Frankfurt-Lese

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Ursula Brekle

Familie Stauffenberg

Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 drohte Himmler: „Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied.“ Vor Ihnen liegt die spannungsreiche Geschichte, die beweist, dass es Himmler nicht gelungen ist, die Drohung wahrzumachen.

Die Marktschiffe

Die Marktschiffe

Sabine Gruber

Erinnerung an das Höchster Marktschiff

„Eine der unschuldigsten und zugleich unterhaltendsten Lustpartien, die ich mit verschiedenen Gesellschaften junger Leute unternahm, war, daß wir uns in das Höchster Marktschiff setzten, die darin eingepackten seltsamen Passagiere beobachteten und uns bald mit diesem bald mit jenem, wie uns Lust oder Mutwille trieb, scherzhaft und neckend einließen.“ Diese Jugenderinnerung Goethes im fünften Buch von „Dichtung und Wahrheit“ galt dem Marktschiff, einem auch andernorts seit dem Mittelalter bestehenden Linienverkehr mit Schiffen in Richtung größerer Märkte, der mit besonderen Rechten ausgestattet war. Das Deutsche Rechtswörterbuch beschreibt das Phänomen und die Rechtsstellung der Marktschiffe als: „von der Landesherrschaft eingerichtetes und verliehenes Transportmittel für Marktbesucher und den Warenverkehr auf Wasserstraßen, das unter besonderem Friedensschutz [...] steht“.

Zum wichtigen Handelsort Frankfurt verkehrten mehrere Marktschiffe, deren Fahrtzeiten den Einwohnern auch ohne Fahrplan bekannt waren, denn sie änderten sich über die Jahrhunderte hinweg nur wenig. So begann das Mainzer Marktschiff, das bereits seit dem Hochmittelalter urkundlich belegt ist, seine Fahrt nach Frankfurt seit dem Ende des 16. Jahrhunderts um 7 Uhr, hielt unterwegs in Höchst (bei Bedarf auch in Hochheim und Flörsheim) und erreichte Frankfurt zwischen 15 und 16 Uhr. Die Ankunft des Schiffes am Fahrtor wurde vom Turm der Nikolaikirche aus mit einer Trompete signalisiert. Die Rückfahrt nach Mainz begann das Schiff am folgenden Tag um 10 Uhr und traf dort zwischen 15 und 16 Uhr wieder ein. Weil das Marktschiff von Mainz aus mainaufwärts fuhr, musste es vom Ufer her von Pferden gezogen werden, die auf dem Leinpfad unterwegs waren. Deshalb war die Fahrt in dieser Richtung etwas teurer. Wenn in Frankfurt Messen stattfanden, wurden an das eigentliche Marktschiff oft noch Kähne mit Gepäck angehängt. Auf einem Marktschiff fanden bis zu 200 Personen Platz. Neben dem Mainzer Marktschiff gab es ein Hanauer und ein Offenbacher Marktschiff. Wie Goethe es in „Dichtung und Wahrheit“ andeutete, verkürzten sich die Reisenden die lange Fahrt mit allerlei Unterhaltungen und Vergnügungen.

Daran, dass diese Unterhaltungen immer so unschuldig waren, wie von Goethe dargestellt, lässt ein Abschnitt aus der Lebensgeschichte der pietistischen Autorin Johanna Eleonora Petersen (1644-1724), der im Folgenden stark gekürzt wiedergegeben wird, Zweifel aufkommen. Die dort geschilderte Fahrt mit dem Hanauer Marktschiff hätte beinahe in einer Katastrophe geendet. Die Unterhaltungen, die Petersen während ihrer Fahrt hörte, scheinen eher grober und schlüpfriger Natur gewesen zu sein: „Denn es geschah, daß ich auf dem Marktschiff von Frankfurt nachher nach Hanau fuhr […], da waren unterschiedliche Leute, auch einige Soldaten, so mit unkeuschen Weibspersonen sehr grobe und unzüchtige Scherzreden führeten, darüber meine Seele betrübet wurde, daß die Menschen ihrer Seelen so ganz vergessen, lehnete mich an das Schiff und suchte einzuschlafen, daß ich solche Rede nicht länger hören möchte […]. Es war aber nicht eine Viertelstunde hernach, so kam ein rechter Windwirbel, der das Schiff fassete, und in sehr großer Gefahr waren, daß sie alle vor Angst schrien und den Namen Jesu, den sie zuvor in ihrem leichtfertigen Scherz so oft unnütz genennet, um Hilfe anriefen. Da tat mir Gott meinen Mund auf, daß ich ihnen zeigete, was vor Angst die Gefahr des Todes machen könnte und wie sie zuvor den Namen Christi unnützlich geführet, den sie nun um Hilfe anschrien […]. Als wir aber meineten, daß das Schiff sinken wollte, weil es schon sehr viel Wasser hatte und alles Zustopfen und Ausschöpfen nichts helfen wollte, auch der Sturm aufhielt, daß man weder zur Rechten noch zur Linken ans Land konnte, da war es auf einmal ganz stille und drang der Schiffer zu Land, da sprungen sie aus dem Schiff, und die wilden Soldaten hatten meine Worte zu Herzen genommen, nahmen genau acht auf mich, daß ich wohl zu Land kam […].“

Ein Marktschiffer-Gespräch, das 1596 unter dem Pseudonym Marx Mangold erschien, und von dem Frankfurter Stadtpfarrer Konrad Lauterbach stammte, war indes nicht schlüpfriger Art, sondern pries vielmehr in der Unterhaltung eines Studenten und eines Händlers auf dem Mainzer Marktschiff Frankfurt als Stadt des Buchdrucks und der Wissenschaft. Was sich in diesem Gespräch auch andeutet, ist die Tatsache, dass sich auf den Marktschiffen die Gesellschaftsschichten mischten und man, wie Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ andeutete, durchaus mit Mitmenschen ins Gespräch kommen konnte, die einem seltsam vorkamen und die man im Alltag eher gemieden hätte.


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Textquellen:

Estermann, Monika: Signete und Widmungsbriefe Frankfurter Verleger des 16. Jahrhunderts in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 59, 2005, S. 65-91.

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Historisches Taschenbuch:Friedrich von Raumer (Hrsg.), Vierte Folge, Zehnter Jahrgang, Leipzig, 1869.

Quetsch, Franz H.: Geschichte des Verkehrswesens am Mittelrhein: Von den ältesten Zeiten bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, Freiburg i. Br., 1891.

>https://www.flörsheim-1656.de/html/main-_mainschif...< abgerufen am 03.12.2020.

Marktschiff in: Deutsches Rechtswörterbuch IX, Sp. 281f. abgerufen von >https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/<am 03.12.2020.

Petersen,Eleonore : Aus der Selbstbiographie, Zit. nach: >http://www.zeno.org/Kulturgeschichte/M/Petersen,+J...< abgerufen am 03.12.2020.

Goethe,Johann Wolfgang: Aus meinem Leben: Dichtung und Wahrheit, 5. Buch, Zit. nach: http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wol... abgerufen am 03.12.2020.


Bildquellen:

Vorschaubild: Schiffsverkehr auf dem Main bei Höchst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, im Hintergrund der Bolongaropalast, etwa 1850, Urheber: Stahlstich von Schliesshahn nach einer Lithographie von Philipp Jacob Bauer (1792-1838) via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Fahrtor und Rententurm (links am Mainufer), 1628, Urheber: Matthäus Merian via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Johanna Eleonora Petersen, zeitgenössischer Kupferstich, 1724, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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