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Gerhard Klein

Weimar-Skizzen

Gerhard Kleins Skizzen von insgesamt 18 wichtigen Weimarer Sehenswürdigkeiten sind liebvoll gestaltet und werden durch deutsche, englische und französische Kurztexte ergänzt. 

Die Nidda - Frankfurts zweiter Fluss

Die Nidda - Frankfurts zweiter Fluss

Ralph Zade

18,6 Kilometer – immerhin etwa ein Fünftel ihrer Gesamtlänge von 90 Kilometern – legt die Nidda in Frankfurt zurück. Und da sie auf dem Stadtgebiet durchgehend im Frankfurter Grüngürtel verläuft und am Ufer kontinuierlich ein Fuß- und Radweg entlangführt, bietet sich eine Flusswanderung als integraler Bestandteil eines Frankfurt-Aufenthalts für alle an, die sich von der städtischen Seite der dicht bevölkerten Metropole zwischendurch einmal erholen wollen.

Der Name „Nidda“ ist alt. Das ist daraus zu folgern, dass die Römer eine im Bereich des heutigen Frankfurter Stadtteils Heddernheim gelegene Stadt „Nida“ nannten und dabei auf einen schon vorhandenen Siedlungsnamen zurückgriffen. Dieser dürfte somit germanisch-keltischen Ursprungs sein. Eine Stadt Nidda gibt es an der Nidda an anderem Ort seit dem Mittelalter wieder und sie ist wegen ihrer historischen Baudenkmäler einen Besuch wert, sie liegt aber im Wetteraukreis – hier soll von der Nidda in Frankfurt die Rede sein.

Frankfurt erreicht der im Vogelsberg entspringende Fluss im Nordosten, bei Harheim, und legt innerhalb des Stadtgebiets sein letztes Teilstück zurück, bis er an der Wörthspitze bei Höchst in den Main mündet. Schon ziemlich schnell sieht man, vor Harheim in der Zone bei Bad Vilbel, dass die Nidda nicht naturbelassen ist – der Fluss wurde seit den 20er Jahren bis etwa 1960 im Sinne eines effektiven Hochwasserschutzes ausgebaggert, begradigt und ist hier (und anderswo) eher einem Kanal zu vergleichen. 2019 werden nahe Bad Vilbel Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt, um die Nidda wieder näher an ihren Urzustand heranzuführen. Diese sollen im Sommer 2019 abgeschlossen sein. An anderer Stelle, am nicht fern gelegenen Berkersheimer Bogen, setzte man schon in den 90er Jahren Renaturierungsmaßnahmen um, was dazu führte, dass es dort heute wieder Gebiete gibt, die zahlreichen Tierarten Lebensmöglichkeiten bieten, darunter seltenen Vogelarten wie dem Flussregenpfeifer und dem Eisvogel, die man freilich nur selten sieht. Ein Tierarten begünstigendes Überschwemmungsgebiet gibt es zudem am Ende des Flusses, an der Wörthspitze, kurz vor dem Mainzufluss. Dort kann man einheimische, teils seltene Wasservögel, wie Haubentaucher und Reiherenten sehen. Die eingewanderten Nil- und Kanadagänse haben sich mittlerweile über größere Uferstrecken verbreitet und sind auch in den anderen am Ufer liegenden Parks häufig anzutreffen. Das gleiche gilt für die ursprünglich aus Südamerika stammenden Nutrias (Biberratten). Mittel zur Erreichung eines naturnäheren Zustands des gesamten Flusses ist neben dem Aufbrechen der Kanalstruktur insbesondere der Rückbau von Wehren, der es u. a. Fischen ermöglicht, die durch diese abgetrennten Flussabschnitte wieder zu erreichen. Außerdem sollen Altarme des Flusses wieder mit diesem verbunden werden, z. B. bei Bonames.

Neben der Forderung nach Renaturierung stehen Maßnahmen zur Reduzierung der Verunreinigung des Flusses im Zentrum der Aufmerksamkeit von Naturschützern. Dieser Punkt betrifft u. a. die Schädigung der im Fluss lebenden Fische durch ins Wasser gelangte Medikamente. Dem Gewässerschutz widmete sich das vor kurzem abgeschlossene NiddaMan-Projekt, mit dem Ziel, aufgrund von Untersuchungen an der Nidda auch Aufschlüsse für die Verbesserung der Gewässerqualität anderer Flüsse und ein zeitgemäßes Wassermanagement zu gewinnen.

So wichtig dieses Thema auch ist – denjenigen, der am Fluss wandert oder radelt, beeinträchtigt es nicht. Vielmehr dürften die meisten, nicht entsprechend geschulten Besucher die Problematik gar nicht bemerken und sich in erster Linie am Grün am Flusslauf erfreuen, nicht zuletzt in den hier gelegenen Parks. Besonders schön sind u. a. der Brentanopark und der Solmspark in Rödelheim, die zudem historische Reminiszenzen bieten, und die Parkanlage an der Wörthspitze beim Zufluss in den Main auf der Höhe des Bolongaropalastes in Höchst. Die Bezeichnung „Wörth“ kommt von „Werder“, was soviel bedeutet wie Flussinsel. Der Grüngürtel – und damit auch die Niddauferwege als wesentlicher Teil desselben – ist heute eines der wichtigsten Naherholungsgebiete Frankfurts und die Tatsache, dass es ökologische Probleme gibt, bedeutet nicht, dass es nicht auch wertvolle Naturräume gäbe, neben dem bereits genannten Berkersheimer Bogen z. B. das Vogelschutzgehölz Hausener Auwald, in dem teilweise seltene Pflanzenarten wachsen.

Interessant sind an der Nidda auch die zahlreichen Brücken, von denen es am durch Frankfurt verlaufenden Teil etwa 40 gibt. Schon im 14. Jahrhundert existierten deren zwei, eine in Bonames und eine in Rödelheim. Die heutigen Brücken decken ein breites Spektrum des Brückenbaus ab und reichen von Fußgängerbrücken über U- und S-Bahn-Überquerungen und Autobrücken bis hin zu Autobahnbrücken. Manche dieser Verkehrsüberquerungen liegen so tief, dass man als Fußgänger am Uferweg den Kopf einziehen muss, bzw. als Radfahrer absteigen. Besonders interessant ist die Eisenbahnbrücke in Nied, die 1838 erbaut wurde und die zweitälteste noch in Betrieb befindliche Eisenbahnbrücke Deutschlands ist. Eine der neueren Brücken (von 2006) ist die Robert-Gernhardt-Brücke beim Flugplatz Bonames, auf der das Grüngürteltier (eine Kombination aus Wildschwein, Vogel und Lurch) steht, das der zur Neuen Frankfurter Schule zählende Dichter und Karikaturist zum ersten Mal an der Wörthspitze gesehen haben wollte. Das ist nicht das einzige Kunstwerk eines Mitglieds der Neuen Frankfurter Schule am Niddaufer – zuletzt aufgestellt wurde der „Barfüßer“, eine Bronzeskulptur eines Phantasietiers mit zahlreichen Gliedmaßen von Kurt Halbritter in der nach diesem benannten Anlage hinter dem Solmspark in Rödelheim.

Ohne den Main würde Frankfurt ein Teil seines Namens fehlen, aber auch ohne die Nidda ist die Stadt nicht vollständig. Beide Flüsse sind mit Frankfurt untrennbar verbunden.


*****

Textquellen:

Pfuhl, Frank Uwe: Nidda 3.0, Entdeckungsreise von der Quelle bis zur Mündung, Niddatal 2017.

Groß, Hartmut: Unsere Nidda. Aus der Geschichte eines Flusses, Niddatal 2019.

Webseite der Stadt Frankfurt zu den Niddaauen mit Informationen zur Renaturierung: >https://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2834&_ffmpar[_id_inhalt]=32109< abgerufen am 30.04.2019.

Webseite zum Regionalpark Niddaroute (über Frankfurt hinaus): >https://www.regionalpark-rheinmain.de/portfolio-item/regionalpark-niddaroute/< abgerufen am 30.04.2019.

Wissenswertes rund um die Nidda: >https://niddaland.de/wissenswertes-rund-um-die-nidda.html< abgerufen am 30.04.2019.

Webseite des BUND zur Nidda: >https://www.bund-frankfurt.de/themen_und_projekte/natur_und_artenschutz/gewaesserschutz/die_nidda/< abgerufen am 30.04.2019.

Webseite des NiddaMan-Projekts: >http://www.niddaman.de/< abgerufen am 30.04.2019.

Bericht der Frankfurter Neuen Presse zur Renaturierung bei Bad Vilbel: >https://www.fnp.de/lokales/wetteraukreis/vilbel-hessen-nidda-soll-kanal-wieder-einem-fluss-gemacht-werden-baeume-muessen-11810271.html< abgerufen am 30.04.2019.

Interview der Frankfurter Neuen Presse mit Prof. Oehlmann von der Goethe-Universität zur Wasserqualität der Nidda: >https://www.fnp.de/lokales/wetteraukreis/karben-ort82108/hessenkarben-forscherteam-goethe-universitaet-nidda-schlechtem-zustand-11466763.html< abgerufen am 30.04.2019.

Bildquellen:

Vorschaubild: Verlaufskarte der Nidda: Die Nidda und ihr Nebenflüsse und das Wassereinzugsgebiet begrenz durch die Wasserscheiden, 2013, Urheber: Lencer via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Römerstadt Nida-Heddernheim. Römische Mauerreste unklarer Zuordnung (keine Beschilderung) am Nordwestzentrum, 2009, Urheber: Haselburg-müller via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Hausboot auf der Nidda unmittelbar vor der Mündung in den Main, 2012, Urheber: Marion Jerke via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Renaturierter Abschnitt bei Bad Vilbel, 2006, Urheber: MdE via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Nidda bei Berkersheim, 2006, Urheber: MdE via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

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