Dieses kleine Gedicht beschreibt den Berg Altkönig, von welchem sich heute ein imposanter Blick auf die Stadt Frankfurt bietet. In der Personifizierung des Berges wird der Tagesablauf des Altkönigs beschrieben, welcher sich sowohl in der Tagessonne als auch in der Dämmerung in ein beeindruckendes Lichtspiel hüllt. Geschrieben wurde das Stück von Adelheid von Stolterfoth (1800-1875) und erschien unter anderem in Nassau in seinen Sagen, Geschichten und Lieder, Band 1 1845.
Carolin Eberhardt
Altkönig trägt ein grün Gewand,
umhaucht von blauer Luft:
Stolz schaut er in sein weites Land,
gehüllt in Silberduft.
Und morgens, wann die Sonne steigt,
legt er den Purpur an,
Und abends, wann der Tag sich neigt,
hat er ihn ausgethan.
Und wenn er seine Krone nimmt
Von Wetternacht und Gluth,
Dann ist er auf sein Volk ergrimmt,
das rings im Thale ruht.
Doch plötzlich führt der Abendwind
Die Wolkenkrone fort,
spielt um die Stirn ihm leis‘ und lind
und flüstert manches Wort.
Da ruht sein Zorn, da schweigt er mild
Und schaut hinab ins Thal,
Gleich einem ersten Riesenbild,
umglänzt vom Mondenstrahl.
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Textquelle:
Gedicht entnommen aus: Henninger, Alois: Nassau in seinen Sagen, Geschichten und Liedern, Band 1, A.Scholz: Wiesbaden, 1845, S.70.
Bildquelle:
Sonnenuntergang am Altkönig (Taunus), fotografiert vom Erlenbach-Tal aus, 2005, Urheber: MdE via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.