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Frank Meyer

Es war mir ehrlich gesagt völlig egal

 „Ich ging zur Beerdigung. Denn immerhin war ich es ja, der ihn erschlagen hatte.“

Sie schlagen sich so durch — die Jungs in Frank Meyers Geschichten. Dabei lassen sie sich von weiblichen Hosenanzügen beirren, stellen ihre grenzenlose Coolness beim Moped-Trinken unter Beweis und sorgen dafür, dass der Großvater fast die Sportschau verpasst.

Der Eschenheimer Turm

Der Eschenheimer Turm

Sabine Gruber

1807 sollte der Turm zum ersten Mal abgerissen werden. Erst nach der energischen Intervention, nicht eines Frankfurters, sondern des französischen Gesandten Graf Hédouville wagte für einige Zeit niemand mehr, den Abriss des jahrhundertealten Bauwerks zu fordern. Schon wenige Jahrzehnte später aber, 1864, war es erneut so weit, und der Abbruch des Turmes wurde gefordert. Auch dieses Mal setzten sich die Abrissgegner durch, und so markiert der imposante Torturm noch heute den Eingang der Eschersheimer Landstraße und gehört zu den wenigen Bauwerken in der Frankfurter Innenstadt, die seit dem Mittelalter unverändert erhalten geblieben sind.


Der Eschenheimer Turm, der heute ein wenig verloren inmitten moderner Gebäude und breiter Straßen steht, war einst Teil der neuen Frankfurter Stadtbefestigung, die nach der Zweiten Stadterweiterung seit der Mitte des 14. Jahrhunderts rund um die damalige Neustadt angelegt worden war. Als man zu Beginn des 19. Jahrhunderts die nutzlos gewordenen Stadtmauern schleifte, wurden dort wo die Mauern verliefen, Grünanlagen angelegt – der so genannte Frankfurter Anlagenring. Auf der einen Seite des Eschenheimer Turms befindet sich heute die Bockenheimer Anlage, auf der anderen die Eschenheimer Anlage. Der mit seinen 47 Metern für damalige Verhältnisse sehr hohe Turm wurde in den Jahren 1426 bis 1428 von dem berühmten Dombaumeister Madern Gertener erbaut, der sich – so heißt es – in dem Relief am Torbogen porträtierte. Auch die Mauern des Eschenheimer Turms, stolze 2,50 Meter dick, machten einem Wehrturm alle Ehre. Die Bewachung des Turms wurde durch den ständigen Aufenthalt eines Turmwächters gesichert. Die Turmwächterwohnung im zweiten Obergeschoss ist noch bis 1956 bewohnt worden, allerdings nicht mehr von einem Turmwächter. Zusätzliche Sicherheit bot das Falltor am Torbogen, das bei Gefahr schnell heruntergelassen werden konnte. Der Turm hat fünf Spitzen, eine große und – kreisförmig um ihn herum angeordnet – vier kleine. Davon leitete sich eine Quizfrage ab, die früher gern gestellt wurde, um waschechte Frankfurter erkennen zu können: „Was hat fünf Spitzen und sticht doch nicht“? Echte Frankfurter wussten sofort, dass damit der Eschenheimer Turm gemeint war. Neben dem Porträt am Torbogen schuf Madern Gertener als weitere Schmuckelemente zwei Adler: einen silbernen Adler auf blauem Grund, das Frankfurter Wappentier, und einen schwarzen Doppeladler auf goldenem Grund, der Adler des kaiserlichen Wappens.

In früheren Zeiten rankten sich allerlei Legenden um den Eschenheimer Turm. Eine von Ludwig Bechstein überlieferte Sage erzählt zum Beispiel, dass ein zum Tode verurteilter Wilddieb sein Leben dadurch gerettet habe, dass er mit genau neun Kugeln eine Neun in die Wetterfahne geschossen habe: „Zu Frankfurt steht noch gar ein alter Thurm von der ehemaligen Stadtmauer“, berichtet Bechstein, „Einst hatten die Frankfurter einen Wilddieb gefangen, des Name war Hänsel Winkelsee, und der saß schon neun Tage im finstern Loch, ehe Spruch und Urtel über ihn erging, und hörte allnächtlich die Wetterfahne kreischen und rasaunen über seinem luftigen Losament hoch oben im Eschenheimer Thurme und sprach: Wär' ich frei und dürft' ich schießen nach meinem Wohlgefallen, so schöß' ich dir, du lausige Fahn' – so viel Löcher durchs Blech, als Nächt' ich hier gesessen hab'.“ Tatsächlich darf der Wilddieb in der Sage sein Glück als Schütze versuchen. Er hat Erfolg und kann nach einigem Hin und Her „von dannen“ gehen wie man es ihm vorher – in der Annahme es werde ein Misserfolg werden – versprochen hatte. Dass der Eschenheimer Turm zeitweise als Gefängnis diente, regte Ludwig Börne in einem Brief zu der spöttischen Bemerkung an: „Nach dem Eschenheimer Turm wässert mir der Mund, ich möchte gar zu gern darin sitzen. Welch ein romantisches Gefängnis!“

In neuerer Zeit machte die Frankfurter Henninger Brauerei den pittoresken Turm, den sie auf ihre Etiketten druckt, in aller Welt bekannt. Bis 1995 befand sich in der Nähe des Eschenheimer Turms im Gebäude eines ehemaligen Volksbildungsheims das nach ihm benannte „Theater am Turm“ (TAT), in dem vor allem moderne, häufig politisch brisante Theaterstücke aufgeführt wurden. 1966 wurde im TAT Peter Handkes „Publikumsbeschimpfung“ uraufgeführt. In den sechziger Jahren war Claus Peymann und in den 70er Jahren Rainer Werner Fassbinder Intendant des Theaters. Fassbinder blieb allerdings nur kurze Zeit. Nach dem Skandal um sein Stück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ verließ er das Theater. 1995 musste das TAT zunächst in das Bockenheimer Depot umziehen, 2004 wurde es endgültig geschlossen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, wehmütig, dass damit eine der „renommiertesten Theaterbühnen im Nachkriegs-Deutschland [...] aus der Kulturlandschaft“ verschwinde.


*****

Textquellen:

BECHSTEIN, Ludwig: Vom Eschenheimer Turm in: Deutsches Sagenbuch, Leipzig, 1853, S.61f.

KRAMER, Waldemar: Frankfur-Lexikon: Sonderausgabe für das Stadtschulamt Frankfurt, Frankfurt/Main, 1960.

KÖSTERING, Bernd; THEE, Ralf: Von Bänken und Banken in Frankfurt am Main- Eine ungewöhnliche Entdeckungstour, Meßkirch: Gmeiner Verlag, 2015.

BÖRNE, Ludwig: Sämtliche Schriften, Band 3, Düsseldorf: Melzer Verlag, 1964.

https://de.wikipedia.org/wiki/Eschenheimer_Turm

https://de.wikipedia.org/wiki/Theater_am_Turm

http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kultur/theater-tod-des-tat-traditionsreiche-frankfurter-buehne-schliesst-endgueltig-1158229.html


Bildquellen:

Vorschaubild: von Carolin Eberhardt, 2021.

Der Eschenheimer Turm um 1778, Urheber: Johann Caspar Zehender via Wikimedia Commons gemeinfrei

Der Eschenheimer Turm von Nordwesten: Urheber: Jürgen Matern via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0


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