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Krabat

Florian Russi | Andreas Werner

Krabat ist die bekannteste Sagenfigur aus der Oberlausitz. Das Müllerhandwerk und das Zaubern hatte er vom "schwarzen Müller" erlernt, von dem man gemunkelte, dass er mit dem Teufel im Pakt stand. Irgendwann musste es zum Machtkampf zwischen Meister und Schüler kommen.

Die Hauptwirkungsstätte Krabats war die Mühle in Schwarzkollm, einem Dorf, das heute zu Hoyerswerda gehört. Die Mühle besteht noch und hat nach umfänglicher Restaurierung nichts von ihrer Romantik und Magie verloren. Seit 2012 finden hier die Krabat-Festspiele statt.

François de Théas de Thoranc

Ralph Zade

"Diese unerwartete, seit vielen Jahren unerhörte Last [die Einquartierung französischer Besatzer] drückte die behaglichen Bürger gewaltig, und niemanden konnte sie beschwerlicher sein als dem Vater, der in sein kaum vollendetes Haus fremde militärische Bewohner aufnehmen, ihnen seine wohlaufgeputzten und meist verschlossenen Staatszimmer einräumen und das, was er so genau zu ordnen und zu regieren pflegte, fremder Willkür preisgeben sollte; er, ohnehin preußisch gesinnt, sollte sich nun von Franzosen in seinen Zimmern belagert sehen: es war das Traurigste, was ihm nach seiner Denkweise begegnen konnte. Wäre es ihm jedoch möglich gewesen, die Sache leichter zu nehmen, da er gut französisch sprach und im Leben sich wohl mit Würde und Anmut betragen konnte, so hätte er sich und uns manche trübe Stunde ersparen mögen: denn man quartierte bei uns den Königsleutnant, der, obgleich Militärperson, doch nur die Zivilvorfälle, die Streitigkeiten zwischen Soldaten und Bürgern, Schuldensachen und Händel zu schlichten hatte. Es war Graf Thorane, von Grasse in der Provence, unweit Antibes, gebürtig, eine lange, hagre, ernste Gestalt, das Gesicht durch die Blattern sehr entstellt, mit schwarzen, feurigen Augen, und von einem würdigen, zusammengenommenen Betragen."

Im Jahre 1759 (d. h. im Siebenjährigen Krieg) wurde Frankfurt durch die Franzosen besetzt, die Unterbringung der Besatzer erfolgte teils in Frankfurter Bürgerhäusern. François de Théas de Thoranc (die falsche Schreibung "Thorane" in dem hier zitierten Auszug aus Goethes Jahrzehnte später verfassten Memoirenbuch "Dichtung und Wahrheit" rührt daher, dass Goethes Freund Fritz Schlosser, den er um Auskunft gebeten hatte, da er sich an den Namen nicht mehr genau erinnern konnte, ihn in handschriftlichen Akten falsch gelesen hatte) wurde im Haus von Goethes Vater Johann Caspar Goethe (dem heutigen Frankfurter Goethehaus) untergebracht. Die Bezeichnung "Königsleutnant" hat nichts mit dem entsprechenden niedrigen Offiziersrang zu tun, sondern war im ursprünglichen Wortsinn gemeint - Statthalter des Königs im Sinne eines Stellvertreters desselben für die besetzte Stadt in der Funktion eines Leiters der Zivilverwaltung. Thoranc kam also im Rahmen der Feindadministration der Stadt Frankfurt hohe Bedeutung zu und so hätte die Unterbringung bei Johann Caspar Goethe von diesem durchaus als Ehre verstanden werden können, dem war aber ganz offensichtlich nicht so.

Der spätere Königsleutnant wurde als Abkömmling einer alten provenzalischen Adelsfamilie 1719 geboren; sein Heimatort Grasse ist nicht erst seit Patrick Süskinds Weltbestseller "Das Parfüm" als Parfümstadt bekannt. Thoranc war schon 1734, also in nach heutigem Verständnis minderjährigem Alter, Soldat geworden. In einem an Kriegen reichen Zeitalter war das auch schon früh mit Kriegseinsätzen verbunden - im Polnischen Thronfolgekrieg (1733-38), in dem es um die Nachfolge Augusts des Starken als König von Polen ging, der aber in mehreren Ländern Europas ausgefochten wurde, kämpfte er in Italien. Bei den Goethes blieb er von 1759 bis 1761 einquartiert und logierte dort im 1. Stock (in Frankfurt blieb er bis zum Kriegsende 1763). Für den jungen Goethe war die Begegnung mit ihm in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Einerseits kam er in verstärkten Kontakt mit der französischen Kultur - die Tatsache, dass Frankreich für das Heilige römische Reich deutscher Nation ein Feind war, änderte nichts daran, dass es in kultureller Hinsicht ein Vorbild war; dem Französischen, das Goethe 1757 zu lernen begonnen hatte, kam als Zweitsprache eine Stellung zu, die der heutigen des Englischen mindestens gleichkommt. Andererseits wurde Goethe auch durch Thorancs kulturelle Interessen angeregt. Dieser war nämlich ein passionierter Kunstsammler und gab während seiner Frankfurter Zeit zahlreiche Bilder bei örtlichen Malern in Auftrag.

Die Frankfurter Malerei der Epoche war insbesondere durch ein wohlhabendes Bürgertum als Auftraggeber geprägt, was sie mit der niederländischen Malerei verbindet, auf die teils auch als künstlerisches Vorbild zurückgegriffen wurde, und eine Reihe von Künstlern kennt man noch heute. Christian Georg Schütz der Ältere (1718-1791) war für seine Rheinlandschaften bekannt, Johann Conrad Seekatz (1719-1768) malte neben vielem anderen Genrebilder wie eine für Thoranc geschaffene Jahrmarktszene und Johann Georg Trautmann (1713-1769) schuf u. a. eindrückliche Nachtstücke mit Lichteffekten, die von Rembrandt beeinflusst waren. Thoranc verhandelte mit diesen Künstlern im Goethehaus und so bekam der junge Goethe davon vielerlei mit - dass für sie sogar ein Atelier eingerichtet war, wie Goethe in "Dichtung und Wahrheit" schreibt, erscheint allerdings aus heutiger Sicht zweifelhaft.

Letztlich war Thorancs Aufenthalt, dem Johann Caspar Goethe erst so kritisch gegenüberstand, für den jungen Goethe ein Gewinn. Von dem Speiseeis - damals noch eine absolute Rarität - das Thoranc mitbrachte, durfte er allerdings nichts essen - seine Mutter hielt dieses exotische Nahrungsmittel für zu gefährlich. Innovationen förderte Thoranc auch in seiner Eigenschaft als Verwaltungschef - er führte Straßenschilder und Hausnummern ein, ebenso eine Straßenbeleuchtung - zwar waren dies teilweise nur schummrige Laternen an Straßenkreuzungen, aber es war eine Verbesserung.

1762 wurde Thoranc zum Reichsgrafen erhoben, 1763 kehrte er nach dem Ende des Krieges in seine Heimat zurück und nahm viele Bilder mit, es sollen etwa 200 gewesen sein. Im 19. Jahrhundert blieb die Erinnerung an den "Königsleutnant" durch eine jahrzehntelang viel gespielte Komödie von Karl Gutzkow aus dem Jahre 1849 lebendig. Heute wird man in Frankfurt - jenseits des Namens einer kurzen Passage in der Innenstadt - vor allem im Goethehaus an ihn erinnert, denn ein Teil der Bilder, die er in Frankfurt erworben hatte, wurde später durch dieses erworben und ist dort zu sehen - am prominentesten darunter die Monatstapeten von Seekatz.

 

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Textquellen:

Thoranc ("Thorane") betreffende Passage im Dritten Buch von Goethes "Dichtung und Wahrheit" im Projekt Gutenberg": abgerufen von >https://www.projekt-gutenberg.org/goethe/dichwah1/chap004.html<

Kölsch, Gerhard: „Königsleutnant“ Thoranc als Hausgast am Frankfurter Hirschgraben und als Auftraggeber Frankfurter Maler der Goethezeit: >http://www.goethezeitportal.de/db/wiss/goethe/koelsch_thoranc.pdf< am 10.01.2022.

Maisak, Petra/Kölsch, Gerhard: Frankfurter Goethe-Museum. Die Gemälde. „... denn was wäre die Welt ohne Kunst?“ Bestandskatalog, Hg. vom Freien Deutschen Hochstift, Frankfurt am Main 2011.

Thoranc-Porträt von Ernst Hemken: >https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/XIEYDSSRVZT6JWNQ5IABU622K35KMK6E< am 10.01.2022.

Text des Theaterstücks "Der Königsleutnant" von Karl Gutzkow im Projekt Gutenberg: >https://www.projekt-gutenberg.org/gutzkow/koeniglt/koeniglt.html< am 10.01.2022.

Seite zur Graf-de-Thoranc-Passage in Frankfurt: >https://www.frankfurt-zoom.de/strassen/graf-de-thoranc-passage/< am 10.01.2022.

 

Bildquellen:

Titelblatt:Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit, 2008, Urheber: H.-P.Haack via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Johann Caspar Goethe, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Alte Frau mit Knaben bei Kerzenlicht, 18.Jh., Urheber: Johann Georg Trautmann via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

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