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Matt Lamb Kirche Bergern

Klaus von der Weiden, Susanne Wellhöfer

Es klingt fast wie ein Märchen, da kommt ein großer amerikanischer Künstler in ein kleines thüringisches Dorf und gestaltet dort die bisher unbedeutende Dorfkirche mit seinen Werken aus. Und doch ist es so geschehen in Bergern unweit der Kleinstadt Bad Berka. Die kleine Broschüre erzählt von der Kirche, dem Künstler und dem Werk, und wie es zu dieser unglaublichen Begenheit kam.

Der Kuhwald und die Kuhwaldsiedlung

Der Kuhwald und die Kuhwaldsiedlung

Sabine Gruber

In Frankfurt gibt es oft schon jahrhundertelang verschwundene Orte, die heute noch in Namen präsent sind, die darauf Bezug nehmen. Einer dieser Orte ist ein früher auf dem Gelände der heutigen Kuhwaldsiedlung in Bockenheim gelegener kleiner Wald. Der Wald befand sich im Südwesten des alten Ortskerns und bildete in früherer Zeit in dieser Reihenfolge die Grenze der Freien Stadt Frankfurt zu der Grafschaft Bornheimer Berg, zu Hanau und zu Hessen-Kassel, zu denen Bockenheim nacheinander gehörte. Wann genau die letzten Reste des Kuhwaldes verschwanden, ist nicht ganz sicher. Der Militär und Archäologe August von Cohausen (1812-1894) legt nahe, dass der Wald erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts "ausgehauen" wurde und gibt an, selbst noch einen Teil davon gesehen zu haben. Andere Quellen weisen auf eine frühere Rodung hin. Auf Karten aus der Mitte des Jahrhunderts findet sich zumindest noch die Bezeichnung "Kuhwald" und das Areal blieb offenbar auch lange nach seiner Rodung noch eine Freifläche. Bautätigkeiten fanden zunächst nur in Bezug auf Eisenbahnstrecken statt, deren Schienen zunehmend durch das Kuhwald-Gebiet führten. Außerdem wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts Bautätigkeiten zum in der Nähe gelegenen Flughafen am Rebstock in Angriff genommen, und der dort tätige Frankfurter Flugpionier Bruno Poelke (1883-1975) wurde später mit dem Spitznamen „Adler vom Kuhwald“ belegt. Auf alten Postkarten aus dem 19. Jahrhundert kann man noch Abbildungen der großen Kirmes sehen, die einmal im Jahr auf dem Gelände des Kuhwalds stattfand und umfangreiche Aufbauten mit sich brachte und den Gästen zahlreiche Attraktionen anbot.

Der Name des Wäldchens könnte von den Kühen herrühren, die an Pfingsten zum ersten Mal auf die nahegelegene Pfingstweide und zum Pfingstborn getrieben wurden und sich im Schatten des Waldes ausruhten. August von Cohausen berichtet in seinem Werk über die Frankfurter Befestigungsanlagen: „Es stand bei demselben eine Hütte, in der die Kuwedregksfrau hauste und den Schlag öffnete und schloss. […] In jenem Wäldchen ruhte das Vieh zur Mittagszeit und die genannte Frau sammelte den Dünger, der, wie dem dortigen Steeg auch ihr Namen und Erwerb verschaffte." Doch nicht nur Kühe waren hier anzutreffen, sondern das Wäldchen muss überhaupt eine reiche Flora und Fauna gehabt haben. So erwähnt Gabriel Koch in seinem Werk über „Die Schmetterlinge des südwestlichen Deutschlands“ von 1856 ausdrücklich den im Kuhwald anzutreffenden Janthina-Schmetterling, den er nur noch an einem weiteren Frankfurter Ort gesichtet hatte. Ein anderer Name für den Kuhwald war „Bockenheimer Busch“, was vermuten lässt, dass der Wald eher ein dicht bewachsener Naturwald als ein strukturierter Nutzwald war.

Als Wohngebiet erschlossen wurde der Kuhwald erst nach dem Ersten Weltkrieg. Bauherren waren zunächst mehrere Genossenschaften: der Frankfurter Postsiedlungsverein, der Frankfurter Eisenbahnsiedlungsverein und die Gemeinnützige Wohnungsbau Aktiengesellschaft Rhein-Main. Der erste Bauabschnitt der heutigen Kuhwaldsiedlung wurde bis 1922 fertiggestellt. In dieser Zeit dominierten noch eher traditionelle Hausformen mit Satteldächern wie sie bereits vor dem Weltkrieg gebaut worden waren. Der erste Bauabschnitt unterschied sich deshalb stark von den später dort errichteten Häusern. Wichtig war den in der Kuhwaldsiedlung tätigen Architekten, dass den Anwohnern neben ausreichendem Wohnraum auch viel städtisches Grün zur Verfügung stand. Weitere Bauten in der Siedlung entstanden schon kurze Zeit danach in den späteren 20er Jahren im Rahmen des von Ludwig Landmann (1868-1945) und Ernst May (1886-1970) geplanten städtebaulichen Großprojekts "Neues Frankfurt". Sie gehören, verglichen mit Prestigeprojekten wie der Siedlung Römerstadt, zu den weniger bekannten Bauten, die in Frankfurt nach Entwürfen Ernst Mays errichtet wurden. Das neue Wohngebiet war in seiner Anfangszeit noch von der Stadt abgetrennt. Erst nach und nach verschwanden die Freiflächen drum herum und der Stadtteil wuchs mit der Stadt zusammen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden größere Teile der Siedlung zerstört. Bereits 1949 begann der Wiederaufbau der zerstörten Häuser im schlichten Stil der Nachkriegszeit. Jetzt kamen als neue Gebäude auch die katholische Kirche St. Pius (errichtet 1957) und die evangelische Dreifaltigkeitskirche (errichtet 1966) hinzu. Noch heute hat die Kuhwaldsiedlung, die im Jahr 2008 aus 345 Gebäuden bestand, obwohl sie nicht allzu weit von der Frankfurter Innenstadt entfernt ist, einen eher dörflichen Charakter. Einer der prominentesten zeitweisen Bewohner der Siedlung war der Frankfurter Schriftsteller Herbert Heckmann (1930-1999), der zwar im Stadtteil Bornheim geboren wurde, aber seine Kindheit in der Kuhwaldsiedlung verbrachte.


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Textquellen:

Dirk Baldes: Ein humoristischer Melancholiker. Das Werk Herbert Heckmanns. St. Ingbert 2006

Cohausen, August von: Beiträge zur Geschichte der Befestigung Frankfurts im Mittelalter in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Neue Folge. Hrsg. von Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Frankfurt am Main, Bd. 4, Frankfurt a. M., 1869, S. 21-56.

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Frost, Reinhard: Poelke, Bruno. Artikel aus der Frankfurter Biographie (1994/96) in: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von >http://frankfurter-personenlexikon.de/node/775< am 02.05.2021.

Horne,Anton: Geschichte der Stadt Frankfurt am Main in gedrängter Darstellung, 3. Aufl., Frankfurt a. M., 1893.

Koch, Gabriel: Die Schmetterlinge des südwestlichen Deutschlands, insbesondere der Umgegend von Frankfurt, Nassau und der hessischen Staaten, nebst Angabe der Fundorte und Flugplätze etc. etc. Zum Gebrauch für Sammler bei Excursionen, Cassel, 1856.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Kuhwaldsiedlung< abgerufen am 02.05.2021.

>https://www.fr.de/frankfurt/dorf-stadt-11331382.html< abgerufen am 02.05.2021.

>https://www.fr.de/rhein-main/brot-weiter-ferne-11516209.html< abgerufen am 02.05.2021.


Bildquellen:

Vorschaubild: Frankfurt Bockenheim, Kuhwald-Siedlung, evangelische Dreifaltigkeitskirche, 2013, Urheber: 25asd via Wikimedia Commons CC0.

Frankfurt-Bockenheim; Europaviertel; Zeppelinpark, Blick auf Haus Kuhwald, Am Dammgraben, 2013, Urheber: 25asd via Wikimedia Commons CC0.

Kuhwaldsiedlung in Frankfurt-Bockenheim; 1919-1922; Heimstätte; Friedrich-Naumann-Straße, südlicher Abschnitt, 2015, Urheber: Gaki64 via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Pfarrkirche St. Pius Frankfurt-Bockenheim Kuhwaldsiedlung, 2013, Urheber: 25asd via Wikimedia Commons CC0.

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