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Florian Russi

St. Valentin und die Liebenden

Viele vermuten hinter dem Valentinstag eine Erfindung der Neuzeit, um das Geschäft der Floristen anzukurbeln. Nur die wenigsten wissen, wer sich hinter dem Namensgeber St. Valentin verbirgt.
Florian Russi geht in dieser Broschüre der Sage um den Tag der Liebenden auf den Grund. Er stößt auf die tragische Liebesgeschichte und einen Mönch mit grünem Daumen.

Die Frankfurter Zunftunruhen von 1525

Die Frankfurter Zunftunruhen von 1525

Ralph Zade

Das Jahr 1525 verbindet man in Deutschland meist mit dem Bauernkrieg und dem Protagonisten Thomas Müntzer. Die Aufstände dieses Jahres als reine Bauernaufstände zu verstehen, greift jedoch zu kurz. Das historische Bewusstsein ist insofern von der Kommunikationsstrategie Martin Luthers und seiner Anhänger geprägt - einerseits wollten diese dem Vorwurf, auch Bürger hätten sich an Aufständen beteiligt, entgegenwirken, indem sie sich von den Bauern scharf abgrenzten (bekannt ist Luthers Schrift "Wider die Mordischen und Reubischen Rotten der Bawren"), andererseits wollte man Veränderungen im Sinne der Reformation und des Bürgertums, die es infolge der Aufstände gegeben hatte, retten. Dass es nicht nur auf dem Lande, sondern sehr wohl auch in Städten Unruhen gab, zeigt sich exemplarisch in Frankfurt.

Frankfurt war im dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts eine Stadt mit einer Einwohnerzahl von unter 10000 Einwohnern, die aus der Altstadt - dem mittelalterlichen Stadtkern - und der um diese herum im 14. Jahrhundert entstandenen Neustadt - abgegrenzt durch die Wallanlagen - sowie Sachsenhausen auf der anderen Seite des Mains bestand. Die Mehrheit der Bevölkerung lebte in der Altstadt, darunter viele zunftangehörige Handwerker, während die weniger gut gestellten nicht zunftangehörigen Handwerker eher in der Neustadt wohnten. Bestimmte "ratsfähige" Zünfte (nicht alle Handwerksgewerbe waren zunftfähig und von den Zünften wiederum nicht alle ratsfähig) waren im Rat der Stadt vertreten - den 15 Zunftvertretern kam im Rat die Dritte Bank zu, während die Erste und die Zweite Bank für Patrizier reserviert waren.

Die von der Geschichtsschreibung teils als Frankfurter Zunftunruhen, teils als Zunftaufstand bezeichneten Ereignisse begannen am 17. April, dem Ostermontag des Jahres 1525, und dauerten von den Aufstandsaktionen her bis zum 22. April. Unter der Führung einer Gruppierung von Handwerkern, die sich Gemeinschaft der evangelischen Brüder nannte, stürmte eine bewaffnete Volksmenge zentrale Orte der Stadt.

Die gegen katholische Geistlichkeit und Stadtregierung, mehr noch aber gegen die die Rahmenbedingungen vorgebende kaiserliche Ordnung rebellierenden Aufständischen hatten im Wesentlichen drei Anliegen. Zum einen ging es um religiöse Fragen, nämlich um die Umsetzung von Vorstellungen der Reformation. Martin Luther hatte 1521 Frankfurt besucht und dort begeisterte Anhänger gefunden, u. a. den Rektor der Lateinschule, Wilhelm Nesen, der ihm dann nach Wittenberg gefolgt war. 1522 hatte Hartmann Ibach in der Katharinenkirche (heute die zentral an der Zeil gelegene evangelische Hauptkirche Frankfurts) erste Predigten im Sinne der Reformation gehalten. Dennoch war der Einfluss der katholischen Amtskirche in Frankfurt, das kirchenrechtlich zum Erzbistum Mainz gehörte, nach wie vor stark, es gab zahlreiche Priester und auch mehrere Klöster in der Stadt. Zum zweiten ging es um Reformen des städtischen Rechts im Sinne einer Modernisierung. Und zum dritten gab es wirtschaftlich-soziale Forderungen, die teilweise im Interesse der ärmsten Bevölkerungsschichten waren, teilweise aber auch den Interessen der durchaus wohlhabenden Zunftangehörigen dienten.

Die Aufständischen wählten einen nach der Anzahl der Mitglieder benannten "61er Ausschuss", der mit Vertretern des Patriziats verhandelte. Dabei standen die Vertreter der Patrizier vor allem in religiösen Fragen nicht eindeutig auf der Seite des Kaisers. Vielmehr nahm der Ältere Bürgermeister Hamman von Holzhausen (1467-1536), der selbst ein Anhänger der Reformation war, eine vermittelnde Stellung ein und bemühte sich darum, eine Lösung zu finden, die sowohl die Interessen der Aufständischen, als auch die des Kaisers und des Erzbischofs von Mainz berücksichtigte.

Die Vertreter der Aufständischen hatten ihre Forderungen in 46 Artikeln niedergelegt, an deren Formulierung der aus Köln stammende protestantische Theologe Gerhard Westerburg beteiligt war. Deren Grundbestand war an die Zwölf Artikel angelehnt, die die Bauernschaft in Schwaben gegenüber dem Schwäbischen Bund erhoben hatte, ergänzt durch Forderungen, die für Frankfurt spezifisch waren. Hierbei handelte es sich nicht um ein stringent gegliedertes Regelwerk, sondern um mehr oder weniger eklektisch zusammengestellte Artikel zu den oben genannten Bereichen. Sie reichten von kirchenrechtlichen Regelungen wie der Berufung von Geistlichen durch die Gemeinde (die katholischem Kirchenrecht widersprach) und der Abschaffung des Zölibats für Geistliche über Regelungen zu Gerichtsverfahren und die Gebühren hierfür bis zur Abschaffung und Reduzierung von Abgaben und der Überlassung von Bucheckern aus dem Stadtwald an die Armen.

Es gelang den Aufständischen, den Rat zur Annahme der 46 Artikel zu zwingen. Obwohl der Rat der Stadt fortbestand, übernahm der 61er Ausschuss zeitweise faktisch die Regierung. Im Juni 1525 wurden zwei protestantische Theologen, Johann Bernhard und Dionysius Melander, an den Bartholomäusdom berufen; dabei wurde der katholischen Kirche der Chor reserviert, die Protestanten übernahmen den Rest der Kirche.

Vorübergehend hatte der Aufstand also beträchtlichen Erfolg. Dieser hatte aber bald ein Ende, da sich die Kräfteverhältnisse änderten. Den Umschwung brachten nicht Ereignisse in Frankfurt, sondern die Niederlage der Bauern im Pfälzischen Bauernkrieg im Juni 1525, die die Kräfteverhältnisse im Reich zugunsten des Kaisers und der Reichsfürsten änderte. Letztere verlangten von Frankfurt die Rücknahme der 46 Artikel, zu der sich der Rat der Stadt am 2. Juli 1525 verpflichtete. Der Forderung nach Bestrafung der Anführer des Aufstands musste jedoch, nachdem die Frankfurter Stadtregierung unter Hamman von Holzhausen geschickt verhandelt hatte, nicht Folge geleistet werden. Damit waren die politischen Verhältnisse in Frankfurt nach der vor den Unruhen geltenden Stadtverfassung wiederhergestellt. Erst knapp 90 Jahre später, im Rahmen des Fettmilch-Aufstands 1614, wurden sie wieder infrage gestellt. Dauerhafte Folgen hatten die Frankfurter Zunftunruhen dagegen im kirchlichen Bereich. Die Berufung der beiden protestantischen Geistlichen wurde nicht rückgängig gemacht und muss als Meilenstein bei der Einführung des Protestantismus in Frankfurt gelten.

*****
Textquellen:

Jahns, Sigrid: Frankfurt am Main im Zeitalter der Reformation in: Frankfurter Historische Kommission (Hrsg.): Frankfurt am Main – Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen. (= Veröffentlichungen der Frankfurter Historischen Kommission. Band XVII). Jan Thorbecke, Sigmaringen, 1991.

Rammstedt, Ottheinrich: Stadtunruhen 1525, in: Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft: Der Deutsche Bauernkrieg 1524-1526 (1975), S. 239-276, Vandenhoeck & Ruprecht (Aussage zur Kommunikationsstrategie Luthers in Bezug auf den Bauernkrieg auf S. 239).

Steitz, Georg Eduard: Dr. Gerhard Westerburg, der Leiter des Bürgeraufstandes zu Frankfurt a. M. im Jahre 1525 in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 13 (1872), S. 1-215.

Gerhard Westerburg in der Neuen Deutschen Biographie: abgerufen von >https://www.deutsche-biographie.de/sfz6893.html< am 07.01.2021.

Sabine Hock: Reformation in der Reichsstadt. Wie Frankfurt am Main evangelisch wurde; abgerufen von >https://www.sabinehock.de/downloads/reformation.pdf< am 07.01.2021.

Titelblatt der 46 Artikel: abgerufen von >https://commons.wikimedia.org/wiki/File:46_Artikel_Titelblatt_1525.jpg< am 07.01.2021.


Bildquellen:

Vorschaubild: Die Reformation Gustav Eilers nach Wilhelm von Kaulbach via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Katharinentor in Frankfurt, die Zeil, 1631, Urheber: Valentin Wagner via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

1524: Porträt des 38-jährigen Gerhard von Westerburg, Urheber: Bartholomäus Bruyn d. Ä.via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Hamman von Holzhausen (1467–1536), 1529, Urheber: Conrad Faber von Kreuznach via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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