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Der Schwindsche Garten

Der Schwindsche Garten

Sabine Gruber

Wer sich eine Zeit lang in Frankfurt aufgehalten hat, erkennt bald, dass die Stadt nicht nur von Bürogebäuden, sondern auch von vielen älteren und neueren Grünanlagen bis hin zum ausgedehnten Frankfurter Stadtwald geprägt ist. Viele der älteren Parks, die sich bis heute erhalten haben, wie zum Beispiel der Grüneburgpark im Westend als größter innerstädtischer Park oder der Brentanopark in Frankfurt-Rödelheim, stammen aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert als reiche Bürger sich englische Parks anlegen ließen. Weniger bekannt und in der Regel heute verschwunden sind die Parkanlagen aus früherer Zeit. Einer dieser heute verschwundenen Parks ist der prächtige Renaissancepark, den der Frankfurter Kaufmann – und in den Jahren 1635 und 1641 ältere Bürgermeister der Stadt – Johannes Schwind (1580-1648) anlegen ließ. Es handelte sich dabei zwar um den berühmtesten unter den Parks des 17. Jahrhunderts in der Handelsstadt, es gab in der damaligen Zeit aber auch noch zahlreiche andere dieser Parks und Ziergärten im Stil der Renaissance. Johannes Schwind wurde in Frankfurt geboren und in Lübeck und Brüssel zum Kaufmann ausgebildet. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts kehrte er wieder in seine Heimat zurück. An seinem neuen Haus an der, im späten 16. oder im frühen 17. Jahrhundert angelegten Neuen Eschenheimer Gasse ließ er den Schwindschen Garten nach seinen Entwürfen von 1628 an anlegen. Das Erscheinungsbild des Parks aus der Vogelperspektive zeigt ein Stich Matthäus Merians des Älteren aus dem Jahr 1641 (Hortus A Magnifico Et Nobil. Viro D(omi)no Iohanne Swindio, 1641).

Durch eine mit Säulen und Büsten geschmückte und von Fenstern durchbrochene Mauer trat man in den vorderen Teil des Parks ein, in dem sich in geometrischen Mustern angeordnete Beete befanden. Hinter zwei Bänken und einem Zaun begann, von einer Herkules- und einer Merkur-Statue bewacht, der mittlere Gartenteil, eine Baumallee. Es folgte ein weiterer Zaun und hinter zwei Obelisken begann der hintere Teil des Gartens, der ähnlich dem vorderen Teil gestaltet war. Dominierend waren die beiden großen Statuen am Eingang des Mittelteils. Weitere kleinere Statuen und ein Brunnen fanden sich an den Längsseiten der Parkanlage. Von den späteren englischen Gärten, die meistens auch deutlich größer waren, unterschied sich der Schwindsche Garten vor allem durch seine geometrischen, rationalen Prinzipien folgende Anlage.

Der Schwindsche Garten war nicht nur aufgrund seiner Anlage, sondern auch aufgrund der dort zu bewundernden, damals außerordentlich raren exotischen Pflanzen berühmt. Sogar eine Ananaspflanze soll es dort gegeben haben. Nach dem Tod Schwinds erbten sein Neffe Eberhard und dessen Nachfahren den Garten, die ihn 1754 verkauften. Über den Park nach Schwinds Tod und die damit verbundenen Erbangelegenheiten berichtet ein Eintrag des Hieronymus Annoni (1697-1770) in sein Reisetagebuch vom 29. Juni 1736: „Freitags, den 29. Juni führte uns Herr Senckenberg in einen mit vielen fremden Pflanzen versehenen Garten, welcher Herr [Konrad Hieronymus (Anm. d. Hrsg.)] Eberhard zugehört, der ein doctor medicinae und zugleich ein Chef von Frankfurt ist. Diesen Garten hatte vor Jahren Herr Schwind angelegt und, weil derselbe keine männlichen Erben hatte, verordnet, daß solcher künftighin als ein Fideikommiss in Eberhardischer Hand sei, diese aber zur Danksagung sich Eberhard, genannt Schwind, nennen und schreiben sollten. Das Rarste, so wir hier gesehen, ist eine Aloe, welche vor etlichen Jahren hier geblüht und der leidischen an Größe ziemlich nahekommt.“ Mit der „leidischen“ Aloe könnte eventuell eine Pflanze aus dem 1594 angelegten botanischen Garten in Leiden in den Niederlanden gemeint sein.

Einziges, noch heute zu bestaunendes Überbleibsel des Schwindschen Gartens ist die Herkulesstatue, die am Eingang zum mittleren Teil des Parks stand. Sie gehört zu einer Reihe von Figuren aus Frankfurter Gärten, die die Mauernischen des 2017 erweiterten Frankfurter Historischen Museums zieren und so die Erinnerung an verschwundene Frankfurter Gärten wachhalten. Der, allerdings beschädigte und seines Kopfes beraubte, aber immer noch imposante Herkules aus dem Schwindschen Garten nimmt dabei eine zentrale Position ein.

 

 

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Textquellen

Dem rechten Glauben auf der Spur. Eine Bildungsreise durch das Elsaß, die Niederlande, Böhmen und Deutschland: Das Reisetagebuch des Hieronymus Annoni von 1736, Hrsg. von Johannes Burkardt, Hildegard Gantner-Schlee und Michael Knierim. Zürich 2006 (daraus das Zitat Hieronymus Annonis).

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer. Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Lauternach, Iris: Commerce and Erudition: Civic Self-Representations Through Botany and Horticulture in Germany, Sixteenth and Eighteenth Centuries. In: Gardens, Knowledge and the Sciences in the Early Modern Period. Hrsg. von Hubertus Fischer, Volker Remmert, Joachim Wolschke-Bulmahn: Basel, 2016, S. 319-341.

Meyer, Petra: Die Gärten und Grünflächen vor 1804 in: Entwicklung der Gärten und Grünflächen in Frankfurt am Main, Historisches Museum Frankfurt am Main, 1988, S. 10-26.

>https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/UZMKFSBTYES54CUGRYU7JB3SYTXAUZDC< abgerufen am 16.05.2022.

>https://nat.museum-digital.de/index.php?t=objekt&oges=207762&cachesLoaded=true< abgerufen am 16.05.2022

>https://www.fnp.de/frankfurt/skulpturen-schmuecken-neubau-neuen-historischen-museums-10464641.html< abgerufen am 16.05.2022.

 

Bildquelle:

Ansicht der Gartenanlage von Swind in Frankfurt am Main, Radierung, 1641, Bildrechte: SLUB / Deutsche Fotothek, gemeinfrei.

 

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