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Ursula Brekle

Familie Stauffenberg

Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 drohte Himmler: „Die Familie Stauffenberg wird ausgelöscht bis ins letzte Glied.“ Vor Ihnen liegt die spannungsreiche Geschichte, die beweist, dass es Himmler nicht gelungen ist, die Drohung wahrzumachen.

Frankfurter Würstchen

Frankfurter Würstchen

Ralph Zade

Schwein oder nicht (nur) Schwein – das ist die Frage, die man beantworten muss, wenn man ein Frankfurter Würstchen von einem Wiener Würstchen unterscheiden will. Womit gleichzeitig klar wird, dass die immer wieder kursierende Behauptung, Frankfurter Würstchen seien eigentlich dasselbe wie Wiener, falsch ist. Für Frankfurter Würstchen wird nämlich nicht Schwein und Rind verwendet, wie für Wiener, sondern ausschließlich Schwein. Das geht darauf zurück, dass Frankfurter Metzger bis zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1864 sortenrein arbeiten mussten und nur eine Fleischsorte verarbeiten durften, weswegen es Rindfleischmetzger und Schweinefleischmetzger gab. Die dadurch bedingte traditionelle Zusammensetzung wurde dann beibehalten.

Der Zusammenhang zwischen Frankfurter und Wiener Würstchen ist aber nicht bloß konstruiert. Der ursprünglich aus der Fränkischen Schweiz stammende Metzger Johann Georg Lahner (1772 [nach anderer Quelle 1774]-1845), der das Metzgerhandwerk in Frankfurt erlernt hatte, und deshalb auch die dort üblichen Brühwürste herstellen konnte, zog dann nach Wien und eröffnete dort 1804 im Haus Schottenfeld Nr. 274 (heute Neustiftgasse 112) einen eigenen Betrieb. Angeblich sollen – wie das österreichische Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf seiner Homepage schreibt – die 300 Gulden Darlehen, die dafür erforderlich waren, von einer Baronin gekommen sein, mit der Lahner eine Liebesaffäre hatte. Wie dem auch sei – die Würste, die hier aus Schweine- und Rindfleischbestandteilen hergestellt werden konnten, weil es die in Frankfurt geltende Einschränkung nicht gab, hatten großen Erfolg und durften schließlich sogar Kaiser Franz I. präsentiert werden. Sie hießen trotz der die Frankfurter Vorgaben missachtenden Zutatenmischung Frankfurter und heißen in Österreich immer noch so – „Wiener“ sind in Österreich dagegen Fleischwürste. Aus Schwein und Rind bestehende Brühwürste heißen somit in Österreich Frankfurter, in Deutschland dagegen Wiener, während nur aus Schwein bestehende Brühwürste nicht nur in Deutschland Frankfurter heißen, sondern auch in Österreich, wenn sie dort verkauft werden. Ein und dieselbe Wurst – eine Brühwurst aus Rind und Schwein – kann einmal als Frankfurter bezeichnet werden (in Österreich) und in Deutschland, wenn sie aus Österreich dorthin exportiert wird, als Wiener. Außerdem gibt es Länder – z. B. die USA – in denen die österreichische Version wie in Österreich als „Frankfurter“ vermarktet wird. Insofern hat die Behauptung von der Identität von Frankfurter und Wiener Würsten dann doch einen gewissen wahren Kern. Das alles ist kompliziert. Das gilt auch für die Herkunftsgeschichte, die auf einer Darstellung von Nachkommen von Johann Georg Lahner beruht und von anderen Quellen infrage gestellt wird, die meinen, Frankfurter Würstchen seien erst um 1840 aus Süddeutschland nach Österreich gekommen. Eines ist immerhin klar – Frankfurter waren (in der abweichenden Zusammensetzung) in Österreich seit dem 19. Jahrhundert sehr populär. Einer ihrer Liebhaber war der für seinen großen Appetit bekannte Schriftsteller Adalbert Stifter.

Zurück nach Frankfurt. Hier heißen Frankfurter Würstchen nur so, wenn sie aus Schwein sind. Die bekannten Rindswürste der Frankfurter Traditionsmetzgerei Gref-Völsing sind also keine Frankfurter. Gref-Völsing stellt allerdings auch Frankfurter her – und das zu Recht, weil die juristische Voraussetzung dafür erfüllt ist: Als Frankfurter dürfen – wie Gref Völsing auf einer Webseite zu den Würsten darlegt – laut einem Urteil vom 28.9.1929, bestätigt durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.12.1955, nur im Wirtschaftsgebiet Frankfurt/Main hergestellte Würste bezeichnet werden. Ansonsten müssen sie „Würstchen Frankfurter Art“ heißen. Viele Frankfurter Würstchen stammen allerdings nicht aus Frankfurt selbst, sondern aus dem nahegelegenen Neu-Isenburg, das zum genannten Wirtschaftsraum gehört. Der Namensschutz beruht auch nur auf deutschem Recht und nicht auf EU-Recht. Im Ausland können deshalb auch nicht aus Frankfurt stammende Würste als Frankfurter verkauft werden.

Würste gibt es in Frankfurt schon seit dem Mittelalter. Sie dürften aus weniger stark zerkleinerten Zutaten hergestellt worden sein als die heutigen, weil die technischen Möglichkeiten zum Zerkleinern schlechter waren als heute. Häufig wurden sie als „Bratwurst“ bezeichnet, wohl nicht deshalb, weil sie gebraten worden wären, sondern weil sie aus Fleischbrät bestanden. Mindestens seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden Frankfurter Würstchen, die den heutigen wohl schon ähnlich waren, geräuchert. Dadurch erhielten sie ihre typische Farbe. Über die Zubereitung in älteren Zeiten weiß man ansonsten nicht viel, da es keine Quellen gibt, die ihre Zusammensetzung beschreiben würden. Der Verkauf bzw. die Lagerung in Holzkistchen führte zu einer charakteristischen Form mit vier abgeflachten Seiten.

Heute werden Frankfurter Würstchen aus Schweinefleisch und -speck hergestellt, die mit Gewürzen – darunter Nitritpökelsalz (eine Zutat, die es historisch noch nicht gab), Pfeffer, Muskat und Koriander – zu Brät verarbeitet werden. Das Brät wird dann in dünne Schafsaitlinge gefüllt – hier wird die Regel, dass alles aus Schwein sein muss, durchbrochen. Dann werden die Würste paarweise abgedreht. Es folgt die Räucherung, bei der Holzscheite und Sägemehl verbrannt werden; die dabei erreichte Temperatur liegt bei 50 bis 55 Grad. Schließlich werden die Würste bei 76 Grad gebrüht. Ein typisches Frankfurter Würstchen ist 15 bis 20 cm lang und wiegt 50 bis 70 Gramm.

Zum Essen zubereitet werden die Würste dann, indem sie 7-8 Minuten erhitzt werden, wobei das Wasser nicht zu heiß werden darf, weil sie sonst aufplatzen. Die klassische Beilage ist Kartoffelsalat. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Eine davon ist, die Würstchen in einer Frankfurter Linsensuppe zu verwenden.

 

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Textquellen:

Webseite des österreichischen Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zu Frankfurter Würstchen abgerufen von: >https://info.bmlrt.gv.at/themen/lebensmittel/trad-lebensmittel/Fleisch/Fleischprodukte/frankfurter.html< am 27.09.2022.

Webseite zu Frankfurter Würstchen abgerufen von >https://www.fleischtheke.info/wurstsorten/bruehwuerste/frankfurter-wuerstchen.php< am 27.09.2022.

Lebensmittel-Warenkunde zu Frankfurter Würstchen abgerufen von >https://lebensmittel-warenkunde.de/lebensmittel/fleisch/fleisch-und-wurstwaren/bruehwurst/frankfurter-wuerstchen.html< am 27.09.2022.

Johann Georg Lahner im Österreichischen Biographischen Lexikon abgerufen von >https://www.biographien.ac.at/oebl_4/404.pdf< am 27.09.2022.

Webseite der Firma Gref-Völsing mit Angebot von Frankfurter Würstchen abgerufen von >https://www.gref-voelsings.de/produkt/2-frankfurter-wuerstchen-vakuumiert/< am 27.09.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Frankfurt,_comida, 2015, Urheber: LBM1948 via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0; bearbeitet von Carolin Eberhardt.

Lahner_Johann_Georg, Urheber unbekannt, hochgeladen 2006 von JOADL via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

 

 

 

 

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