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Frankfurter Kinos

Frankfurter Kinos

Sabine Gruber

Ein Jahrzehnt bevor in Frankfurt am Main das erste Kino eröffnete, war die Stadt bei einer Filmvorführung im rund 150 Kilometer entfernten Stuttgart zu sehen. Während einer Präsentation von Lumières Cinematograph bei der Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe wurde dort der "Einzug Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm II. zur Friedensfeier in Frankfurt am Main" gezeigt – eine aktuelle Aufnahme vom 10. Mai 1896. Bei dieser Friedensfeier handelte es sich um den 25. Gedenktag des Frankfurter Friedens, der den deutsch-französischen Krieg beendete. Während der Feier, deren Ansichten nicht nur filmisch, sondern auch in mehreren Kupferstichen verewigt wurden, wurde auf dem Opernplatz ein Denkmal Kaiser Wilhelms I. enthüllt. Eine erste Filmvorführung in Frankfurt gab es im gleichen Jahr, noch nicht in einem Kino, sondern im Varieté Orpheum an der Konstablerwache. Aufnahmen der Stadt waren bei dieser Vorführung nicht zu sehen, aber das störte sicher niemanden, stand doch wie bei der Stuttgarter Vorführung die Präsentation einer neuen, Aufsehen erregenden Technik im Vordergrund.

Bis zur ersten Eröffnung eines stationären Kinos in Frankfurt sollte es noch einige Jahre dauern. Erst am 3. März 1906 war es so weit: Das von August Haslwanter geführte erste Frankfurter Kino, damals noch "Kinematographen-Theater" genannt, wurde in der Kaiserstraße 60 eröffnet. Im selben Jahr gründete Paul Davidson in der Messestadt eine frühe Kinokette mit dem Namen "Allgemeine Kinematographen-Theater Gesellschaft, Union-Theater für lebende und Tonbilder GmbH", die in der Folge in zahlreichen Städten Kinos errichtete. Noch im selben Jahr richtete die Kinematographen-Theater-Gesellschaft ein erstes "U.T." in Frankfurt am Main ein. Es hatte seinen Sitz in der Großen Gallusstraße 17. Ein Jahr später öffnete ein weiteres "Union-Theater" in der Kaiserstraße 74, unweit des ersten Frankfurter Kinos, seine Pforten. Es war nicht das letzte in dem neuen Frankfurter Stadtteil am 1888 eröffneten Hauptbahnhof. Das Programm der frühen Frankfurter Kinos war vielfältig und reichte von Liebesdramen über erste Nachrichtensendungen bis hin zu Filmen über die Natur und – freilich vom eurozentrischen Blick geprägte – Berichte über ferne Länder.

Kritik an dem neuen, begehrten Medium blieb nicht aus. Vor allem befürchtete man, dass die Jugend durch populäre Darstellungen verdorben und der Hochkultur entfremdet werden könne. So berichtete die Nummer 115 der Zeitschrift "Der Kinematograph" am 10. März 1909 unter der Überschrift "Ist der Kinematograph ein Kunstinstitut?" über eine Verhandlung vor der Frankfurter Strafkammer, in der es um die Frage ging, ob Kinder unter 16 Jahren ohne Begleitung ein Kino betreten durften, obwohl eine Polizeiverordnung Kindern diesen Alters verbot, ohne ihre Eltern, Vormünder oder Lehrer "Schaustellungen beizuwohnen bei denen kein höheres Interesse der Kunst oder der Wissenschaft obwaltet." Angeklagte waren August Haslwanter und seine Schwägerin, weil ein Schutzmann bei der Überprüfung eines von ihnen geführten Kinos dort 28 Kinder im Alter von 5-16 Jahren angetroffen hatte. Tatsächlich war das Kino schon früh nicht nur Unterhaltungsmedium, sondern wurde auch als Bildungsmedium eingesetzt.

Nachdem die Expansion der Frankfurter Kinos während des Ersten Weltkriegs zum Erliegen gekommen war, nahm sie während der Zwanziger Jahre einen neuen Aufschwung. Es wurden immer neue Kinos eröffnet und sie wurden größer. 1920 wurde das "U.T. im Schwan" eröffnet, das über 1.000 Plätze verfügte. 1925 eröffnete im Schumann-Theater das damals größte deutsche Kino mit 2.500 Plätzen. Im gleichen Jahr wurde in Frankfurt der Stummfilm "Die Königin der Altstadt" gedreht, in dem nicht nur die Akteure, sondern auch die Stadt mit ihren pittoresken gotischen Häusern im Fokus stand. Modernste Innenarchitektur zeigte dagegen ein in Frankfurt gedrehter Kurzfilm von 1927, nämlich die heute weltberühmte Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky. Anfang der 30er Jahre setzte sich auch in den Frankfurter Kinos der Tonfilm durch. Wenig später, während der Nazi-Zeit und verstärkt seit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde der Film vor allem als Medium der Propaganda eingesetzt. Die Filmproduktion war zentralisiert worden. Viele jüdische Betreiber von Kinos, Schauspielerinnen und Schauspieler mussten vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten fliehen oder wurden ermordet.

Trotz der starken Kriegszerstörungen eröffneten bereits 1945 wieder die ersten Frankfurter Kinos und 1947/48 wurde die Stadt auch wieder zum Drehort eines Films, als unter anderem dort der Film "I Was A Male War Bride" ("Ich war eine männliche Kriegsbraut") mit Cary Grant und Ann Sheridan in den Hauptrollen gedreht wurde. Während der Zeit des Wirtschaftswunders in den fünfziger Jahren nahm die Zahl neu eröffneter Kinos ähnlich stark zu wie in den zwanziger Jahren, sodass 1958 die stolze Zahl von 82 Kinos zur Verfügung stand. 1960 wurde in Gravenbruch, im Süden Frankfurts, das noch heute bestehende erste deutsche Autokino nach amerikanischem Vorbild eröffnet.

Mit der Verfügbarkeit von Fernsehern für immer mehr Bürgerinnen und Bürger ging die Zahl der Frankfurter Kinos rapide zurück auf nur noch 35 Kinos zu Beginn der 70er Jahre. Dennoch wagte die Stadt ein Experiment als sie 1971 das erste kommunale Kino in Deutschland eröffnete, das seinen Sitz zunächst im (1995 umgezogenen und 2004 geschlossenen) Theater am Turm hatte. Heute ist das Kommunale Kino keine selbstständige Institution mehr und es hat seinen Sitz im DFF – Deutschen Filminstitut & Filmmuseum. Durch die Subventionierung konnte das Kino eine wichtige Rolle bei der Förderung anspruchsvoller Filme spielen. Schon bald folgten andere Städte dem Frankfurter Beispiel. Heute ist die Zahl der Kinos in Frankfurt nur zweistellig. Durch den Trend zu großen Kino-Palästen mit immer mehr Plätzen seit den 90er Jahren hat sich die Anzahl der Plätze jedoch nicht in gleichem Maße reduziert. Das "DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum" erinnert unter anderem auch an die lange und vielfältige Frankfurter Kino- und Filmgeschichte.

Adresse Filmmuseum

DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum

Schaumainkai 41

60596 Frankfurt

www.dff.film

 

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Textquellen

Elsaesser, Thomas: German Cinema's First Decades, Amsterdam, 1996.

Frankfurt-Lexikon: Mit einem Stadtplan herausgegeben von Waldemar Kramer, Sechste, neubearbeitete Ausgabe, Frankfurt a. M., 1973.

Romahn, Ilse: 50 Jahre Kommunales Kino: Filmreihe und Feier am 2. Dezember im DFF abgerufen von >https://www.frankfurt-live.com/50-jahre-kommunales-kino-137330.html<  am 06.03.2023.

Anker "Ist der Kinematopgraph ein Kunstinstitut?" in: Der Kinematograph nebst Beiblatt Aus dem Reiche der Töne, Fachzeitung für Kinematographie, Photographie und Musik-Automaten, No. 115, 10. März 1909.

Sattler, Dorothee A. E.: Hessisches Hauptstaatsarchiv: Liebe und Leidenschaft, Protest und Brandgefahr, Frankfurter Kinogeschichte in zwei Akten abgerufen von >https://landesarchiv.hessen.de/frankfurter-kinogeschichte< am 06.03.2023.

Stillbauer, Thomas: Lebende Photographien abgerufen von >https://www.fr.de/frankfurt/lebende-photographien-11206732.html< am 06.03.2023.

>https://www.erlebnisraum-frankfurt.de/stadtleben/besondere-orte/filmstadt-frankfurt-am-main/< am 06.03.2023.

>https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Kultur-9/Turmpalast-Luxor-und-Co-Damals-als-es-noch-ueber-80-Kinos-in-Frankfurt-gab-23203.html< am 06.03.2023.

>https://www.frankfurt-live.com/50-jahre-kommunales-kino-137330.html< am 06.03.2023.

>https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Kinos< am 06.03.2023.

>https://www.filmportal.de/thema/chronik-des-deutschen-films< am 06.03.2023.

 

Bildquellen:

Vorschaubild: CinematographeProjection, ca. 1897, Urheber: Louis Poyet via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Frankfurt am Main, Kaiserstraße 74, 2013, Urheber: Epizentrum via Wikimedia Commons CC BY 3.0.

Paul Davidson, ca. 1922, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Frankfurt Schumanntheater 1905, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

 

 

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