoltze, Adolf Stoltze und Carl Malß, Heinrich Hoffmann, der Autor des „Struwwelpeter“, der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und seine Frau Teofila, Goethes Freundin Marianne von Willemer, zahlreiche Mitglieder der Familie Brentano (allerdings nicht Clemens und Bettine Brentano), die Familie Gontard, bei der Hölderlin Erzieher war, der Verleger Siegfried Unseld, die bildenden Künstler Jakob Becker, Jakob Fürchtegott Dielmann, Carl Theodor Reiffenstein, Edward von Steinle und Franz Xaver Winterhalter, die zur Neuen Frankfurter Schule gehörenden Karikaturisten Kurt Halbritter und Friedrich Karl Waechter, die Architekten Rudolf und Heinrich Burnitz, Johann Friedrich Christian Hess und Ernst May, der Fotograf Carl Friedrich Mylius, der Jazzmusiker Albert Mangelsdorff und nicht zuletzt der Gründer des Friedhofs Johann Adam Beil – sie alle sind auf dem Frankfurter Hauptfriedhof begraben.
Ganz überraschend ist die große Anzahl der Prominenten nicht, denn der Hauptfriedhof war, wie der Name sagt, seit seiner Eröffnung im Jahre 1828 der für die christlichen Frankfurter vorgesehene Friedhof – für die jüdischen Frankfurter wurde gleichzeitig der Alte jüdische Friedhof Rat-Beil-Straße eröffnet, auf dem ebenfalls eine ganze Reihe Prominenter begraben ist. Und unter den Einwohnern der Stadt fanden sich im Laufe zweier Jahrhunderte natürlich etliche, die es zu Rang und Namen brachten.
Nötig wurde die Eröffnung des neuen Friedhofs, weil der Peterskirchhof, der bis dahin der Frankfurter Friedhof war, nicht mehr genügend Platz bot. Das führte zu untragbaren hygienischen Verhältnissen, sodass u. a. die Ärzteschaft der Stadt auf einen neuen Friedhof drängte. Dieser wurde auf Rübenäckern außerhalb des damaligen Stadtgebietes angelegt, auf erhöhtem Gelände, weil man die Leichendämpfe für gesundheitsschädlich hielt und meinte, sie würden dort in den Taunus geweht werden, also von der Stadt weg. Für die bauliche Gestaltung war Friedrich Rumpf (1795-1867) verantwortlich, für die gärtnerische Gestaltung der Stadtgärtner Sebastian Rinz (1782-1861) – beide fanden dann auf dem von ihnen gestalteten Friedhof ihre letzte Ruhe. Der – später erweiterte – Friedhof war mit sechs Hektar zunächst etwa dreimal so groß wie der Peterskirchhof und, der Mode der Zeit entsprechend, als englischer Landschaftspark gestaltet, mit geschwungenen Wegen und unter Erhalt der vorhandenen Vegetation, allerdings ohne Anlage eines für englische Gärten sonst typischen Teichs. Die von Rumpf gestalteten Bauelemente, v. a. das Alte Portal und die Gruftenhalle, waren im klassizistischen Stil gehalten – nach Teilzerstörung im Zweiten Weltkrieg sind sie heute restauriert.
Bei den sechs Hektar blieb es nicht. Denn Frankfurt, das 1828 noch 45.000 Einwohner hatte, wuchs bis 1910 auf 414.000 Einwohner an und danach immer weiter, was unweigerlich Vergrößerungen des Friedhofs nach sich zog. Diese erfolgten in mehreren Etappen. Bis 1891 kam es zu Vergrößerungen auf 18 Hektar – also einer Verdreifachung – bis 1912 zu einer Vergrößerung auf 47 Hektar, 1927/28 auf 57 Hektar und 1957/58 auf über 70 Hektar, also mehr als das Zehnfache der ursprünglichen Fläche. 1840 hatte man das ursprüngliche Gelände in vier Gewanne eingeteilt, im Laufe der Erweiterungsentwicklung wurden daraus 31 Gewanne. Seine heute 70,1 Hektar machen den Hauptfriedhof zur größten Grünanlage Frankfurts – der größte Frankfurter Innenstadtpark, der Grüneburgpark, umfasst gerade einmal 29 Hektar.
Die Gestaltung der neu hinzugekommenen Teile entsprach der jeweiligen Zeit. 1912 kamen neue Bauelemente hinzu, ein neues Portal mit Kapelle und Leichenhalle, die im Jugendstil gehalten waren. Die in den 20er Jahren angelegten Gewanne folgten in der Gestaltung dem funktionalistisch-reduzierten Stil des „Neuen Frankfurt“. Nicht nur die Bau- und Gartengestaltung, sondern auch die Gestaltung der Grabmäler und Mausoleen stellen sich als Parcours durch 200 Jahre Kunstgeschichte dar. Trotz einzelner Kriegszerstörungen ist das Gesamtensemble des Hauptfriedhofs weitgehend unversehrt geblieben, was bei historischen Orten in Frankfurt eine Seltenheit ist.
Neben den Gräbern und Mausoleen gibt es auch einige Denkmäler, die spezifischen Anlässen gewidmet sind, wie das Mahnmal für die Gefallenen der Septemberunruhen 1848 und das Grabmal der Besatzung des 1937 in Lakehurst (USA) abgestürzten Zeppelins LZ 129. Die zu Tode Gekommenen beerdigte man in Frankfurt, dem Heimathafen des Luftschiffs, das auf einer Kalksteinstele eingemeißelt ist. Im Gewann VII gibt es ein Ehrenmal für die Toten des Ersten und Zweiten Weltkriegs, im Gewann I, in unmittelbarer Nähe, ein Ehrenmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Die verheerenden Kriegsfolgen sind in Form von Tausenden von Kriegsgräbern präsent.
24 km asphaltierte und 40 km nicht asphaltierte Wege erschließen den Friedhof – sich alle Teile der ausgedehnten Anlage in Ruhe anzusehen, dauert schon einige Zeit, ist aber lohnend, denn es gibt nicht viele Orte in Frankfurt, an denen man in authentischer Form so viele Relikte der Frankfurter Vergangenheit erleben kann.
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Textquellen:
Braunholz, Peter; Boerdner, Britta; Setzepfand, Christian: Der Frankfurter Hauptfriedhof, Societäts-Verlag, Frankfurt am Main, 2009.
Erche, Bettina: Der Frankfurter Hauptfriedhof, Supplement-Band zur Denkmaltopographie Stadt Frankfurt am Main, Henrich, Frankfurt am Main, 1999.
Webseite zum Hauptfriedhof mit Abbildungen einiger Prominentengräber abgerufen von >https://www.wo-sie-ruhen.de/friedhof?id=23< am 16.07.2024.
Beitrag zum Hauptfriedhof auf op-online abgerufen von >https://www.op-online.de/region/frankfurt/prominente-frankfurter-hauptfriedhof-oberen-zehntausend-totenstadt-3241543.html< am 16.07.2024.
Der Hauptfriedhof auf friedhoefe-frankfurt.de abgerufen von >https://friedhoefe-frankfurt.de/friedhof/hauptfriedhof-frankfurt/< am 16.07.2024.
Webseite zu Kriegsräbern auf dem Hauptfriedhof abgerufen von >https://hessen.volksbund.de/aktuell/projekte/artikel/kriegsgraeber-auf-dem-frankfurter-hauptfriedhof< am 16.07.2024.
Bildquellen:
Vorschaubild: Altes Portal des Hauptfriedhofs Frankfurt, 2022, Urheber: Stefan Oemisch via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.