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Gefangen im Netz der Dunkelmänner

Berndt Seite, Annemarie Seite und Sibylle Seite

Berndt Seite und seine Familie möchten sich die »Stasi« von der Seele schreiben, um nicht ein Leben lang mit der DDR-Diktatur konfrontiert zu bleiben. Der Text soll einen Beitrag zur Aufarbeitung der SED-Diktatur leisten. 

Johann Heinrich Roos

Johann Heinrich Roos

Sabine Gruber

„Die Stadt Frankfurt hat drei gefühlvolle Menschen hervorgebracht, deren Gemüt sehr empfänglich für das einfache Ergötzliche der Natur war: den Goethe, den Elsheimer und Heinrich Roos.“ schrieb Johann Heinrich Tischbein (1751-1829) in seinen Erinnerungen „Aus meinem Leben“ und er fügte hinzu: „Heinrich Roos hat Hirtenszenen gemalt, die so einfach und zart sind, daß sie den besten Idyllendichtungen zur Seite gesetzt werden können. Sie sind so kindlich, daß man an der Wiege mit ihrer Erzählung ein Kind in sanften Schlaf bringen könnte. Ich denke mir den Heinrich Roos, der zu seinen Beobachtungen und Beschäftigungen die genügsamen, geduldigen Schafe nahm, als einen sehr glücklichen Menschen […].“

Diese drei von Tischbein geschilderten „gefühlvollen Menschen“ aus Frankfurt gehören unterschiedlichen Jahrhunderten an – Adam Elsheimer (1578-1610), geboren und gestorben in Frankfurt, dem 16., Johann Wolfgang Goethe (1749-1832), geboren in Frankfurt, dem 18., und Johann Heinrich Roos, gestorben in Frankfurt, dem 17. Dass Tischbein in seinen Lebenserinnerungen mit Adam Elsheimer und Heinrich Roos gleich zwei Maler unter die besonders gefühlvollen Bewohner Frankfurts zählt, zeigt, dass die Handelsstadt über die Jahrhunderte hinweg immer auch eine Stadt der Bildenden Künste war. Hier lebten und arbeiteten neben Elsheimer und Roos auch der Maler, Zeichner und Kupferstecher Philipp Uffenbach (1566-1636), der Maler, Kupferstecher und Kunsthistoriker Joachim von Sandrart (1606-1688) und Georg Flegel (1566-1638), einer der bekanntesten Stillleben-Maler.

Johann Heinrich Roos wurde im Oktober 1631 nicht in Frankfurt geboren, sondern im heute zum Bundesland Rheinland-Pfalz gehörenden Reipoltskirchen. In älteren Publikationen findet sich als Geburtsort auch Ottersberg. Auch sein Vater war bereits Maler, jedoch eher Maler im Sinne eines Malers und Lackierers. Noch in seiner Kindheit musste Roos mit seiner Familie die Pfalz verlassen, weil sie dort als reformierte Christen bedroht waren. In dieser Zeit zeigte sich das große Talent von Johann Heinrich Roos als Maler und Zeichner, und er begann wie sein Bruder Theodor eine künstlerische Ausbildung, unter anderem bei Cornelis de Bie (1627-ca. 1712-1715). Beide Brüder wurden um 1654 Hofmaler des Landgrafen Ernst I. von Hessen-Rheinfels-Rotenburg (1623-1693). Johann Heinrich wechselte zehn Jahre später an den Heidelberger Hof des Pfälzer Kurfürsten Karl I. Ludwig (1617-1680). Noch während seiner Zeit als Hofmaler Ernsts I. hatte er 1656 Anna Emmerich geheiratet, mit der er von 1657 bis 1675 sieben Kinder bekam. Roos’ im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig zu betrachtendes Selbstporträt aus dem Jahr 1682 zeigt einen hochwertig gekleideten selbstbewussten Mann mit langen Locken und eindrucksvollem Schnurrbart.

1667 zog es Roos mit seiner jungen Familie in eine neue Umgebung, die ganz anders war als seine bisherige an Fürstenhöfen – in die von Patriziern dominierte Handelsstadt Frankfurt am Main. Mit der neuen Umgebung wechselten auch die Genres von Roos’ Bildern. Während er in seiner Zeit als Hofmaler vor allem Bilder mit religiösen Themen, Porträts und Landschaften malte, trat er während seiner Frankfurter Zeit vor allem als überaus begabter Tiermaler hervor. Mit den Tierbildern hatte Roos das ihm gemäße Genre gefunden, wie ja auch Tischbein in seiner Lebensbeschreibung bemerkte. Joachim von Sandrart schrieb in seiner „Teutschen Academie der Bau-Bildhauer und Maler-Kunst“ über Roos’ Malerei: „Roos hatte ein kräftiges Kolorit, und arbeitete in einer grossen Manier; die Pferde, Kühe, Ziegen und Schaafe stellte er sehr genau nach dem Leben vor, und sezte sie in wohl gewählte und nach der Natur gemalte Landschaften. Er suchte die schwersten Stellungen der Thiere, und zeichnete sie mit vieler Richtigkeit“. Roos malte jedoch trotz dieser Akzentverschiebung seines Schaffens auch während seiner Frankfurter Zeit Stillleben, Historienbilder und biblische Szenen.

Roos wurde nur 54 Jahre alt. Nachdem sein Haus bei einem Brand Feuer gefangen hatte, wollte er in letzter Minute noch Gegenstände retten und erlitt eine Rauchvergiftung, an der er einen Tag später starb. Mit seiner Familie hatte Roos eine Malerdynastie begründet. Sowohl seine Söhne Philipp Peter (1655-1705) und Johann Melchior (1659-1731) Roos als auch seine Urenkel Joseph Roos und Friedrich Müller wurden Maler. Johann Melchior spezialisierte sich wie schon sein Vater auf das Malen von Tieren. Philipp ging zur Ausbildung nach Rom, blieb in Italien und lebte und malte meistens in Tivoli, wovon er seinen Künstlernamen „Rosa di Tivoli“ ableitete.

Während seine Söhne nicht ganz so erfolgreich waren wie Johann Heinrich Roos, brachte es sein Urenkel Friedrich Müller (1749-1825), der „Maler Müller“, der heute vor allem als Dichter bekannt ist und ein wichtiger Protagonist der sogenannten „Deutschrömer“ war, zu ähnlicher Bekanntheit, wenn auch nicht zum gleichen materiellen Erfolg wie sein Urgroßvater. Das Frankfurter Städel-Museum besitzt heute 35 Werke von Johann Heinrich Roos, der die prägendste Zeit seiner Karriere in der Stadt verbracht hatte.

 

Städel Museum 

Schaumainkai 63
60596 Frankfurt am Main
 

 

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Textquellen:

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Joachims von Sandrart Teutsche Academie der Bau-Bildhauer und Maler-Kunst, worinn die Regeln und Lehrsätze dieser Künste gegeben […]. Zusammen getragen und mit vielen Kupfern gezieret durch Joachim von Sandrart auf Stockau. Nunmehr aber bey dieser neuen Ausgabe verändert, in eine bessere Ordnung gebracht und durchgehends verbessert von Johann Jacob Volkmann Dr. Des dritten Haupttheils zweyter Band, welcher drey Abtheilungen enthält, Nürnberg, 1774.

Tischbein, Heinrich Wilhelm: Aus meinem Leben, Kuno Mittelstädt (Hg.), Berlin, 1956.

Wessely, Joseph Eduard: Roos, Johann Heinrich in: Allgemeine Deutsche Biographie 29 (1889), S. 144-145 [Online-Version] abgerufen von >https://www.deutsche-biographie.de/pnd118749625.html#adbcontent< am 04.04.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Roos< abgerufen am 04.04.2022.

>https://en.wikipedia.org/wiki/Cornelis_de_Bie<  abgerufen am 04.04.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_I._(Hessen-Rheinfels-Rotenburg)< abgerufen am 04.04.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_I._Ludwig_(Pfalz)< abgerufen am 04.04.2022.

>https://sammlung.staedelmuseum.de/de/person/roos-johann-heinrich< abgerufen am 04.04.2022.

>https://reipoltskirchen.eu/geschichte/johann-heinrich-roos< abgerufen am 04.04.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Johann Heinrich Roos 001, 1682, Selbstbildnis via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Italian pastoral landscape with the Temple of Vespasian, 1668, Urheber: Johann Heinrich Roos via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

A shepherd and his flock in a landscape, 1685, Urheber: Johann Heinrich Roos via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

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