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Heft 1

A |E | I | O | U … Hör gut zu!

Dieses Arbeitsheft beginnt mit einem Vorkurs zur “phonologischen Bewusstheit” und übt das Silbenglieder, das Anlauterfassen und das Reimwortfinden.

Der Saalbau und die Saalbau GmbH

Der Saalbau und die Saalbau GmbH

Sabine Gruber

Am 6. April 1859 berichtete das Frankfurter Intelligenz-Blatt in seiner 1. Beilage "Wir benachrichtigen die verehrlichen Aktionäre, daß Hoher Senat durch Beschluß vom 29. März l. J. die Saalbau-Aktiengesellschaft concessirt und die vorgelegten Statuten genehmigt hat, und ersuchen nunmehr dieselben, die erste Einzahlung von 50 Prozent mit Fünfzig Gulden pr. Aktie am 7., 8. und 9. April l. J. bei Herrn H. Buzzi, große Bockenheimergasse No. 37, von 10 bis 12 Uhr Vormittags oder von 3 bis 5 Uhr Nachmittags, gegen Empfangnahme der Interimsscheine leisten zu wollen. Zugleich beehren wir uns, die Herren Aktionäre zur Ersten ordentlichen Generalversammlung auf Donnerstag den 14. April, Abends 7 Uhr, im Saale der Loge Sokrates, Döngesgasse 16, einzuladen."

In Saalbauten zu investieren, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts vielerorts entstanden, war ein lukratives Geschäft, und es war sicher nicht schwer, Aktionäre für ein solches Unternehmen zu gewinnen. Ursprünglich verstand man unter einem "Saalbau" einen bestimmten Teil einer mittelalterlichen Burganlage, der größere Versammlungen ermöglichte. Ausgehend von diesen mittelalterlichen Saalbauten wurden im 19. Jahrhundert Konzepte für Versammlungsräume entwickelt. Zum Beispiel wurde Mitte des 19. Jahrhunderts im nahe Frankfurt gelegenen Darmstadt-Eberstadt ein moderner Saalbau errichtet, 1871 bis 1873 in Neustadt an der Weinstraße, 1876 in Berlin-Neukölln und 1897 in Recklinghausen. Weitere Saalbauten folgten im 20. Jahrhundert. Sicher hat bei der Entwicklung dieser Versammlungsräume eine Rolle gespielt, dass es immer wichtiger wurde, sich in großen Gruppen und nicht nur in exklusiven Zirkeln treffen zu können, dass die Öffentlichkeit demokratischer geworden war.

Nach der Genehmigung der Aktiengesellschaft durch den Frankfurter Hohen Senat vom 29. März 1859 konnte der auf beiden Seiten der neu angelegten Junghofstraße in der Innenstadt gelegene Saalbau schon zwei Jahre später eingeweiht werden. Die Straße wurde durch ein, beide Gebäudeteile verbindendes Brückengebäude überwunden. Als Architekt war der Frankfurter Rudolf Heinrich Burnitz (1827-1880) gewonnen worden, der unter anderem über Erfahrungen mit großen Versammlungsgebäuden verfügte, weil er während seiner Ausbildung am Bau des Karlsruher Theaters beteiligt war. Kurz vor dem ersten Frankfurter Saalbau in der Junghofstraße errichtete er von 1859 bis 1860 die Petersschule. Eröffnungsdatum des Saalbaus war der 18. November 1861 und es wurde aus diesem Anlass Haydns Schöpfung gegeben. Das dreigeschossige Gebäude im Stil der Neorenaissance bot Platz für bis zu 2000 Zuhörerinnen und Zuhörer.

Der Frankfurter Saalbau wurde schnell zu einem beliebten Veranstaltungsort und wurde beispielsweise gern für große Feste genutzt bei denen eine gute Akustik notwendig war. Neben Konzerten diente er auch als repräsentativer Veranstaltungsort für Ausstellungen, Bälle, Turnfeste und allerlei andere gesellige Anlässe. Über ein großes Jubiläum, das im Saalbau stattfand, berichtete das Leipziger "Musikalische Wochenblatt. Organ für Musiker und Musikfreunde" vom 7. Dezember 1877. Kurz zuvor hatte im Saalbau die "Die Jubelfeier des Rühl'schen Gesangvereins in Frankfurt a. M." stattgefunden und im "Musikalischen Wochenblatt" war darüber zu lesen: "Ein sehr erfreuliches Bild von dem inneren Vereinsleben, wie von dem collegialischen Verkehre mit den übrigen Vereinen bot die Akademische Feier im Saalbau am Morgen des 4. November. Der grosse festlich geschmückte Saal war überfüllt - bei einem Vereine, welcher 300 active und 500 passive Mitglieder zählt und eine grosse Zahl von Ehrengästen eingeladen hatte, kein Wunder. Wiesbaden, Mainz, Darmstadt etc. waren durch Deputationen vertreten; ebenso hatten sämmtliche musikalische Vereine Frankfurts Mitglieder zur Feier abgeordnet." Vor allem wurde der Saalbau von großen Orchestern und berühmten Dirigenten als Konzerthalle geschätzt. Er galt vielen als Konzertsaal mit der besten Akustik überhaupt.

Nachdem sich das Konzept des ersten Saalbaus als sehr erfolgreich erwiesen hatte, entstanden auf Betreiben der Saalbau-Aktiengesellschaft beziehungsweise der Saalbau GmbH in den folgenden Jahrzehnten bis weit in das 20. Jahrhundert hinein weitere Saalbauten unterschiedlicher Größe in den Frankfurter Stadtteilen, so zum Beispiel in Bornheim, am Dornbusch und in Sachsenhausen, um nur einige wenige zu nennen.

Der zuletzt vor allem als Konzerthalle genutzte erste Frankfurter Saalbau wurde bei einem Bombenangriff am 29. Januar 1944 zerstört. Die ursprüngliche Aktiengesellschaft wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, deren Aufgabe sich nicht wesentlich von ihrer Vorgängergesellschaft unterscheidet und sich wie diese darauf bezieht "Gebäude mit einem großen Fest- und Concertsaale [...] zu errichten, und diese Räume für Concerte, Bälle, Ausstellungen u. s. w. zu vermieten."

 

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Textquellen:

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Frankfurter Intelligenz-Blatt, Nr. 81, Mittwoch, 6. April 1859, 1. Beilage.

Tagesgeschichte: Musikbrief: Die Jubelfeier des Rühl'schen Gesangvereins in Frankfurt a. M. (Schluss.) in: Musikalisches Wochenblatt: Organ für Musiker und Musikfreunde, VIII. Jg. No. 50, S. 688.

>https://www.saalbau.com/die-frankfurter-saalbauten-raumangebot.html< abgerufen am 28.03.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Saalbau_GmbH< abgerufen am 28.03.2022.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Heinrich_Burnitz< abgerufen am 28.03.2022.

>https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/frankfurt/die-geschichte-des-saalbaus-an-der-junghofstrasse-14400019.html< abgerufen am 28.03.2022.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Volkshaus Enkheim, 2006, Urheber: dontworry via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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