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Flechtwerk
Lebendige Nachbarschaft und Integration

so heißt die erste Ausgabe unserer neuen Zeitschrift

FLECHTWERK - Lebebendige Nachbarschaft und Integration

Die Deutschen sind ofener geworden und haben gleichzeitig mehr Sinn für Heimat, Familie und Nachbarschaft entwickelt. Es müssen neue Wege gesucht werden, um Ausgrenzung und Anonymität zu verhindern.

Alte Frankfurter Gasthöfe

Alte Frankfurter Gasthöfe

Sabine Gruber

Als Messestadt war Frankfurt schon immer eine Stadt, die zweimal im Jahr zahlreiche Händler und Gäste aus Deutschland, aber auch aus anderen Ländern anzog. Bereits im Spätmittelalter konnten die Gäste auf eine reich entwickelte Infrastruktur mit Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten aller Kategorien zurückgreifen, und so mancher Gasthof konnte sich über die Jahrhunderte hinweg halten und seinen Gästen einen an die veränderten Bedürfnisse angepassten Service bieten. Neben den Gasthöfen boten auch Privatleute Quartiere für Messebesucher an, sodass Johann Heinrich Faber 1788 feststellen konnte „Der kleinste Winkel bringt Geld in der Meß.“ Manchmal wurden wie auch heute trotz der guten Infrastruktur die Übernachtungsmöglichkeiten knapp, wie Mozart während einer seiner Reisen in die Handelsstadt feststellen musste. Seiner Frau schrieb er am 28. September 1790: „Wir sind unterdessen in der Vorstadt Sachsenhausen in einem Gasthofe abgestiegen, zu Tod froh daß wir ein Zimmer erwischt haben.“

Der „Getreue Wegweiser von Frankfurt am Mayn und dessen Gebiete“ von Heinrich Hüsgen aus dem Jahr 1802 nennt die damals vorhandenen Gasthöfe, akribisch nach Kategorien geordnet. Als große Gasthöfe, die sich ausschließlich in der Kernstadt fanden, nicht in Sachsenhausen, wo Mozart übernachtete, listet er auf: „Das rothe Haus, auf der Zeil. Der römische Kaiser, auf der Zeil. Der englische Hof, auf dem Roßmarkt. Der weiße Schwan, auf dem Steinweg. Der goldene Löwe auf der Fahrgasse. Der Weidenbusch, auf dem Steinweg. Der Weidenhof, auf der Zeil.“ In dieser Kategorie von Gasthöfen stiegen nur die Wohlhabenderen der Frankfurt-Besucher und -Besucherinnen ab. Genügend Auswahl – zumindest außerhalb der Messezeiten – gab es aber auch unter den kleineren und preisgünstigeren Gasthöfen.

An der seit dem 12. Jahrhundert entstandenen und später zur Prachtstraße ausgebauten Zeil fanden sich früher weniger Geschäfte als Gasthöfe und prächtige Renaissance- und Barockpalais. Das Gasthaus „Rotes Haus“, das nicht mit dem rekonstruierten Alten und Neuen Roten Haus in der Neuen Frankfurter Altstadt verwechselt werden darf, war ein prächtiges dreistöckiges Gebäude im Stil der Spätrenaissance, das von 1635 bis 1646 errichtet wurde. Neben dem „Roten Haus“ war an der Zeil auch der „Römische Kaiser“ angesiedelt, wo 1764 niemand Geringeres als die österreichische Kaiserin Maria Theresia mit ihrem Sohn, dem späteren Kaiser Joseph II., übernachtete. An der Fassade des „Römischen Kaisers“ war 1742 eine Figur von Maria Theresias Vater Karl VII. angebracht worden, die sich heute im Frankfurter Historischen Museum befindet. Ein weiterer Traditionsgasthof an der Zeil war der „Weidenhof“, den die Großmutter Goethes geerbt hatte und dessen Verkaufserlös einen nicht unwesentlichen Anteil am Vermögen von Goethes Vater ausmachte.

Im Restaurant des 1797 erbauten „Englischen Hofs“ am Roßmarkt kehrte der von 1833 bis zu seinem Tod im Jahr 1860 in Frankfurt wohnende Arthur Schopenhauer gern ein. Der am Steinweg gelegene „Weiße Schwan“, bereits seit dem späten 16. Jahrhundert als Gasthof bekannt, und seit dem späten 18. Jahrhundert in einem großen klassizistischen Neubau ansässig, galt zeitweise als bestes Hotel in Frankfurt. 1793 haben hier Luise von Mecklenburg-Strelitz und der spätere preußische König Friedrich Wilhelm III. ihre Verlobung gefeiert. Fast ein Jahrhundert später, am 10. Mai 1871, wurde hier Geschichte geschrieben. Der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck traf sich mit dem französischen Außenminister Jules Favre um mit dem Frankfurter Friedensvertrag den deutsch-französischen Krieg zu beenden. Heute erinnert eine Gedenktafel an dem neuen Gebäude (Steinweg 12), das nach dem Zweiten Weltkrieg an Stelle des zerstörten Hotelgebäudes errichtet wurde, an das Ereignis.

Ebenfalls am Steinweg befand sich seit dem 18. Jahrhundert der Gasthof „Weidenbusch“, seit 1770 in einem spätbarocken Neubau, der 400 Übernachtungsgästen Platz bot und über einen sehr großen Speisesaal verfügte. Nicht zuletzt deshalb wählte ihn die Frankfurter Museumsgesellschaft als Veranstaltungsort für ihre Konzerte, die von 1832 bis 1860 hier stattfanden. Heute finden die Konzerte in der Alten Oper statt. Auch das Festmahl, das die Stadt Frankfurt für die Teilnehmer des ersten Germanistentages am 27. September 1846 ausrichtete, fand im "Weidenbusch" statt. Seit 1859 firmierte der Gasthof unter neuem Namen als „Hotel de l’Union“. Das alte Hotelgebäude wurde 1905 durch ein neues ersetzt, von dem heute nur noch die Fassade erhalten ist.

Im „Goldenen Löwen“ schließlich, der sich gegenüber dem Löwenplätzchen in der Fahrgasse 27 (heute 41) befand, und seit 1839 „Württemberger Hof“ hieß, war 1763 Voltaire zu Gast. Sein Aufenthalt nahm ein wenig erfreuliches Ende, denn er wurde auf Befehl Friedrichs II. von Preußen im Gasthof unter Hausarrest gestellt. Das Gebäude des "Goldenen Löwen" wurde bereits 1937 abgerissen. Heute erinnert noch der Löwenbrunnen, der einst auf dem Löwenplätzchen stand, an den verschwundenen Ort.

Mit dem Beginn des Eisenbahnzeitalters wurden in der Nähe der Bahnhöfe am damaligen Stadtrand und vor allem seit dessen Eröffnung im Jahr 1888 rund um den neuen Hauptbahnhof, zahlreiche weitere große Hotels gebaut, die den alteingesessenen Hotels in der Innenstadt zunehmend Konkurrenz machten. Ein solches in der Gründerzeit errichtetes Hotel, das den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden hat, und bis heute eines der besten Frankfurter Hotels ist, in der „Frankfurter Hof“ an der Kaiserstraße.

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Textquellen:

Auß Auffrichtiger Lieb Vor Franckfurt: Patriziat im alten Frankfurt, Hrsg. von der Cronstett- und Hynspergischen Evangelischen Stiftung und dem Historischen Museum Frankfurt, Frankfurt a. M., 2000 (daraus das Zitat von J. H. Faber).

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Hüsgen, Heinrich Sebastian: Getreuer Wegweiser von Frankfurt am Mayn und dessen Gebiete für Einheimische und Fremde nebst einem genauen Grundriß der Stadt und einer akkuraten Charte von dem Gebiete, Frankfurt a. M., 1802.

Lohne, Hans: Mit offenen Augen durch Frankfurt: Ein Handbuch der Brunnen, Denkmäler, Gedenkstätten und der Kunst am Bau, Frankfurt am Main, 1969.

Mozartiana: Nach aufgefundenen Handschriften herausgegeben von Gustav Nottebohm, Leipzig, 1880.

>https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt-im-18-jahrhundert-vom-palasthotel-bis-zur-schuetzenliesl-12052706.html< abgerufen am 02.08.2020.

>https://historisches-museum-frankfurt.de/de/node/33704< abgerufen am 02.08.2020.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Zeil< abgerufen am 02.08.2020.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Ro%C3%9Fmarkt_(Frankfurt_am_Main)< abgerufen am 02.08.2020.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Steinweg_(Frankfurt_am_Main)< abgerufen am 02.08.2020.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Hotel_zum_Schwan< abgerufen am 02.08.2020.


Bildquellen:

Vorschaubild: Der Römische Kaiser, 1836, Urheber: Friedrich Joseph Ehemant via Wikimedia Commons Public Domain.

Titelbild: Hüsgen, Heinrich Sebastian: Getreuer Wegweiser von Frankfurt am Main und dessen Gebiete für Einheimische und Fremde nebst einem genauen Grundriß der Stadt und einer akkuraten Charte von deren Gebieten, Frankfurt am Main, 1802.

Frankfurt on the Main: Rotes Haus (red house) at the Zeil, 1699, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons gemeinfrei.

Frankfurt am Main, Hotel Englischer Hof (Hotel d'Angleterre) am Roßmarkt 13-15, Urheber: Karl Hertel; Quelle: Stadtarchiv der Stadt Frankfurt am Main, 1878 via Wikimedia Commons gemeinfrei.

Das Hotel "Zum Weidenbusch" im Steinweg, 1907 abgerissen, 1904, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons gemeinfrei.

Der Württemberger Hof um 1900, Urheber: unbekannt; Quelle: Stadtarchiv Frankfurt via Wikimedia Commons gemeinfrei.

Frankfurter Hof, etwa 1877, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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