1533 wurde in Frankfurt die Reformation eingeführt, nachdem dort bereits in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts erste evangelische Predigten gehalten worden waren. Bereits wenige Jahre später wurde die Stadt, die schon immer multikulturell war, zu einem wichtigen Anlaufpunkt für europäische Glaubensflüchtlinge. Als erste kamen 1554 Flüchtlinge aus den spanischen Niederlanden und England. Es folgten gleich im nächsten Jahr flämische Flüchtlinge, die ihre Gottesdienste zunächst in der Weißfrauenkirche, später in der Jakobskirche in Bockenheim, damals einem selbstständigen Dorf, feierten. Auch der Reformator Johannes a Lasco war 1555 aus Emden nach Frankfurt geflüchtet und hatte noch im gleichen Jahr das Frankfurter Bürgerrecht erworben. Die Stadt wirkte anziehend auf Glaubensflüchtlinge, weil sie über eine gute Infrastruktur, wie zum Beispiel Buchdruckereien, verfügte und auf religiösem Gebiet relativ liberal war. Diese Liberalität war auch der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung durch die Kompetenzen der Flüchtlinge geschuldet.
Eine weitere Welle von Glaubensflüchtlingen erreichte Frankfurt nur ein Jahrhundert später, als nach der Aufhebung des Edikts von Nantes 1685 zahlreiche Hugenotten hier Zuflucht suchten. Ein Teil der Flüchtlinge suchte nur zeitweise in Frankfurt Zuflucht und zog später weiter in andere Städte oder Länder. Viele blieben aber und trugen wesentlich zur kulturellen Entwicklung der Stadt und ihrer Umgebung bei. Weil sich im Frankfurter Stadtbereich bald wieder die lutherische Glaubensrichtung durchsetzte und zunächst kein reformierter Gottesdienst mehr geduldet wurde, siedelten sich die reformierten Glaubensflüchtlinge später vorwiegend im Umland an, wie zum Beispiel in Hanau. Eine eigene reformierte Kirche innerhalb des Stadtgebiets gab es erst seit 1793 am Großen Kornmarkt. Viele der Flüchtlinge blieben trotz der in Frankfurt für Reformierte lange Zeit eingeschränkten Religionsfreiheit in der Stadt.
Zu den Glaubensflüchtlingen, die sich nur zeitweise in Frankfurt aufhielten, gehörte der Engländer John Foxe. Foxe wurde 1516 in Boston in der Grafschaft Lincolnshire geboren. Als 16jähriger begann er ein Studium in Oxford. 1543 schloss er seine Studien ab und wurde Dozent, musste seine akademische Karriere aber schon 1545 wieder beenden, weil er zum protestantischen Glauben übergetreten war und somit den Bruch mit der anglikanischen Church of England vollzogen hatte. 1547 heiratete er Agnes Randall. 1550 wurde er zum Diakon ordiniert. Als ihm im Zuge der Rekatholisierung unter Mary I. die Verhaftung drohte, verließ er 1554 wie zahlreiche andere Protestanten England. Zunächst ging er nach Antwerpen und Rotterdam, im Herbst 1554 kam er nach Frankfurt. Nach dem Tod Marys I. im Jahr 1558 kehrte Foxe nach England zurück, wurde Geistlicher und widmete sich seinen Publikationen. 1587 starb er in London.
Nachdem Foxe im Herbst 1554 nach Frankfurt gekommen war, arbeitete er als Prediger für die englischsprachigen Glaubensflüchtlinge, die sich in der Stadt aufhielten. Für jede Gruppe unter den Glaubensflüchtlingen gab es zunächst Gottesdienste in ihrer eigenen Sprache. Eine englischsprachige Gemeinde war im Juli 1554 gegründet worden, eine französischsprachige bestand damals bereits. Als Foxe in die noch junge Gemeinde eintrat, gab es dort bereits heftige Auseinandersetzungen über die liturgischen Bücher, die während der Gottesdienste verwendet werden sollten. Während die einen im Gottesdienst das „Book of Common Prayer“ verwenden wollten, bestanden die anderen auf einer calvinistisch orientierten Liturgie. Die konfessionelle Richtung, die die Frankfurter englischsprachige Gemeinde künftig einnehmen sollte, entschied sich an der gewählten Liturgie. Der Führer der calvinistisch orientierten Gemeindemitglieder war der schottische Reformator John Knox, der sich ebenfalls als Flüchtling in Frankfurt aufhielt. Foxe entschied sich schließlich dafür, die Gruppe um Knox zu unterstützen. Nachdem John Knox in der Auseinandersetzung unterlag, musste auch Foxe Frankfurt wieder verlassen. Er verließ die Stadt gemeinsam mit anderen Gemeindemitgliedern zunächst in Richtung Basel. Später reiste er weiter nach Straßburg. Dort wurde sein wichtigstes und immer wieder neu aufgelegtes Werk erstmals gedruckt.
Dieses Werk, dessen Rezeption insbesondere in den Vereinigten Staaten noch immer eine wichtige Rolle spielt, waren seine 1554 erstmals in Straßburg veröffentlichten „Acts and Monuments“ (auch bekannt als „Book of Martyrs“), eine „megalomane Publikation“ (Henny 2016) mit zahlreichen Illustrationen in zunächst 5, später 12 Bänden, die die protestantischen Glaubenszeugen der Neuzeit in den Kontext der antiken Glaubenszeugen stellt. 1559 erschien in Basel eine Ausgabe in lateinischer Sprache. Die „Acts and Monuments“ waren neben dem „Book of Common Prayer“ „der wichtigste Text des englischen Protestantismus im 16. Jahrhundert“ (Fuchs 2003).
Im Rahmen von Stadtführungen zum Reformationsjubiläum 2017 wurde auch an den Aufenthalt von John Foxe und John Knox in Frankfurt erinnert.
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Textquellen:
Fuchs, Thomas: Reformation, Tradition und Geschichte. Erinneungsstrategien der reformatorischen Bewegung in: Protestantische Identität und Erinnerung, Joachim Eibach und Marcus Sandl (Hrsg.), Göttingen 2003, S. 71-90.
Henny, Sundar: Vom Leib geschrieben: Der Mikrokosmos Zürich und seine Selbstzeugnisse im 17. Jahrhundert, Köln u. a., 2016.
Kellar, Clare: Scotland, England and the Reformation, 1534-61, Oxford, 2003.
Olsen, Norskov: John Foxe and the Elizabethan Church, Berkeley u. a., 1973.
Schreiber, Tobias: Petrus Dathenus und der Heidelberger Katechismus: Eine traditionsgeschichtliche Untersuchung zum konfessionellen Wandel in der Kurpfalz um 1563, Göttingen, 2017.
>https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=3948&_ffmpar[_id_inhalt]=54619< abgerufen am 03.11.2017.
>http://www.evref.de/geschichte.html< abgerufen am 03.11.2017.
Bildquellen:
Vorschaubild: JohnFoxe via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Frontispicio de John Foxe, Acts and Monuments, Londres, 1641, British Museum via Wikimedia Commons Gemeinfrei.