Frankfurt-Lese

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Autor Christoph Werner lässt den Weimarer Unternehmer und Verleger Friedrich Justin Bertuch zurückblicken auf das eigene Leben.

Ein Tag im Leben des Friedrich Justin Bertuch

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Frankfurter Auswanderer nach Nordamerika

Frankfurter Auswanderer nach Nordamerika

Sabine Gruber

In Frankfurter Zeitungen und Zeitschriften des 18. und 19. Jahrhunderts finden sich zahlreiche Werbeanzeigen, die sich an Auswanderer – vor allem solche, die nach Nordamerika auswandern wollten – richteten. Ein Beispiel von vielen ist diese aus der Frankfurter „Deutschen Zeitung“ von 1850: „Zur Nachricht für Auswanderer. Der von der bremischen Regierung zur Expedition der See-Schiffe und zur Annahme und Beförderung der Auswanderer angestellte Schiffsmakler Fr. W. Bödecker jun., H. Aug. Heineken Nachfolger in Bremen, fertigt nach wie vor große, schöne, besonders für die Passagierfahrt gebaute und eingerichtete, kupferfeste und gekupferte mit reichlichen gesunden Lebensmitteln ausgerüstete Schiffe nach allen Häfen der Welt ab a) nach Nord-Amerika ...“. An Warnungen vor einer überstürzten und schlecht geplanten Auswanderung wie folgender aus der „Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung“ von 1843 fehlte es gleichwohl auch nicht: „– Bremen – Höchst beachtenswerth für Auswanderer nach Amerika. Wir verfehlen nicht auch dieses Jahr im Interesse der Auswanderer dieselben hiedurch auf‘s dringendste aufzufordern, sich vor ihrer Hierherkunft durch Abschließung von Contrakten feste Schiffsangelegenheiten zu sichern. Obgleich unsere Bemühungen dieserhalb von gutem Erfolge gewesen, so kamen doch im vorigen Spätherbst einige Fälle vor, die uns bestimmen, unsere Aufforderung zu wiederholen.“

Die Fülle von Anzeigen dieser Art war kein Zufall, denn Frankfurt am Main war, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert, aber auch noch später, eines der deutschen Zentren der Anwerbung von Auswanderern nach Nordamerika. Nicht zuletzt gibt es heute den Ortsnamen Frankfort in den Vereinigten Staaten von Alabama bis Wisconsin zwanzig Mal. Ein Ort in Maine, der ursprünglich ebenfalls Frankfort hieß, wurde später in Dresden umbenannt – vermutlich, weil zu diesem Zeitpunkt die sächsische Herkunft der Neusiedler überwog. Frankfurter waren auch am Entstehen einer anderen Stadt, die nicht Frankfort genannt wurde, sondern Germantown, in Pennsylvania maßgeblich beteiligt. Gründungsdatum von Germantown ist das Jahr 1683. Zuvor war der Jurist und Schriftsteller Franz Daniel Pastorius (1651-1719), der seit 1679 in Frankfurt gelebt und dort in pietistischen Zirkeln verkehrt hatte, im Auftrag der „Frankfurter-Land-Kompagnie“ , nach Pennsylvania gereist, um für Frankfurter Auswanderungswillige Grundstücke zu erwerben. Die ersten Siedler, die dort eintrafen und für die er tätig wurde, waren jedoch keine Frankfurter, sondern Quäker aus der Gegend von Krefeld. Schon bald nach ihrem Eintreffen, wurde die Stadt gegründet. Später siedelten sich auch Menschen anderen Glaubens oder ohne deutschen Hintergrund dort an.

1743 wurde in der Druckerei Johann Christoph Sauers (1695-1757) – der ersten deutschsprachigen in Amerika – in Germantown die „Sauer-Bibel“ in deutscher Sprache gedruckt. Auch dabei spielten Frankfurter Bürger eine Rolle, denn Sauer verwendete für seine Drucke Typen der Frankfurter Schriftgießerfamilie Luther. Heinrich Ehrenfried Luther (1700-1770), der die Schriftgießerei 1740 übernommen hatte. verbrachte sein Leben zwar überwiegend in Frankfurt, hatte aber zeitlebens gute Kontakte nach Nordamerika, unter anderem auch zu dem Drucker Joseph Crell in Massachusetts. Crell reiste 1750 nach Frankfurt, um dort für die Auswanderung nach Amerika zu werben.

Frankfurter Bürger brachten es in der „Neuen Welt“ mitunter zu großem Ansehen. Einer, der erst nach heutigem Verständnis ein Frankfurter war, der gebürtige Bockenheimer Jakob Leisler (1640-1691) – Bockenheim war zu dieser Zeit noch ein selbstständiges Dorf, heute ist es ein Frankfurter Stadtteil – wurde für kurze Zeit sogar erster Gouverneur von New York. Seine Rolle in der Geschichte New Yorks wird jedoch kontrovers beurteilt. Leisler wanderte bereits mit zwanzig Jahren in das heutige New York aus, das damals noch unter niederländischer Herschaft stand. Nachdem die Briten sich gegen die Niederländer durchgesetzt hatten, führte Leisler 1689 einen Aufstand der kleinen Kaufleute und Handwerker der Stadt gegen die Patrizier an. Zum Jahresende übernahm er die Regierung der Provinz New York. Bereits wenig später wurde er jedoch wegen Hochverrats angeklagt und hingerichtet.

Frankfurt hat noch heute vielfältige Kontakte nach Amerika. Eine seiner Partnerstädte ist seit 2015 Philadelphia und damit im gewissen Sinne auch Germantown, das heute keine selbstständige Stadt mehr ist, sondern bereits seit 1854 ein Stadtteil von Philadelphia.


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Textquellen

Frankfurt-Lexikon. Mit einem Stadtplan; Kramer, Waldemar (Hrsg.): Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M.,1973.

Adam, Thomas: Germany and the Americas: Culture, Politics, and History: A Multidisciplinary Encyclopedia, Bd. 1. Santa Barbara, 2005.

Deutsche Zeitung, Frankfurt am Main, 3. Februar 1850, S. 272.

Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung (Beilage zu Nro. 49.), 18. Februar 1843.

Hock, Sabine: Luther, Heinrich Ehrenfried in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von > http://frankfurter-personenlexikon.de/node/42 < am 31.12.2019.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Germantown_(Philadelphia) < abgerufen am 31.12.2019.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Daniel_Pastorius < abgerufen am 31.12.2019.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Sauer-Bibel < abgerufen am 31.12.2019.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Christoph_Sauer < abgerufen am 31.12.2019.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Jakob_Leisler < abgerufen am 31.12.2019.


Bildquellen

Vorschaubild: Die Auswanderer nach Amerika, ca. 1850, Urheber: Franz Wilhelm Harsewinkel via Wikimedia Commons public domain.

Bilder aus Alt-Germantown. Gezeigt wird die erste Blockhütte von Pastorius um 1683, Pastorius’ späteres Wohnhaus um 1715, Druckerei und Wohnhaus von Caurs um 1735 sowie der Marktplatz um 1820, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Sauer-Bibel, 3. Auflage, Germantown 1776, 2014, Urheber: Concord via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Statue Jacob Leislers an der North Avenue in New Rochelle, 2007, Urheber: Anthony22 via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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