Frankfurt-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Frankfurt-Lese
Unser Leseangebot

Wilfried Bütow
Kennst du Heinrich Heine?

Kunstfertig in vielen Genres, geht Heine souverän mit den Spielarten des Komischen um, erweist sich als ein Meister der Ironie und der Satire und weiß geistreich und witzig zu polemisieren.
Doch hatte er nicht nur Freunde. Erfahre mehr vom aufreibenden Leben Heines, wie er aus Deutschland fliehen musste, in Paris die Revolution von 1830 erlebte und den großen Goethe zu piesacken versuchte.


Die Familie Passavant

Die Familie Passavant

Sabine Gruber

Am 11. Mai 1667 heiratete der Kaufmann Rudolf Emanuel Passavant seine Verlobte Jeanne de Bassompierre. Beide gehörten der reformierten Gemeinde an, weshalb das Fest der reformierten Tradition entsprechend wohl eher schlicht, ohne auffälligen äußerlichen Prunk, gewesen sein wird. Rudolf Emanuel Passavants Großvater Nicolas de Passavant war 1559 in Luxeuil im Burgund geboren worden und schon als Jugendlicher von seinem Vater ins Elsass geschickt worden, um dort die deutsche Sprache zu lernen. 1591 heiratete Nicolas de Passavant Nicole de Marteleur und verließ drei Jahre später auf der Flucht vor den Hugenottenkriegen gemeinsam mit seinem kleinen Sohn Claudius und seiner Frau seine Heimat in Richtung Basel, obwohl er damals noch nicht der reformierten Kirche angehörte. Gemeinsam mit seiner Frau trat er jedoch in Basel bald zur reformierten Gemeinde über.

Nicolas' de Passavants Enkel Rudolf Emanuel wurde 1641 in Straßburg geboren und kam 1666 ins Rhein-Main-Gebiet. Er gründete in Hanau einen Großhandel für englische Waren und zog 1682 nach Frankfurt weiter (nach anderen Überlieferungen war er zuvor schon in Frankfurt gewesen) vermutlich weil er sich von der Weltoffenheit der Handelsstadt angezogen fühlte und die geschäftlichen Chancen nutzen wollte, die sich ihm dort boten. Seine Ehe mit Jeanne de Bassompierre war keine der damals üblichen Konvenienzehen, sondern eine Liebesehe, die er wohl gegen die ursprünglichen Wünsche seiner Eltern durchsetzte. Eduard Heyden zitiert in seiner „Gallerie berühmter und merkwürdiger Frankfurter“ jedenfalls einen langen Liebesbrief Passavants an seine Braut, in der er Schwierigkeiten in Bezug auf die Eheschließung ansprach und die Hoffnung ausdrückte, daß „uns der Allerhöchste und große Gott die Gnade gönnen und verleihen wird, daß wir beide durch Willkür der geliebten Eltern und Freunde zusammen die Zeit unsers Lebens in Liebe und Freundlichkeit enden und zubringen möchten.“

Ob das Hochzeitspaar aus angesehenen Familien 1667 ahnte, dass es selbst die ältere Linie einer Familie begründete, deren Angehörige in Frankfurt nicht nur als Kaufleute reüssieren, sondern sich auch als Künstler, Gelehrte und engagierte Bürger einen Namen machen würden? Auf jeden Fall sorgten sie dafür, dass ihre drei Kinder Anna Maria (1669-1697), Johannes (1671-1692) und Rudolf (1673-1752) eine gute Erziehung erhielten und sich auch in finanzieller Hinsicht nicht um ihre Zukunft sorgen mussten. Der Liebesehe, die die ältere Linie der Frankfurter Familie Passavant begründete, war keine lange Dauer beschieden. Jeanne de Bassompierre starb bereits vor dem Umzug nach Frankfurt im Jahr 1678 mit erst 29 Jahren. Im folgenden Jahr heiratete Rudolf Emanuel Passavant in zweiter Ehe Agatha Schombardt (1651-1706) und bekam mit ihr fünf weitere Kinder, Susanna (1681-1760), Johanna (1683-1730), Jacob (1684-1773), Walperta (1685-1718) und Susanna Katherina (1688-1707). Nach dem Tod Agatha Schombardts heiratete Rudolf Emanuel Passavant ein drittes Mal, bekam mit seiner Ehefrau Anna Margaretha Jordis (geb. 1656) jedoch keine Kinder mehr. 1718 starb Rudolf Emanuel Passavant und wurde auf dem damaligen Frankfurter Stadtfriedhof, dem Petrikirchhof, begraben.

Rudolf Emanuels Söhne und Töchter, Enkel und Enkelinnen, Urenkel und Urenkelinnen sowie zahlreiche spätere Nachkommen machten in Frankfurt zum Teil beträchtliche Karrieren und heirateten in die Frankfurter und auswärtige höhere Gesellschaft ein. Einige Nachkommen verschlug es sogar nach Amerika. Erwähnenswert sind vor allem die drei Cousins Johann Karl Passavant (1790-1857), Philipp Jakob Passavant (1782-1856) und Johann David Passavant (1787-1861), die alle aus der jüngeren Frankfurter Linie stammten und Ururenkel Rudolf Emanuel Passavants waren.

Johann Karl Passavant (1790-1857) studierte in Heidelberg und Tübingen Medizin und arbeitete im Anschluss in Wien als Arzt, kehrte aber 1816 in seine Heimatstadt Frankfurt zurück. Nach einem weiteren Intermezzo in Wien war er maßgeblich an der Neugründung des physikalischen Vereins beteiligt und übernahm dessen Vorsitz. Sein größtes Interesse neben der Medizin galt der Theologie, und er hatte als junger Mann zeitweise erwogen, Geistlicher zu werden. Er betätigte sich als religiöser Schriftsteller und war dabei besonders an der Ökumene interessiert. Anlässlich einer Audienz bei Papst Pius VII. sprach er diesen auf seinen Wunsch an, dass Protestanten und Katholiken sich wieder in einer Kirche vereinigen sollten. Sein Cousin Philipp Jakob Passavant (1782-1856) engagierte sich neben seinem Beruf als Kaufmann – er war gemeinsam mit seinem Bruder Samuel (1787-1855) Begründer der bedeutenden Seidenhandlung Gebrüder Passavant – ebenfalls für die Frankfurter Gesellschaft, wurde Mitbegründer der dortigen Museumsgesellschaft und war von 1826 bis 1845 Mitglied der Frankfurter ständigen Bürgerrepräsentation.

Johann David Passavant (1787-1861) schließlich begann zwar 1803 eine Kaufmannslehre, studierte aber auch Malerei und ging zunächst 1809 zu Studien nach Paris und 1813 nach Rom, wo er sich den Nazarenern anschloss. Auch in seiner Heimatstadt Frankfurt war er als Maler tätig. Unter anderem stammte das Bild Kaiser Heinrichs II. im Kaisersaal des Römers von ihm. Als Publizist propagierte Passavant die große Bedeutung Giotto di Bondones für die europäische Malerei. Seit 1840 war er Inspektor des Städelschen Kunstinstituts. das er durch kluge Ankäufe als Museum ausbaute.

Auch zahlreiche weitere Nachkommen der Familie Passavant, die an begabten Mitgliedern der Frankfurter Familie Brentano kaum nachstand, könnten noch erwähnt werden.

Adressen

Peterskirchhof

Bleichstraße 33

60313 Frankfurt am Main

an der Westwand: Grabmal Rudolf Emanuel Passavants


Frankfurter Hauptfriedhof

Eckenheimer Landstraße 194

60320 Frankfurt am Main

Gräber Johann David Passavants (Gewann F 589) und Johann Karl Passavants (Gewann A an der Mauer 83)


*****

Textquellen

Frankfurt-Lexikon. Mit einem Stadtplan, Kramer, Waldemar (Hrsg.); Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Cornill,Adolph: Johann David Passavant: Ein Lebensbild. Frankfurt a. M., 1864.

Heyden, Eduard: Gallerie berühmter und merkwürdiger Frankfurter: Eine biographische Sammlung, Frankfurt a. M., 1861.

Koch, Fritz: Passavant, Kaufmannsfamilie (von). In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von > http://frankfurter-personenlexikon.de/node/725 < am 03.06.2020.

Koch, Fritz: Passavant, Rudolf Emmanuel. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe) abgerufen von > http://frankfurter-personenlexikon.de/node/732 < am 03.6.2020.

Mai, Ekkehard: Passavant, Johann David. In: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 89-91 [Online-Version]; URL: >https://www.deutsche-biographie.de/pnd119202662.html#ndbcontent< abgerufen am 03.06.2020.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Passavant < abgerufen am 03.06.2020.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Emanuel_Passavant < abgerufen am 03.06.2020.


Bildquellen:

Vorschaubild: Stammwappen derer Passavant, 1897, Urheber: Adolf Matthias Hildebrandt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Frankfurt am Main Rudolf-Emanuel-Passavant-Grabmal, 2009, Urheber: Frank Behnsen via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Das Pfeifergericht
von Sabine Gruber
MEHR
Werbung
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen