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Christoph Werner

Schloss am Strom
Roman


Schinkel kämpft in seinen Fieberträumen um die Vollendung seines Bildes "Schloss am Strom". Er durchlebt auf seinem Krankenbett noch einmal sein erfülltes und von krankmachendem Pflichtgefühl gezeichnetes Leben und die Tragik des Architekten und Künstlers, der sich zum Diener des Königs machen ließ

Westend

Westend

Ralph Zade

Wer sich in Frankfurt auskennt, und an das Westend denkt, der denkt zunächst einmal an hohe Wohnungspreise. In diese Richtung deutet auch die offizielle Beschreibung des Stadtteils auf dem Webportal frankfurt.de, sie beginnt mit den Worten „Hier atmet die Stadt den Duft der Reichen und Schönen (...)“. In der Tat ist das Westend eine teure Gegend und war auch historisch gesehen meist ein Wohnort für Wohlhabende.

Als Anfang des 19. Jahrhunderts die Frankfurter Befestigungsanlagen, die sogenannte Landwehr, geschleift wurden, entstanden im Westend klassizistische Vorstadtvillen. Diese mussten dann ab Mitte des Jahrhunderts gründerzeitlicher Bebauung weichen. Als die Innenstadt für die immer größer werdende Bevölkerung nicht mehr ausreichte, wurde das Westend nämlich für eine Stadterweiterung auserkoren; es war dafür prädestiniert, weil es – wie der Name sagt im Westen – unmittelbar an die Frankfurter Neustadt, einen wichtigen Innenstadtteil, grenzte. Die Struktur des neuen Stadtteils, zunächst „westliche Außenstadt“ genannt, war also geplant. Vorbild für die Anlage mit Plätzen, von denen strahlenförmig Straßen ausgingen, war – auch wenn man in viel kleinerem Maßstab baute – u. a. der kurz davor begonnene Stadtumbau von Paris unter der Leitung des Barons Haussmann. Das betraf allerdings vor allem den südlichen Teil; im Norden wurden der Bebauung durch den Grüneburgpark und den Palmengarten – damals neu – Grenzen gesetzt.

1928-1931 errichtete Hans Poelzig an einem Ort im Nordteil des Westends, an dem sich früher eine „Irrenschloss“ genannte psychiatrische Klinik befunden hatte, auf einem weitläufigen Gelände das I.G. Farben-Haus, ein Meisterwerk modernen Bauens. Auch sonst war die Bebauung dort großzügig und locker. Der Südteil des Viertels blieb dagegen nach wie vor Wohngebiet mit durchgehender Bebauung. In der Nazizeit waren viele jüdische Hauseigentümer gezwungen, ihr Wohneigentum zu verkaufen, was Martin Mosebach in seinem Roman „Westend“ – der besten literarischen Schilderung des Viertels, die sich ausgezeichnet als Einstimmung auf einen Besuch eignet, allerdings nicht für eine schnelle, denn die monumentale Geschichte zweier Familien im Viertel erstreckt sich über mehr als 800 Seiten – wie folgt beschreibt (Martin Mosebach: Westend, dtv 2000, S. 376):

„Später waren erneut behäbige Häuser für ein Spottgeld zu erwerben, weil die Eigentümer ins Ausland flohen. An ihre Stelle traten Leute, die vorher nie hätten daran denken können, sich in einer solchen Gegend einzukaufen, darunter Hausmeister und kleine Geschäftsleute, die mit ihrem wenigen Ersparten zur Stelle waren, wenn der Verdacht aufkam, dass in einem jüdischen Haushalt die Koffer gepackt wurden. Dieser inneren Veränderung folgte bald eine äußere durch die Bomben (…). Aber diese Lücken waren zu zählen. Gemessen an der Vernichtung der historischen Stadt durfte man das Westend nach dem Krieg fast unversehrt nennen.“

Diese Unversehrtheit, die nicht nur im Vergleich mit der historischen Altstadt Frankfurts, sondern auch im Verhältnis zu anderen Frankfurts Wohnvierteln eine Ausnahme ist, war einer der Gründe dafür – neben der Nähe zu Innenstadt und Bankenviertel – dass das Westend bis heute eine bevorzugte Wohnlage ist.

Das I.G. Farben-Haus wurde nach dem Krieg als Hauptquartier der US-Armee genutzt; weite Teile des Nordteils des Westends wurden deshalb zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Auf angenehmere Weise im Stadtteil präsent waren die Amerikaner durch das Amerikahaus, das heute der Sitz des Instituto Cervantes (des spanischen Kulturinstituts) ist. In den Wohngebieten galt als Kriegsfolge vorerst die Wohnraumbewirtschaftung fort. Hierdurch und durch die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung unter den Nazis war das Westend in dieser Zeit anders als früher ein Wohngebiet auch für einfachere Bevölkerungskreise. In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wurde es dann im Rahmen des „Fünf-Finger-Plans“ (benannt nach fünf als Achsen vorgesehenen Straßen, an denen u. a. Bürogebäude angesiedelt werden sollten) zum Stadterweiterungsgebiet. Es entwickelte sich eine Bauspekulation, die bald auf Widerstand stieß. Dazu bildete sich eine Bürgerinitiative, die eine der ersten in der Bundesrepublik war und in der ersten Hälfte der 70er Jahre kam es zum vor allem von Studenten getragenen „Frankfurter Häuserkampf“, an dem sich später prominent Gewordene wie Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit beteiligten. Das 1975 entstandene Theaterstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ des als Filmregisseur berühmt gewordenen Rainer Werner Fassbinder ist von den Bauspekulationen dieser Jahre inspiriert. Es löste bei einer geplanten Aufführung in Frankfurt 1985 einen Skandal aus, weil es nach Auffassung Vieler nicht frei von antisemitischen Elementen ist, und u. a. Anspielungen auf Ignatz Bubis darin gesehen wurden (den späteren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland), der zur Zeit des Häuserkampfs in Immobilien im Westend investiert hatte.

Heute stehen im Süden des Westends, das aktuell über 26000 Einwohner hat, teilweise Wolkenkratzer, darunter der Messeturm. Prägend ist für das Viertel u. a. auch die Universität. Der Campus Bockenheim, die historische Keimzelle derselben, befindet sich entgegen dem Namen überwiegend nicht in Bockenheim, sondern im Westend. Dieser Campus ist auf dem Wege zur Aufgabe; die meisten zentralen Einrichtungen wurden auf den Campus Westend verlagert, mit dem I.G. Farben-Haus als Zentrum. Dieser wird verschiedentlich als schönster Campus Deutschlands bezeichnet. Sehenswert ist im Westend auch das Senckenbergmuseum für Naturkunde und die – nach Voranmeldung mit Führung zu besichtigende – Westendsynagoge, die als einzige von vier Synagogen den Naziterror überstanden hat und heute ein Zentrum jüdischen Gemeindelebens in der Stadt ist. Wer von Besichtigungen erschöpft ist, der findet im Grüneburgpark eine Möglichkeit zum Ausruhen.


*****

Textquellen:

Das Westend auf frankfurt.de:> http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2835&_ffmpar[_id_inhalt]=12737 < abgerufen am 28.02.2018.

Fassbinder,Rainer Werner: Der Müll, die Stadt und der Tod / Nur eine Scheibe Brot. Zwei Stücke: Frankfurt:Verlag der Autoren,1998.

Mosebach, Martin: Westend: München: Deutscher Taschenbuchverlag, 2000 (Erstausgabe Hamburg 1992).

Westend-Chronik auf der Website der Aktionsgemeinschaft Westend: > http://www.aktionsgemeinschaft-westend.de/geschichte-des-westends/ < abgerufen am 29.02.2018.


Bildquellen:

Vorschaubild: Messeturm Frankfurt am Main. Aufnahmestandort: Aussichtsplatform des Maintower, 2003: Urheber: Raimond Spekking via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Rückseite des IG-Farben-Hauses in Frankfurt, 2010: Urheber: Adornix via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Instituto Cervantes (former Amerika-Haus) in Frankfurt am Main, 2008, Urheber: Dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Campus Bockenheim der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (der Eingang des „Juegelhauses“), 2010: Urheber: Dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.


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